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Gezaehmte Bergfluesse sichern ganzjaehrigen Anbau im Tiefland


From FRANK_IMHOFF.parti@ecunet.org (FRANK IMHOFF)
Date 29 Sep 1998 13:13:41

Aethiopiens
LWB-Weltdienst leistet seit 25 Jahren Hilfe

Genf, 28. September 1998 (lwi) - Vor drei Jahren noch zog Hassan mit seinen
Ziegen und einem Kamel durch die Afar-Halbwueste auf der Suche nach Nahrung
und Trinkwasser. Heute bestellt er als Neubauer wie viele andere Familien
in der gleichen Gegend einen eigenen Gemuese- und Obstgarten. Aus den
Nomaden vom Clan der Issa, einer Untergruppierung der aethiopischen Somali,
sind sesshafte Bauern geworden, die ihre Gaerten mit Wasser bewirtschaften,
das in kilometerlangen Umleitungskanaelen aus den Bergen herangefuehrt
wird.

So wie Hassan in den Huetten von Midigun nordoestlich von Diredaua haben in
den letzten zwoelf Jahren viele tausend nomadisierende Familien der Issa
und Oromo auch in zahlreichen anderen Orten ihre Lebensgewohnheiten
umgestellt. Anfangs waren die duerregeplagten Viehhirten sehr skeptisch,
als sie das erste Mal landwirtschaftliche Bewaesserungsarbeit in der
regenarmen Afar-Tiefebene sahen.

Inzwischen haben sie erkannt, wie ihre Stammesgenossen mit Hilfe dieser
fuer sie bisher fremden Techniken ihre Lebens- und Ernaehrungsgewohnheiten
veraendern und verbessern konnten. Immer mehr Familien wollen ihnen
nacheifern und haben um ein Stueck bewaesserbares Land gebeten.

Diese Veraenderungen wurden moeglich durch ein langfristig angelegtes
Entwicklungsprogramm fuer den Boden- und Gewaesserschutz, das der
Lutherische Weltbund (LWB), Abteilung Weltdienst, seit 1985 in
verschiedenen Regionen Aethiopiens durchfuehrt. Er arbeitet dabei eng mit
der Aethiopischen Evangelischen Kirche Mekane Yesus (AeEKMY) zusammen.

*Seit Maerz 1998 ist LWB-Weltdienst offiziell als NGO registriert

Der LWB unterhaelt in Addis Abeba in einem Einfamilienhaus fuer seine 40
Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen ein eigenes Buero, von dem aus die Planung
und Durchfuehrung der landesweiten Aktivitaeten durch einheimische
Fachkraefte erfolgt. Die Leitung dieses Bueros obliegt dem Finnen Paavo
Faerm. Fuer die Planung und Durchfuehrung der oekologisch wichtigen Boden-
und Gewaesserschutzprojekte und fuer das landwirtschaftliche
Rehabilitationsprogramm ist der aethiopische Technische Direktor Gebreyes
Haile verantwortlich, der auf jahrzehntelange einschlaegige Erfahrung
zurueckblicken kann. Ihm unterstehen ausschliesslich einheimische
Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen. Nach 25 Jahren operationalen Einsatzes in
Aethiopien hat der LWB-Weltdienst schliesslich im Maerz 1998 nach langen
Verhandlungen mit der aethiopischen Regierung seine offizielle
Registrierung als internationale Nichtregierungsor- ganisation erhalten.

Bereits nach der Duerre von 1973 zu Kaiser Haile Selassies Zeiten war der
LWB auf Ersuchen der AeEKMY ins Land gerufen worden, um bei der Bekaempfung
der Hungersnot in der Provinz Wollo mitzuwirken. Eine noch groessere
Herausforderung war die katastrophale Duerre von 1984/85 in Nordaethiopien,
als etwa eine halbe Million Menschen verhungerten.

In einer gemeinsamen Grossaktion verbuendeten sich damals der
LWB-Weltdienst und AeEKMY mit der Aethiopischen Orthodoxen Kirche und der
katholischen Kirche zu einem gemeinsamen Hilfsprogramm.

