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Noko: Menschenrechte sind Kernaufgabe der Kirche


From FRANK_IMHOFF.parti@ecunet.org (FRANK IMHOFF)
Date 08 Dec 1998 16:51:17

Von Gott verliehene Wuerde verpflichtet Christen zur Verteidigung der
Menschenrechte

Genf, 7. Dezember 1998 (lwi) - Die Einhaltung der Menschenrechte ist fuer
die Kirchen ein grundlegender und entscheidender Auftrag, weil sie sich
auf die von Gott verliehene Wuerde jedes Menschen berufen. Dies hat der
Generalsekretaer des Lutherischen Weltbundes (LWB), Ishmael Noko, in einer
Stellungnahme zum 50. Jahrestag der Verabschiedung der Erklaerung der
Menschenrechte hervorgehoben. Die Resolution, die erstmals einen weltweit
anerkannten Katalog von Menschenrechten formulierte, wurde am 10. Dezember
1948 von der Generalversammlung der Vereinten Nationen angenommen. "Die
Menschenrechtsarbeit ist ein Akt der Verantwortung und der Pflicht, der
sich auf die Anerkennung der von Gott verliehenen Wuerde jedes Menschen
und das Beispiel Christi stuetzt", betonte Noko in der Stellungnahme.
Kirchen haben "eine einzigartige Moeglichkeit, die lokalen
Basiserfahrungen in Fuersprache oder andere passende Initiativen auf
nationaler und internationaler Ebene umzusetzen". Nicht nur die
Kirchenleitung, sondern jede Kirchengemeinde muesse ein lokales
Menschenrechtskomitee werden, wenn sie wahrnehme, dass in ihrem
Lebensbereich Menschen leiden, diskriminiert werden, willkuerlich gefangen
sind, Folter erleiden oder ihre Gesundheit gefaehrdet ist. Das Gewicht des
Themenbereiches fuer die Arbeit des LWB zeige sich in der Schaffung eines
eigenen Bueros fuer internationale Angelegenheiten und Menschenrechte
innerhalb des Generalsekretariats.

DOKUMENTATION

Stellungnahme von Ishmael Noko,
Generalsekretaer des Lutherischen Weltbundes,
zum 50. Jahrestag der Allgemeinen Erklaerung der Menschenrechte
am 10. Dezember 1998

Am 10. Dezember dieses Jahres erinnern wir uns an den  50. Jahrestag der
Allgemeinen Erklaerung der Menschenrechte, die durch die Resolution der
Generalversammlung der Vereinten Nationen am 10. Dezember 1948 angenommen
worden war. Dieses Dokument ist die Gruendungsurkunde fuer internationale
Gesetze zu Menschenrechten, und doch ist seine Botschaft und Sprache fuer
alle Menschen verstaendlich und von Bedeutung. Es erklaert, dass "alle
Menschen ... frei und gleich an Wuerde und Rechten geboren" sind, und als
Kirchen erkennen und bekennen wir die grundlegende Wahrheit dieser
Aussage.

Die Erklaerung definiert Menschenrechte in einer breiten und umfassenden
Weise, die wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte einbezieht, zum
Beispiel das Recht auf einen angemessenen Lebensstandard, das Recht auf
Bildung, das Recht, am kulturellen Leben der Gemeinschaft teilzunehmen,
sowie buergerliche und politische Rechte wie das Recht auf Leben, Schutz
vor willkuerlicher Verhaftung und Gefangenschaft sowie die Freiheit der
Meinungsaeusserung. Durch dieses breit angelegte Verstaendnis von
Menschenrechten und Grundfreiheiten errichtet die Menschenrechtserklaerung
einen Rahmen fuer alle Beduerfnisse des ganzen Menschen. Als solche
koennen und sollen die Grundsaetze in der Menschenrechtserklaerung nicht
als politische, sondern vielmehr als ethische und moralische Prinzipien
verstanden werden.

Im Jahr vor der Verabschiedung der Menschenrechtserklaerung rief der
Lutherische Weltbund (LWB) in Lund (Schweden) zur "internationalen
Anerkennung einer Menschenrechtserklaerung und der Vereinbarungen, die zur
Durchsetzung ihres Geistes noetig sind", auf. Ich denke, es ist sehr
wichtig, dass dieser Aufruf einer der ersten Fragen war, die der neu
gegruendete LWB aufwarf. Die Gruender des LWB, ebenso wie viele Kirchen
und kirchliche Organisationen auf der ganzen Welt, erkannten, dass
rechtliche Mittel und Mechanismen benoetigt werden, um die von Gott
verliehene Wuerde jeder einzelnen Person zu schuetzen.

Auf dieser Erkenntnis  gruendete sich ihr Aufruf. Heute hat der Ruf der
Kirchen nach rechtlichen Instrumenten zum Schutz und zur Foerderung der
Menschenrechte und der Grundfreiheiten ein beachtliches Echo gefunden.
Nach der Annahme der Erklaerung der Menschenrechte erhielten die in ihr
vertretenen Prinzipien verbindlichen rechtlichen Charakter in einigen
internationalen Abkommen, einschliesslich des Internationalen Paktes ueber
buergerliche und politische Rechte, des Internationalen Paktes ueber
wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte, des Internationalen
Uebereinkommens zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau,
des Internationalen Uebereinkommens zur Beseitigung jeder Form von
Rassendiskriminierung, des Uebereinkommens ueber die Rechte des Kindes
sowie viele Verfassungen einzelner Staaten.

