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WCC release on Impunity


From smm@wcc-coe.org
Date 26 Aug 1996 06:17:18

Oekumenischer Rat der Kirchen
Pressemitteilung
Zur Veroeffentlichung frei
dem 26 August, 1996

            "STOPPT STRAFFREIHEIT!" FORDERT OeRK AUF UN-SITZUNG

Straffreiheit - der Tatbestand, wo die Autoren grober und
systematischer Menschenrechtsverletzungen oder Verbrechen gegen
die Menschlichkeit weder angeklagt, noch verurteilt, noch
bestraft werden, sei es aufgrund von Amnestie, eines
Gnadenerlasses oder vorsaetzlicher Unterlassung rechtlicher
Schritte - nimmt immer mehr zu, erklaerte Genevi?ve Jacques von
der Kommission der Kirchen fuer internationale Angelegenheiten
(CCIA) des Oekumenischen Rates der Kirchen. Fuer viele Menschen
in der oekumenischen Bewegung, so Jacques, ist das Engagement
fuer eine Beendigung der Straffreiheit inzwischen fester
Bestandteil ihres Einsatzes zur Verteidigung der Menschenrechte.

In einer muendlichen Intervention am Freitag, dem 23 August 1996
vor der 48. Sitzung der UN-Unterkommission (der
Menschenrechtskommission) fuer die Verhuetung von Diskriminierung
und den Schutz von Minderheiten (Genf, August 1996) erklaerte
Jacques, dass nicht nur Zivil- und Militaerbehoerden, die gegen
buergerliche und politische Rechte verstossen, in den Genuss von
Straffreiheit kaemen, sondern auch Wirtschaftskraefte, "die
allein um unbegrenzter Profite willen" massiv gegen
wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte verstossen. 

"Die Anerkennung und Bekraeftigung der Unteilbarkeit der
Menschenrechte muss sich in der festen Entschlossenheit
niederschlagen,... dass keine gravierende Verletzung dieser
Rechte straffrei bleiben darf," erklaerte Jacques.

Jacques brachte die "ungeteilte Zustimmung" des OeRK zu der
Ansicht des UN-Sonderberichterstatters zum Ausdruck, der betont
hatte, dass die Opfer das Recht auf Wahrheit, Gerechtigkeit und
Wiedergutmachung

haetten. "Menschliche Gemeinschaft," so Jacques, "kann nur auf
wiederhergestellten Beziehungen aufgebaut werden, auf der
Grundlage von Gerechtigkeit und Wahrheit und nicht der
Unwahrheit, auf konstruktivem Erinnern und nicht auf Vergessen,
auf Vergebung seitens der Opfer und auf Reue seitens der
Schuldigen." Als Beleg fuer "die katastrophalen Folgen, die der
Fortbestand einer 'Kultur der Straffreiheit' fuer einzelne und
fuer die Gesellschaft hat," verwies sie auf die Massaker an
landlosen Bauern in Brasilien und an die Rachegefuehle von
Menschen im Gebiet der grossen Seen in Afrika sowie im ehemaligen
Jugoslawien.
Das Engagement des OeRK fuer die Beendigung der Straffreiheit
wurde Mitte Juli mit dem Besuch einer internationalen
oekumenischen Delegation in Para (Brasilien) zum Ausdruck
gebracht, wo die Militaerpolizei im April 1996 landlose Bauern
getoetet und verletzt hatte. Als OeRK-Vertreter hatte der
Praesident des Internationalen Dienstes fuer Menschenrechte
(Genf), Andr? Jacques, an diesem Besuch teilgenommen und
anschliessend berichtet, dass niemand in den Reihen des Militaers
bislang angeklagt worden sei und das Militaer ueberdies darauf
bestehe, die Angelegenheit vor ein Militaer- und nicht vor ein
Zivilgericht zu bringen. "Die Leute glauben aber nicht, dass auf
diesem Wege der Gerechtigkeit genuege getan wird, und wir glauben
das auch nicht," sagte er. "Es ist nur ein weiteres Beispiel
dafuer, dass Verbrechen gegen die Armen in Brasilien straffrei
sind." Andr? Jacques fuegte hinzu: "Straffreiheit kann nur
gedeihen, wenn darueber geschwiegen wird. Deshalb muss der OeRK
zusammen mit anderen darueber informieren."

Unter dem Titel Impunity: An ethical perspective hat der OeRK
soeben einen Sammelband mit sechs Fallstudien aus Lateinamerika
herausgegeben. Die Autoren waren alle zwischen Mitte der 60er und
Ende der 80er Jahre in der Verteidigung der Menschenrechte
engagiert, d.h. zu einer Zeit, als in nicht weniger als 19
lateinamerikanischen Laendern Militaerregierungen oder vom
Militaer kontrollierte Regierungen institutionelle Gewalt
ausuebten. 

In ihrer Schlussbemerkung vor der UN-Unterkommission erklaerte
Genevi?ve Jacques, die Staaten muessten rechtliche Normen
festlegen und durchsetzen, doch duerfe die Bekaempfung der
Straffreiheit nicht auf den Rechtsbereich beschraenkt bleiben.
Insbesondere muessten die Zivilgesellschaft und die Kirchen
"durch Aufklaerung und durch konkretes Zeugnis vor Ort zur
Schaffung einer Kultur der Wahrheit, der Gerechtigkeit und des
Friedens beitragen". Jacques erklaerte ferner, der OeRK werde die
Arbeit der Unterkommission und den Kampf gegen die Straffreiheit
"mit allen ihm zur Verfuegung stehenden Mitteln" unterstuetzen. 

Der vollstaendige Wortlaut der Intervention vor der 48. Sitzung
der UN-Unterkommission fuer die Verhuetung von Diskriminierung
und den Schutz von Minderheiten (Freitag, dem 23 August 1996,
Punkt 10) ist auf Anfrage erhaeltlich.  

                                                                      

Der Oekumenische Rat der Kirchen ist eine Gemeinschaft von
inzwischen 330 Kirchen in ueber 100 Laendern auf allen
Kontinenten und aus praktisch allen christlichen Traditionen. Die
roemisch-katholische Kirche ist keine Mitgliedskirche, arbeitet
aber mit dem OeRK zusammen. Oberstes Leitungsorgan ist die
Vollversammlung, die ungefaehr alle sieben Jahre zusammentritt.
Der OeRK wurde 1948 in Amsterdam (Niederlande) offiziell
gegruendet. An der Spitze der Mitarbeiterschaft steht
Generalsekretaer Konrad Raiser von der Evangelischen Kirche in
Deutschland.

Oekumenischer Rat der Kirchen
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