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Brazil Report


From smm@wcc-coe.org
Date 31 Jul 1996 13:21:00

                       OeKUMENISCHER RAT DER KIRCHEN

         Kommunikationsabteilung - Presse- und
Informationsreferat 

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                           1211 Genf 2, Schweiz

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                         E-Mail:  JWN@WCC-COE.ORG

          PRESSEMITTEILUNG        ZUR VEROeFFENTLICHUNG FREI    

30. JULI 1996 

                       OHNE ERFOLGREICHE BODENREFORM
             KANN DIE GEWALT IN BRASILIEN KAUM BEENDET WERDEN

"Ohne eine Bodenreform geht das Morden in Brasilien weiter."
Diesen Standpunkt vertritt Andr? Jacques nach dem Besuch einer
internationalen Delegation in Brasilien (16.-21. Juli), die vom
Oekumenischen Rat der Kirchen (OeRK) organisiert wurde.

Jacques, Praesident des Internationalen Dienstes fuer
Menschenrechte in Genf, vertrat den OeRK bei diesem
Informationsbesuch, der auf nachdrueckliches Ersuchen
brasilianischer Kirchen und Menschenrechtsgruppen in die Wege
geleitet worden war.

Der Besuch erfolgte genau drei Monate nach dem Masaker in
Eldorado do Caraja (17. April), bei dem die Militaerpolizei
neunzehn landlose Bauern toetete und weitere 50 Personen,
darunter Frauen und Kinder, schwer verletzte.

Das Team besuchte den Ort des Geschehens im Bundestaat Para wie
auch die kleine Siedlung, aus der die Toten und Verwundeten
stammten. Die Besucher brachten den Siedlungsbewohnern gegenueber
ihre Anteilnahme sowie ihr Entsetzen ueber das Geschehen zum
Ausdruck. Darueber hinaus sagten sie die fortgesetzte
Unterstuetzung des OeRK fuer den Prozess der Bodenreform zu.

Jacques erklaerte, die Delegation habe mit Bestuerzung gehoert,
in welcher Weise das Militaer im April gegen die 1500
Demonstranten vorgegangen sei. Sie haetten ferner festgestellt,
dass das Massaker aufgrund seines abstossenden Charakters die
brasilianische Gesellschaft zutiefst erschuettert habe. "Die
Leute hatten dagegen demonstriert, dass ihnen die versprochenen
Eigentumsrechte an dem ungenutzten Grund und Boden, den sie zwei
Jahre zuvor besetzt hatten, vorenthalten wurden. Der Gouverneur
des Bundesstaates hatte 200 schwer bewaffnete Soldaten entsandt,
um gegen eine Gruppe armer Bauern vorzugehen, die ihren Zorn
darueber zum Ausdruck brachten, dass die ihnen gegebenen
Versprechen nicht eingehalten wurden," sagte Jacques.

Er fuegte hinzu, die Mitglieder der Delegation seien davon
ueberzeugt, dass die Beweise gegen die Behauptungen des Militaers
spraechen, die Soldaten haetten in Notwehr geschossen. "Nicht nur
sind viele der Getoeteten aus naechster Naehe erschossen oder mit
Macheten zu Tode geschlagen worden, man hat auch Tote gefunde,
die Einschuesse im Nacken aufwiesen, woraus hervorgeht, dass sie
erschossen wurden, als sie am Boden lagen."

"Der an jenem Tag befehlshabende Offizier war zunaechst unter
Hausarrest gestellt worden, befindet sich inzwischen aber wieder
auf freiem Fuss. Niemand in den Reihen des Militaers ist im
Zusammenhang mit dem Masssaker angeklagt worden. Ueberdies
besteht das Militaer darauf, dass die Angelegenheit von einem
Militaer- und nicht von einem Zivilgericht behandelt wird. Die
Leute glauben aber nicht, dass auf diesem Wege der Gerechtigkeit
genuege getan wird, und wir glauben das auch nicht. Es ist ein
weiteres Beispiel dafuer, dass Verbrechen gegen die Armen in
Brasilien straffrei sind."

Jacques erklaerte, der OeRK werde weiter humanitaere Hilfe fuer
die Landlosen in Brasilien leisten, die in aeusserst armseligen
Verhaeltnissen leben. "Am wichtigsten sind Medikamente,
Nahrungsmittel sowie Bildung und Ausbildung. Ausserdem brauchen
die Leute Geld fuer Rechtshilfe."

Der Rat werde Jacques zufolge ferner die internationale
Oeffentlichkeit auf die Situation in Brasilien aufmerksam machen
und sich fuer eine Bodenreform einsetzen, die der brasilianische
Praesident zu einem seiner Hauptanliegen erklaert hatte. 

"Wenn die Bodenreform ausbleibt, koennte das noch groessere
Gewalt ausloesen. Eine Bodenreform ist die zentrale Vorbedingung
fuer die Errichtung einer Demokratie, die ihren Namen verdient.
Zur Zeit ist es so, dass nicht nur 1% der Bevoelkerung 44% des
Grund und Bodens gehoert, sondern dass ein grosser Teil dieses
Bodens brach liegt. Die Grundbesitzer stemmen sich gegen jeden
Versuch, die Besitzverhaeltnisse zu aendern, und heuern oftmals
Soeldner an, die Bauern, welche sich auf dem brachliegenden Land
niederlassen wollen, einschuechtern, foltern oder ermorden." 

Der OeRK, so Jacques, werde fuer die Bewegung der Landlosen (MST)
den Kontakt zum UN-System herstellen und auf der naechsten
Sitzung der Unterkommission (der Menschenrechtskommission) fuer
die Verhuetung von Diskriminierung und den Schutz von
Minderheiten im August 1996 die Frage der Straffreiheit
ansprechen.

Die Delegation war der Ansicht, dass internationaler Druck auf
Brasilien ausgeuebt werden muesse, um die angekuendigte
Bodenreform in Gang zu bringen und um die Praxis der
Straffreiheit zu beenden. "Straffreiheit kann nur gedeihen, wenn
darueber geschwiegen wird. Deshalb muss der OeRK zusammen mit
anderen darueber informieren, was in Brasilien geschieht. Die
Weltkirche muss alle diejenigen in Brasilien unterstuetzen, die
sich dafuer einsetzen, dass die Wahrheit ans Licht kommt, und die
den Kampf nicht aufgeben wollen.

Andr? Jacques steht fuer Interviews zur Verfuegung.            

Kontaktperson: John Newbury   OeRK-Presse- und
Informationsreferent
 (++41.22) 791.61.52 (Buero)  369.37.26 (privat) 


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