Natuerlich haben noch immer nicht alle Staaten Abkommen unterzeichnet.
Auch kann von keinem Staat behauptet werden, er habe die Verpflichtungen
unter diesen Konventionen ganz und gar umgesetzt.

Dennoch existiert jetzt ein ausgedehnter und umfassender Grundstock
internationaler Rechtsvereinbarungen, der dazu benutzt werden kann,
Regierungen fuer ihr Handeln zur Verantwortung zu ziehen. Wie es fuer alle
Werkzeuge gilt, muessen auch diese in die Hand genommen und benutzt
werden. Es ist eine Herausforderung fuer die Kirchen, in ihrer
Menschenrechtsarbeit diese Werkzeuge zur Verwirklichung der Menschenrechte
einzusetzen.

Bei seinen Vollversammlungen und den jaehrlichen Ratstagungen hat der LWB
wiederholt ueber das Thema der Menschenrechte gesprochen. Dass es Vorrang
hat, zeigt sich in der Schaffung eines eigenen Bueros fuer internationale
Angelegenheiten und Menschenrechte innerhalb des Generalsekretariats.
Ebenso versteht der LWB alle seine Dienste, gehe es um Friedensfoerderung,
humanitaere Hilfe, Sicherung ausreichender Nahrungsmittelproduktion,
Entwicklung, Bildung und anderes, als Taetigkeiten, die die Menschenwuerde
und -rechte voranbringen sollen.

Das Engagement des LWB ist daran zu erkennen, dass viele Mitgliedskirchen
sich mittlerweise in ihrer jeweiligen Nation und ihrem jeweiligen Kontext
mit Menschenrechtsfragen befassen.

In der Menschenrechtsfragen sind in den Mitgliedskirchen des LWB
verschiedene Ansaetze zu erkennen. Einige haben sich laut gegen
Menschenrechtsverletzungen ausgesprochen. Andere haben sich still um die
Opfer gekuemmert. Zugegeben, manche fanden es schwierig, sich bei ihrer
Arbeit der Frage der Menschenrechte zuzuwenden. Die Menschenrechtsarbeit
ist jedoch ein Akt der Verantwortung und der Pflicht, der sich auf die
Anerkennung der von Gott verliehenen Wuerde jedes Menschen und das
Beispiel Christi stuetzt. Der Geist des Mitfuehlens, in dem das Mitfuehlen
Christi mit der ganzen Menschheit zum Ausdruck kommt, erlaubt es uns
nicht, uns von Leid und Ungerechtigkeit abzuwenden, als ob wir es nicht
saehen. Dies ist jedoch kein Dienst, der nur Kirchenleitungen vorbehalten
ist. Die Kirchen sind herausgefordert, jede Gemeinde als einen Ausschuss
fuer Menschenrechte zu sehen und gegen das Leid und die Ungerechtigkeit
einzutreten, die sie in ihrem lokalen Zusammenhang wahrnehmen. Wo immer
Menschen leiden, gefangen sind, Folter erleiden, ihre Gesundheit
gefaehrdet ist oder diskriminiert werden, leidet auch die Kirche und wird
selbst gefangen, gefoltert, krank gemacht oder diskriminiert. Bei so
grundsaetzlichen und entscheidenden Aufgaben wie die im Zusammenhang mit
den Menschenrechten haben die Kirchen eine einzigartige Moeglichkeit, die
lokalen Basiserfahrungen in Fuersprache oder andere passende Initiativen
auf nationaler und internationaler Ebene umzusetzen.

Waehrend dieses 50. Jahrestages der Allgemeinen Erklaerung der
Menschenrechte geben besonders zwei Ereignisse Hoffnung auf die
Anerkennung von Opfern grober Menschenrechtsverletzungen und auf
Gerechtigkeit fuer sie: Der erfolgreiche Abschluss der internationalen
Konferenz zur Errichtung eines internationalen Gerichtshofes und der
Entscheid des britischen Oberhauses im vergangengen Monat, dass fruehere
Staatsoberhaeupter nicht automatisch Immunitaet gegen die Strafverfolgung
von Menschenrechtsverletzungen geniessen. Es ist angebracht, dass dies
ausgerechnet in diesem Jahr geschehen ist, das das Ende einer
schoepferischen Periode von 50 Jahren, in der Standards gesetzt wurden,
und den Beginn eines Abschnitts markiert, in dem die Betonung auf der
Durch-und Umsetzung liegen muss.

Die Werte, die diese Erklaerung der Menschenrechte enthaelt, sind nicht
nur die Werte des industrialisierten Westens. Sie repraesentieren
Erwartungen und Hoffnungen, die nahezu universal sind. Zusammen ergeben
sie ein vollstaendiges Bild menschlicher Wuerde, die jedem Menschen
innewohnt -eine von Gott verliehene Wuerde. Es ist unser Auftrag als
Kirchen, sie zu schuetzen und zu foerdern.

***
Lutherische Welt-Information (lwi)
Deutsche Redakteurin: Karin Achtelstetter
E-mail: ka@lutheranworld.org
http://www.lutheranworld.org/


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