From the Worldwide Faith News archives www.wfn.org


"Gemeinsame Erklärung" kein "Jahrhundertereignis"


From "Christian B. Schäffler" <APD_Info_Schweiz@compuserve.com>
Date 23 Oct 1999 10:22:35

Oktober 22, 1999
Adventistischer Pressedienst (APD)
Christian B. Schäffler, Chefredakteur
Fax +41-61-261 61 18
APD@stanet.ch
http://www.stanet.ch/APD
CH-4003 Basel, Schweiz

Kein "Jahrhundertereignis", aber "erster Schritt"
Unterzeichnung der "Gemeinsamen Erklärung" in Augsburg

Augsburg/Deutschland. (APD)   Mehrtägige Feierlichkeiten begleiten
die Unterzeichnung der "Gemeinsamen Erklärung zur 
Rechtfertigungslehre" durch die römisch-katholische 
Kirche und den Lutherischen Weltbund in Augsburg. Das offizielle 
Festprogramm beginnt am 29. Oktober um 11 Uhr mit einer 
Pressekonferenz im Augustanahaus und zahlreichen 
Veranstaltungen des sogenannten Rahmenprogramms. Am 
Samstag, 30. Oktober, steht für die geladenen Gäste um 10.30 
Uhr ein Festakt im Goldenen Saal des Rathauses auf dem 
Programm, dem im Anschluss an das Mittagessen eine Führung 
durch die geschichtlich und kirchengeschichtlich bedeutsame Stadt 
folgt. Ein spezielles Jugendprogramm ist ebenfalls für Samstag ab 
14.30 Uhr beabsichtigt. Zur Vorbereitung der Unterzeichnung ist 
für 18 Uhr eine ökumenische Vesper in der Basilika St. Ulrich und 
Afra vorgesehen. Den Sonntag bestimmen Gottesdienste in 
verschiedenen Augsburger Kirchen. Die eigentlichen 
Unterzeichnungsfeierlichkeiten beginnen um 9.30 Uhr mit einer 
Statio im Dom, der sich eine Prozession durch die Innenstadt 
anschliesst. Um 10.45 Uhr findet der feierliche Gottesdienst mit 
der Unterzeichnung in der St. Annakirche statt. Das Ereignis wird 
auf eine Grossleinwand ausserhalb der Kirche übertragen. Das 
Programm, der Text der "Gemeinsamen Erklärung zur 
Rechtfertigungslehre" und weitere Dokumente sind auch im 
Internet unter http://www.rechtfertigung.de zu finden.

Während der Lutherische Weltbund von einem "Meilenstein in der 
Geschichte der ökumenischen Bewegung" spricht, warnt das 
Konfessionskundliche Institut des Evangelischen Bundes, 
Bensheim, davor, die "Gemeinsame Erklärung zur 
Rechtfertigungslehre" überzubewerten. Im Blick auf die römisch-
katholische Kirche kritisierte Institutsdirektor Dr. Jörg Haustein die 
Spannung zwischen der positiv zu bewertenden Unterzeichnung 
der Gemeinsamen Erklärung einerseits und dem Inhalt der 
päpstlichen Bulle "Incanationis mysterium, wo der Ablass zum 
zentralen theologischen Thema des "Heiligen Jahres" 2000 
gemacht wird, andererseits: "Dass im Jahr einer Gemeinsamen 
Erklärung zur Rechtfertigungslehre in einem römisch-katholischen 
Dokument Begriffe, wie Verdienst, Erlangen, Erwerben, eine 
Hauptrolle spielen, muss enttäuschen." Haustein betonte, dass die 
Reformation nicht mit einem Dissens in der Rechtfertigungslehre 
begann, sondern mit dem Angriff Luthers auf die Ablasslehre. "Ein 
Gespräch über die Abschaffung des Ablasses", so Haustein, "wäre 
auch heute nicht möglich".

Selbst nach der Unterzeichnung bleiben beide Partner ihrer 
Bekenntnistradition verpflichtet, so das Konfessionskundliche 
Institut. Es gehe nicht um die Preisgabe der Identitäten, sondern 
um Versöhnung der Verschiedenheiten. An die Stelle der 
Verurteilung träten Verständnis und Anerkennung der 
theologischen Anliegen der anderen Seite, auch dort, wo sie in 
Spannung zur eigenen Auffassung stünden. Protestantische 
Kritiker der Gemeinsamen Erklärung räumen zwar ein, dass in ihr 
lutherische Formulierungen aufgenommen wurden, diese aber nur 
katholisch interpretiert und verstanden werden könnten. 
Katholiken befürchten dagegen, dass in der Gemeinsamen 
Erklärung Positionen der eigenen Kirche aufgegeben wurden. 
Haustein ist deshalb im "Materialdienst" des Konfessionskundlichen 
Instituts der Ansicht, dass von einem "ökumenischen 
Jahrhundertereignis" und einem "Durchbruch" nicht gesprochen 
werden könne. Die Wendung "erster Schritt" wäre nach wie vor 
angemessener. Denn wie sollten "Kirchenmänner in Augsburg den 
verblüfften Journalisten zu erklären versuchen, warum zwar ein 
‚ökumenisches Jahrhundertereignis' begangen wird, aber aus 
schwerwiegenden theologischen Gründen natürlich nicht mit einer 
gemeinsamen Abendmahlsfeier"?	


Browse month . . . Browse month (sort by Source) . . . Advanced Search & Browse . . . WFN Home