Durch diese kirchliche Nothilfepartnerschaft, die wegen wiederholter
Duerren und Ernteausfaelle bis in die 90er Jahre aktiv blieb, konnten
zeitweilig bis zu 900.000 hungernde Menschen mit Nahrungsmitteln,
Medikamenten und Saatgut versorgt werden. Ursache fuer die klimatischen
Veraenderungen und Missernten sind die anhaltende Abholzung sowie massive
Bodenerosion in dem gebirgigen Land. Jahr fuer Jahr verliert Aethiopien
durch Erosion ueber eine Milliarde Tonnen Kulturland. Vom Nil nach dem
Sudan und Aegypten fortgeschwemmt, bildet es dort seit Jahrtausenden die
Grundlage fuer die aegyptische Landwirtschaft In den dichtbesiedelten
aethiopischen Bergregionen Tigray und Wollo bleiben heute oft nur noch
nackter Fels und Geroell.

Zwar hatte die sozialistische Regierung unter Mengistu in den 80er Jahren
den Bauernvereinigungen umfangreiche Aufforstungskampagnen zwangsweise
verordnet, doch ohne die Menschen ueber deren Bedeutung aufzuklaeren.
Gleich nach dem Sturz des verhassten Regimes schlugen die Bauern daher die
meisten aufgeforsteten Flaechen nieder und ebneten die Terrassen wieder
ein. Das war ein schmerzlicher Rueckschlag fuer die oekologischen
Bemuehungen.

Um weiteren Bodenverlusten entgegenzuwirken, stellte der LWB-Weltdienst
Aethiopien seit 1985 seine operationalen Aktivitaeten von reiner Nothilfe
auf Massnahmen zur oekologischen Rehabilitation um.

Die Bevoelkerung wurde zur Mitarbeit an umweltbezogenen Programmen
motiviert und sensibilisiert. Zahlreiche Vorhaben wie Terrassierung,
Aufforstung, Wegebau, Flussumleitungen, Kleindaemme, laendliche
Wasserversorgung und landwirtschaftliche Bewaesserung wurden in
verschiedenen Regionen gleichzeitig in Angriff genommen. An jedem der
Projekte, die dazu beitragen, die Zukunft in der Region zu sichern, waren
zeitweise bis zu 3000 Maenner und Frauen fuer mehrere Monate beteiligt.

*Planung fuer die kommenden vier Jahre abgeschlossen

Wie der Technische Direktor Gebreyes Haile stolz betonte, wurden auf diese
Weise in den vergangenen zwoelf Jahren 64 Projekte dieser Art
fertiggestellt. Damit konnten rund 30.000 Hektar fuer die
landwirtschaftliche Bewaesserung durch Kleinbauern gewonnen werden. Das ist
ein Fuenftel des gesamten durch kleinbaeuerliche Arbeit bewaesserten Landes
in Aethiopien - eine eindrucksvolle Leistung. Dennoch darf man nicht
verkennen, dass bisher erst fuenf Prozent des bewaesserbaren Landes
erschlossen worden sind.

Waehrend des laufenden Zweijahresprogramms 1997/98 planen die vier
regionalen LWB-Weltdienst-Koordinierungsbueros in Aethiopien die
Fertigstellung von 19 Projekten. Davon sind 16 Vorhaben mit
Flussumleitungen verbunden. Nur bei drei Projekten in Suedaethiopien wurden
Erddaemme als Regenwasserreservoirs errichtet, da dort wasserfuehrende
Fluesse fehlen.

Laut Gebreyes ist inzwischen auch die Planung fuer die naechsten vier Jahre
abgeschlossen worden. Insgesamt seien 40 Projektstandorte geprueft und mit
der Mekane Yesus-Kirche und den Regionalbehoerden vereinbart worden. Er
hoffe, dass trotz des allgemeinen Rueckgangs der Foerdermittel bei den
Hilfswerken die Finanzierung dieser wichtigen Massnahmen gesichert werden
kann, die von langfristigem nachhaltigen Nutzen fuer Mensch und Natur sind.
Immerhin haben bisher nicht weniger als 25.000 Familien, also etwa 170.000
Personen, durch die Weltdienstprojekte ihre Lebensbedingungen zumindest
etwas verbessern koennen.

