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Stellungnahme des Vatikans ohne Zeitdruck sorgfaeltig pruefen


From FRANK_IMHOFF.parti@ecunet.org (FRANK IMHOFF)
Date 10 Jul 1998 12:20:59

Erste Reaktionen von evangelischer Seite auf die roemische Antwort zur
Gemeinsamen Erklaerung

Braunschweig/Hannover/Bensheim (Deutschland)/Chicago (USA)/Genf, 9. Juli
1998 (lwi) - Der Praesident des Lutherischen Weltbundes (LWB), Christian
Krause, hat sich nach Bekanntwerden der katholischen Antwort auf die
Gemeinsamen Erklaerung zur Rechtfertigungslehre dafuer ausgesprochen, die
Stellungnahme des Vatikans ohne Zeitdruck sorgfaeltig zu pruefen und mit
dem Votum des LWB-Rates vom 16. Juni zu vergleichen. Erst eine solche
Analyse werde zeigen, ob es sich um einen Rueckschlag fuer die Oekumene
handle, sagte Krause am Freitag, 26. Juni, gegenueber dem Evangelischen
Pressedienst (epd). Es werde sich dann herausstellen, ob eine "Bruecke"
gefunden werde, die die vorgesehene Unterzeichnung ermoegliche.

Als "beschwerlichen Punkt" bezeichnete der Braunschweiger Landesbischof die
Tatsache, dass der Vatikan die Autoritaet des lutherischen Konsenses in
Frage stelle. Auf lutherischer Seite sei die Zustimmung bewusst durch die
Mitgliedskirchen entschieden worden. Rom wisse, dass das Gegenueber kein
zweiter Vatikan sei.

*Leitender Bischof der VELKD, Horst Hirschler, befremdet ueber Votum
des Vatikans

Aehnlich aeusserte sich der Leitende Bischof der Vereinigten
Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD), Horst Hirschler: Es
sei befremdlich, dass in einem offiziellen Text aus Rom das Zustandekommen
von kirchlichen Lehrentscheidungen in der Gemeinschaft der lutherischen
Kirchen problematisiert werde. Die lutherische Seite habe erhebliche
theologische Probleme mit dem Zustandekommen von Lehrentscheidungen in der
roemisch-katholischen Kirche. Wenn man jedoch ernsthaft miteinander reden
wolle, muesse man die jeweiligen Entscheidungswege gegenseitig
respektieren, sonst sei das Gespraech beendet, bevor es begonnen habe.

Ueberrascht aeusserte sich Hirschler zudem darueber, dass der Vatikan in
Punkten, die fuer das lutherische Verstaendnis der Rechtfertigung
fundamental sind, nun ploetzlich hinter die Aussage der Gemeinsamen
Erklaerung, dass die Verurteilungen des Trienter Konzils nicht mehr
treffen, zurueckgeht. "Es ist eine schwerwiegende Aenderung dadurch
eingetreten, dass der Vatikan der Aussage der Gemeinsamen Erklaerung, dass
die Lehrverurteilungen von Trient den lutherischen Gespraechspartner
hinsichtlich der dargelegten Lehre nicht mehr treffen, nicht in allen
Punkten gefolgt ist. Wenn nicht offizielle Interpretationen von
roemisch-katholischer Seite das zurechtruecken, ist das Ziel der
Gemeinsamen Erklaerung noch nicht erreicht. Diese Einschaetzung schmaelert
nicht das Verdienst derer, die auf beiden Seiten den Text der Erklaerung
erarbeitet und sich um seine Rezeption bemueht haben", betonte der
Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Hannovers.

*Leitender ELKA-Bischof H. George Anderson zufrieden ueber Konsens

Positiver aeusserte sich dagegen in einer ersten Stellungnahme der Leitende
Bischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Amerika (ELKA), H. George
Anderson: "Wir schlagen nicht nur ein neues Kapitel in den
lutherisch-roemischen Beziehungen auf, wir schreiben vielmehr ein neues
Buch." Auch die roemisch-katholische Kirche bestaetige, dass es einen
Konsens in Grundwahrheiten der Rechtfertigungslehre gebe, hob Anderson
hervor. Sowohl der LWB-Rat in seiner Beschlussfassung vom 16. Juni als auch
der Vatikan in seiner Antwort vom 25. Juni stimmten darin ueberein, dass
die Arbeit fortgesetzt werde muesse.

*Konfessionskundliches Institut: "Ziel der Gemeinsamen Erklaerung
verfehlt"

Nach Meinung des Konfessionskundlichen Instituts des Evangelischen Bundes
in Bensheim, Deutschland, wirft die roemische Antwort neue Fragen auf. Sie
koenne als klares Ja, aber auch als klares Nein zur Gemeinsamen Erklaerung
(GE) verstanden werden, betont das Institut in einer Pressemitteilung vom
29. Juni. So stelle die roemische Note zwar positiv fest, dass es einen
Konsens in Grundwahrheiten der Rechtfertigungslehre gibt, "der Aufhebung
aller Lehrverurteilungen des 16. Jahrhunderts, die der LWB ausdruecklich
feststellt, vermag Rom nicht pauschal zuzustimmen", moniert das Institut.
In der Frage des "simul iustus et peccator" bleibe das "Anathema" stehen.
"Damit", so Bensheim, "ist ein Ziel der GE verfehlt".

Kritisch wertet das Institut zudem die Tatsache, dass Rom "auf der
untersten denkbaren Ebene geantwortet" habe, "da nicht der Papst oder die
an der Note massgeblich beteiligte Glaubenskongregation, sondern eben 'der
eben fuer den oekumenischen Dialog Verantwortliche', der Praesident des
Einheitsrates, unterzeichnet".

Zurueckzuweisen sei darueber hinaus die Frage nach der "tatsaechlichen
Autoritaet" des lutherischen "synodalen Konsenses, heute, und auch in
Zukunft". Nach Meinung des Konfessionskundlichen Instituts wird durch diese
Frage die positive Stellungnahme des LWB vom 16. Juni "kompromittiert":
"Rom wusste von Beginn des Dialogs an, dass der LWB die
Synodalentscheidungen der einzelnen lutherischen Kirchen buendeln und, wie
geschehen, den 'magnus consensus' feststellen wird. Man muss sich fragen,
warum die roemisch-katholische Kirche bis zum Schluss ein Verfahren
akzeptiert, um es schliesslich zu hinterfragen."

***
Lutherische Welt-Information (lwi)
Deutsche Redakteurin: Karin Achtelstetter
E-mail: ka@lutheranworld.org
http://www.lutheranworld.org/


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