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Ökumenischer Theologe Cullmann 97jährig gestorben


From "Christian B. Schäffler" <APD_Info_Schweiz@compuserve.com>
Date 18 Jan 1999 12:29:18

Januar 18, 1999
Adventistischer Pressedienst (APD)
Christian B. Schaeffler, Chefredakteur
Fax +41-61-261 61 18
APD@stanet.ch
CH-4003 Basel, Schweiz

Der ökumenische Theologe Oscar Cullmann 97jährig 
gestorben

Basel/Schweiz, (APD)   Am 16. Januar 1999 starb in Chamonix 
(Frankreich) der emeritierte  Neutestamentler und Pionier-
Ökumeniker Oscar Cullmann im 97. Lebensjahr. Der gebürtige 
Strassburger war in den Zwanzigerjahren im Gespräch mit 
römisch-katholischen und orthodoxen Vertretern, lange bevor 
Ökumene offiziell auf den Traktandenlisten von Kirchen und 
Konferenzen erschien. Mit diesen Kontakten führte Cullmann 
die weltweite Aufgeschlossenheit der Universität Basel 
konsequent weiter und machte sie damit zu einem 
einzigartigen ökumenischen Zentrum der Theologie. Oscar 
Cullmann lehrte von 1938 bis 1972 als Professor für Alte 
Kirchengeschichte an der Basler Universität. Zusammen mit 
seiner Schwester Louise leitete er von 1941 an gleichzeitig das 
Basler Studentenheim "Theologisches Alumneum". Von 1948 
bis 1972 war er gleichzeitig Ordinarius für Urchristentum an 
der Protestantischen Fakultät in Paris. 

Zu bedeutenden Treffpunkten wurden auch seine Vorlesungen 
an der Ecole des Hautes-Etudes an der Sorbonne in Paris und 
am Seminar der  Waldenserkirche in  Rom. Am Zweiten 
Vatikanischen Konzil in Rom von 1962 bis 1965 nahm 
Cullmann als aufmerksamer Beobachter teil. Er lehnte immer 
wieder weitere Berufungen ins Ausland ab, um seiner 
Wahlheimat Basel und seiner Universität bis heute treu zu 
bleiben.

Als erster Protestant erhielt er 1993 den vom "Istituto Paolo 
VI." gestifteten Preis  "Premio Internationale Paolo VI.", der 
ihm von Kardinal Martini, Erzbischof von Mailand, überreicht 
wurde.

Zu seinen bekanntesten deutschsprachigen Buch-
Veröffentlichungen zählen: "Katholiken und
Protestanten" und "Heil als Geschichte". Im Buch "Einheit 
durch Vielfalt" legte Cullmann seine auf langjähriger Erfahrung 
und Überlegung beruhende ökumenische Auffassung in einer 
Synthese vor. Sein Konzept sieht die Ökumene als praktische 
Verwirklichung einer "Gemeinschaft autonomer Kirchen" vor 
und lehnt jegliche Fusion oder gar die "Welteinheitskirche" ab.

Sein reichhaltiges wissenschaftliches Schaffen rundete 
Cullmann 1994 durch das Alterswerk "Das Gebet im Neuen 
Testament" ab. Darin erklärt er alle wichtigen Gebetstexte des 
Neuen Testamentes und entwickelt von daher eine 
Gebetslehre, die den Problemen der modernen Gebetskrise zu 
begegnen sucht.

Trotz seiner ökumenischen Aufgeschlossenheit warnte der 
bekannte Basler Theologe aber bereits 1972 in einem Beitrag 
der "Theologischen Literaturzeitung" (Nr. 11/1972) 
eindringlich vor einem "Ökumenismus, der als Ziel die Fusion 
der Kirchen verfolgt." Ein solches Vorhaben würde "nicht nur 
die wahre Einheit im Heiligen Geist zerstören, sondern wird für 
die Christen der verschiedenen Konfessionen sogar zu einer 
Versuchung, die Grundlagen des Glaubens aufzugeben und 
das Prinzip der Einheit ausserhalb dieser zu suchen." Zu den 
Zukunftschancen der ökumenischen Bewegung schrieb Oscar 
Cullmann unmissverständlich: "Nur ein auf der Achtung vor 
der Vielfalt  der Charismen beruhender Ökumenismus kann 
uns in Christus einen, und gleichzeitig führt er die christliche 
Kirche aller Bekenntnisse zu den Quellen des christlichen 
Glaubens zurück."


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