Wie mit der aethiopischen Regierung vereinbart, konzentrierte sich das
Wasser- und Bodenschutzprogramm in den ersten zehn Jahren auf Massnahmen
der technischen Infrastruktur. Dazu gehoerten der Bau von Umleitungs- und
Bewaesserungskanaelen, Terrassierung, Aufforstung, Ausbildung in
Bewaesserungstechniken und Wassermanagement sowie Wartung der Anlagen. Als
Starthilfe wurden die Bauern mit Werkzeug und Saatgut ausgestattet. Die
Beratungsarbeit der Bauern wurde dann vom regionalen
Landwirtschaftsministerium fortgefuehrt.

Doch die Beduerfnisse der Landbevoelkerung reichten weiter. So wurden die
Massnahmen der technischen Infrastruktur durch ein
Gemeinwesenentwicklungsprogramm ergaenzt. Damit sollen die bereits
erzielten Ergebnisse zum Wohl der Menschen langfristig gesichert und
maximiert werden.

Die hierfuer benoetigten zusaetzlichen Mittel sowie ein separates Abkommen
mit der aethiopischen Regierung konnten aber erst im vergangenen Jahr
sichergestellt werden. Das Gemeinwesenentwicklungsprogramm wendet sich
besonders an die Frauen in den Doerfern. Es beinhaltet Bereiche wie
Gesundheitserziehung, Hauswirtschaft, verbesserte Lagerhaltung und Hausbau,
Ausbildung in verschiedenen Fertigkeiten und Kleingewerbe als
einkommenschaffende Massnahmen, Vermarktung eigener Erzeugnisse sowie
kleine Spar- und Kreditprogramme fuer Frauen.

*Evaluierung bestaetigt positive Auswirkungen

Eine von internationalen und einheimischen Experten durchgefuehrte
gruendliche Evaluierung der Wasser- und Bodenschutz-Projekte stellte
uebereinstimmend fest, dass die wasserbautechnischen Massnahmen
professionell und fuer eine langfristige Funktionsfaehigkeit ausgefuehrt
worden sind. Besonders positive Auswirkungen auf die Nachhaltigkeit haben
die nach Fertigstellung der Flussumleitungen mit der Bevoelkerung gemeinsam
in Angriff genommenen Nachfolge- und Begleitprogramme.

Dazu gehoeren die Ausbildung der Bauern in der Bewaesserungslandwirtschaft,
die sorgsame Wasserbewirtschaftung durch die herangebildeten doerflichen
Wasserkomitees, die Foerderung des mancherorts noch unbekannten
Gemueseanbaus und die Bereitstellung von Zugochsen, Werkzeug und Saatgut
ueberwiegend auf Kreditbasis. Aber auch die Einfuehrung neuer
landwirtschaftlicher Techniken sowie die Aufzucht und die Pflanzung von
Obst- und Nutzholzbaeumen fuer Windschutz, Aufforstung und Feuerholz sind
langfristig wichtige Nachfolgemassnahmen. Erheblich sind die direkten
Auswirkungen des Programmpakets auf die Menschen der jeweiligen
Einzugsgebiete, als da sind: gesteigertes Haushaltseinkommen durch den
Verkauf von Ueberschussprodukten, mehr Ernaehrungssicherheit, bessere
soziale Dienste und Versorgung mit gutem Trinkwasser sowie
Arbeitserleichterung und Verbesserung des Status der Frau in Familie und
Gemeinde.

Die Evaluierung machte aber auch eine Reihe von Empfehlungen fuer die
weitere Arbeit: mehr Beratungshilfe bei hoeherwertigen Anbaufruechten,
Steigerung der Anbauintensitaet auf drei Ernten pro Jahr, Erweiterung der
bewaesserten Areale, effizientere Wasserbewirtschaftung sowie Foerderung
des Erfahrungsaustauschs zwischen den Bauern.

(Anmerkung der Redaktion: Heinz Berger war in den vergangenen 20 Jahren als
Afrika-Referent in der Evangelischen Zentralstelle fuer Entwicklungshilfe
in Bonn fuer Aethiopien zustaendig. Er hat kuerzlich
LWB-Weltdienstprogramme in Aethiopien besucht. Zu seinem Bericht koennen
auch weitere Fotos angefordert werden.)

***
Lutherische Welt-Information (lwi)
Deutsche Redakteurin: Karin Achtelstetter
E-mail: ka@lutheranworld.org
http://www.lutheranworld.org/


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