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10. Europaischer Theologenkongress in Wien


From FRANK_IMHOFF.parti@ecunet.org (FRANK IMHOFF)
Date 14 Oct 1999 12:28:44

       zum Thema "Menschenbild und Menschenwurde"
Theologen fordern, bestehende ethische Standards beizubehalten

Genf, 14. Oktober 1999 (lwi) - Unter dem Thema "Menschenbild und
Menschenwurde" stand der 10. Europaische Theologenkongress vom 26. -
30.09.99 in Wien. Rund 300 vorwiegend evangelische Wissenschaftler aus
12 europaischen Staaten sowie aus der weltweiten Okumene diskutierten
das christliche Menschenbild mit Entwurfen anderer
Wissenschaftsbereiche, wie der Medizin, der Biologie, der Philosophie,
den Erziehungswissenschaften und den Rechtswissenschaften. Die
gastgebende Evangelisch-Theologische Fakultat der Universitat Wien
veranstaltete den Kongress gemeinsam mit der Wissenschaftlichen
Gesellschaft fur Theologie.

Angesichts anhaltender weltweiter Verletzungen der Menschenrechte
warnten die Wissenschaftler, bisher geltende ethische Standards
aufzuweichen. Deutlich wurden diese Tendenzen bereits gegenuber
schwerstbehinderten Menschen und dem ungeborenen Leben. Wie der
Evangelische Pressedienst (epd) berichtete, erklarte der Vorsitzende der
Wissenschaftlichen Gesellschaft fur Theologie, Eilert Herms (Tubingen),
dass die Abschwachung zwischen Menschenwurde und wissenschaftlicher
Freiheit immer problematischer werde, wie die Gentechnik belege. Die
Tagungsteilnehmer machten auch auf die zunehmende Gefahrdung der
Menschenwurde durch die neuen, sich explosionsartig entwickelnden
Medizintechniken aufmerksam.

Der Kieler Religionspadagoge Reiner Preul beklagte den immer weiter
zuruckgehenden Einfluss des christlichen Menschenbildes in den
Bildungssystemen, fur ihn seien religionsfreie Schulen steril und
bildungsfeindlich. Preul forderte die Christen auf, sich starker in die
Debatten um Bildungsinhalte und Erziehungsstile einzumischen. Fur mehr
Demokratie im Bildungssystem sprach sich der Erziehungswissenschaftler
Jurgen Oelkers (Bern) aus, gerade Schuler sollten mehr Mitsprache
erhalten.

Nach Ansicht des Heidelberger Dogmatikers Wilfried Harle ist der Begriff
der Menschenwurde ohne einen Bezug auf das christliche Menschenbild, das
den Menschen als Geschopf Gottes versteht, nicht begrundbar. Die
Menschenwurde ist fur Harle weniger aus philosophischen oder
theologischen Lehrsystemen herleitbar, als dass sie sich durch
menschliche Urerfahrungen wie Geburt oder Tod vermittelt. Der Theologe
verwies auch auf die bestehenden Diskussionen, ab welchem Zeitpunkt nach
der Befruchtung von einem Menschen gesprochen werden kann, bzw. bis wann
ein Mensch noch als Mensch anzusehen ist, wenn der sogenannte Hirntod
vorliegt. Harle machte deutlich, dass der Grundsatz von der
Unantastbarkeit der Menschenwurde in den westlichen Kulturen nicht
selbstverstandlich sei.
Der Europaische Theologenkongress wurde vor mehr als 20 Jahren gegrundet
und von der 1973 in Gottingen gegrundeten Wissenschaftlichen
Gesellschaft fur Theologie veranstaltet. Die Gesellschaft versteht sich
als Zusammenschluss aller Hochschullehrer der evangelischen Theologie in
Europa und verfolgt das Ziel, die Theologie in ihren wissenschaftlichen
Disziplinen zu fordern. Der Kongress findet alle drei Jahre statt,
zuletzt in Berlin. Um in der Zeit des *Kalten Krieges" ost- und
westeuropaischen Theologen einen Austausch zu ermoglichen, waren vor
allem Wien und Zurich die neutralen Tagungsorte.

Der Lutherische Weltbund (LWB) ist eine Gemeinschaft lutherischer
Kirchen weltweit. 1947 in Lund (Schweden) gegrundet, zahlt er inzwischen
128 Mitgliedskirchen, denen rund 58 der 61,5 Millionen Lutheraner und
Lutheranerinnen in 70 Landern angehoren. Das LWB-Sekretariat befindet
sich in Genf (Schweiz). Das ermoglicht eine enge Zusammenarbeit mit dem
Okumenischen Rat der Kirchen (ORK) und anderen weltweiten christlichen
Organisationen. Der LWB handelt als Organ seiner Mitgliedskirchen in
Bereichen gemeinsamen Interesses, z. B. okumenische Beziehungen,
Theologie, humanitare Hilfe, Menschenrechte, Kommunikation und
verschiedene Aspekte von Missions- und Entwicklungsarbeit.

Die LUTHERISCHE WELT-INFORMATION wird als Informationsdienst des
Lutherischen Weltbundes (LWB) herausgegeben. Veroffentlichtes Material
gibt, falls dies nicht besonders vermerkt ist, nicht die Haltung oder
Meinung des LWB oder seiner Arbeitseinheiten wieder. Die mit "lwi"
gekennzeichneten Beitrage konnen kostenlos mit Quellenangabe abgedruckt
werden.

***
Lutherische Welt-Information (lwi)
Deutsche Redaktion: Dirk-Michael Groetzsch
E-mail: dmg@lutheranworld.org
http://www.lutheranworld.org/


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