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Jubilaeumsjahr setzt der Katharina von Bora ein Denkmal


From FRANK_IMHOFF.parti@ecunet.org (FRANK IMHOFF)
Date 25 Nov 1998 20:09:17

"Der tiefgelehrten Frau Katharin Lutherin, meiner gnaedigen
Hausfrau zu Wittenberg"

Genf, 23. November 1998 (lwi) - Zu ihrem 500. Geburtstag wird Katharina
von Bora, die Frau des Reformators Martin Luther, ausgiebig der
interessierten Oeffentlichkeit vorgestellt: Die eigens eingerichtete
"Arbeitsstelle Katharina-von-Bora-Jubilaeum" an der Evangelischen Akademie
Sachsen-Anhalt hat einen umfangreichen Veranstaltungskalender erstellt.
Vom Vortrag bis zur Briefmarkenausstellung, vom Gottesdienst bis
zumTheater, vom Studientag bis zum Wettbewerb: In Sachsen-Anhalt, aber
auch in Staedten in anderen Teilen Deutschlands, betrachten rund 130
Veranstaltungen das Leben und Wirken der "beruehmtesten Pfarrfrau der
Welt" und werfen auch einen Blick auf die Lage ihrer
Geschlechtsgenossinnen im 16. Jahrhundert.

Den offiziellen Beginn des Katharina-von-Bora-Jubilaeums am
Reformationstag 1998 markierten eine Fachtagung sowie zwei zeitgleiche
Gottesdienste in der Schloss- und der Stadtkirche der Lutherstadt
Wittenberg. Die bisher umfangreichste Ausstellung zur Person der
"Lutherin" wurde von der Stiftung Luthergedenkstaetten in Sachsen-Anhalt
konzipiert. In der Lutherhalle Wittenberg, dem Wohnhaus des Reformators in
dieser Stadt, werden vom 25. Maerz bis zum 14. November 1999 rund 350
Bilder, Schriftstuecke und andere Dokumente, teils Leihgaben aus deutschen
und europaeischen Museen, gezeigt. Der 500. Geburtstag selbst wird mit
einer Tagung, der Eroeffnung einer Wanderausstellung des Frauenreferats
der Kirchenprovinz Sachsen und einem Festakt in Wittenberg gewuerdigt.

So aussergewoehnlich wie der Reformator war auch seine Frau. Am 29. Januar
1499 geboren, wurde sie mit fuenf Jahren von ihrer adeligen, aber armen
Familie dem Kloster Brehna uebergeben. 1515 wurde sie im Kloster Nimbschen
zur Nonne geweiht. Unter dem Einfluss der Reformation floh sie 1523 von
dort mit anderen Nonnen nach Wittenberg, wo sie 1525 Martin Luther
heiratete. Sie gebar sechs Kinder und starb 1552, sechs Jahre nach Martin
Luther, in Torgau.

*Ungewoehnlich einflussreich im Vergleich zu ihren Zeitgenossinnen

Dass ihre biographischen Eckdaten ueberliefert sind, ist schon viel fuer
eine Person, noch dazu fuer eine Frau, aus dem 16. Jahrhundert.
Persoenliche Zeugnisse sind rar, so dass viele Aussagen ueber ihre
Persoenlichkeit der Spekulation und der Interpretation anheimgegeben sind.
Nach dem Lutherjahr 1996 entdeckten die Historiker, dass auch die Frau des
Reformators ein Jubilaeumsjahr wert ist, nicht zuletzt mit der Absicht,
den Tourismus in der "Lutherstadt Wittenberg" zu beleben.

Nur acht Briefe von Katharinas Hand sind ueberliefert. Dass sie bei den
theologischen Diskussionen durchaus Stellung bezog, ist nur indirekt
verbuergt. Fuer eine Frau ihrer Zeit war dies so unschicklich, dass ihre
Beitraege wieder aus den Protokollen getilgt wurden. Dass sie eine fuer
ihre Zeit ueberdurchschnittliche Bedeutung hatte, davon zeugt unter
anderem, dass sie Lukas Cranach malte, wodurch der Nachwelt ihr Aussehen
ueberliefert ist, im Gegensatz zu den Ehefrauen aller anderen
Reformatoren.

Indirekte Hinweise bezeugen, dass sie auch theologischen Einfluss hatte,
was aus Aeusserungen von Zeitgenossen hervorgeht. Dass sie ihrem Mann eine
geliebte und geschaetzte Gefaehrtin und Beraterin wurde, zeigen die
zahlreicher ueberlieferten Briefe aus seiner Hand. In einfallsreicher
Variation adressierte er sie mit "Meiner herzlieben Hausfrau", "Meinem
freundlichen, lieben Herrn Katharina", "der tiefgelehrten Frau Katharin
Lutherin" oder auch "Meiner gnaedigen Jungfer Katharin Lutherin von Bora
und Zuelsdorf zu Wittenberg, mein Liebchen". Die weitere Ausschmueckungen
mit "Doktorin, Predigerin, Brauerin, Saumarkterin, Gaertnerin ... und was
sie mehr sein kann" vermitteln einen Eindruck von den umfangreichen
Taetigkeiten und Faehigkeiten, die der Ehemann an ihr schaetzte. Die
"Hausfrau" Katharina erfuellte zu ihrer Zeit eine Fuelle von
verantwortungsvollen Taetigkeiten, die ihr heute wohl eher die
Berufsbezeichung einer Wirtschaftsleiterin, Gutsmanagerin und Direktorin
eines Studienzentrum eintragen muesste.

In ihrem Haus, der heutigen "Lutherhalle" in Wittenberg, lebten zeitweise
bis zu 30 Studenten und Angestellte. Was ueber ihren Besitz ueberliefert
ist, der Bierbraurecht, die Gueter Wachsdorf, Zuelsdorf und das "schwarzen
Kloster" in Wittenberg einschloss, zeigt, dass die Luthers recht
wohlhabend waren.

***
Lutherische Welt-Information (lwi)
Deutsche Redakteurin: Karin Achtelstetter
E-mail: ka@lutheranworld.org
http://www.lutheranworld.org/


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