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ÖRK-Medienbeauftragte: Humanitäre Interventionen


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Date 09 Feb 2000 11:48:16

Ökumenishcer Rat der Kirchen

Pressemitteilung

Zur veröffentlichung frei
9. Februar 2000

ÖRK-Generalsekretär Konrad Raiser fordert "Frühwarnsystem" zur 
rechtzeitigen Erkennung von drohenden massiven Menschenrechtsverletzungen

Gegen eine generelle Legitimation humanitärer Interventionen mit 
militärischen Mitteln hat sich der Generalsekretär des Ökumenischen Rates 
der Kirchen (ÖRK), Konrad Raiser, ausgesprochen. Sie sollten ein 
"Ausnahmefall bleiben, für dessen Legitimierung eindeutige und 
völkerrechtlich verbindliche Regeln und Kriterien festgelegt werden 
müssen", forderte Raiser am Dienstag, 8. Februar, vor Teilnehmern und 
Teilnehmerinnen der 11. Internationalen Konferenz der Chefs der 
Armeeseelsorger, die vom 7. bis 11. Februar in Genf stattfindet.

Vor allem der Konflikt im ehemaligen Jugoslawien sowie die 
NATO-Intervention im Kosovo-Konflikt, aber auch die "selbstkritische 
Analyse der Vereinten Nationen (UN) angesichts der "tragischen Ereignisse 
in Ruanda 1994", hätten die erneute Diskussion über die Zulässigkeit 
humanitärer Interventionen unumgänglich gemacht, so Raiser in seinem Vortrag.

In diesem Zusammenhang kündigte Raiser eine ÖRK-Studie über die ethischen 
Probleme sogenannter humanitärer Intervention an. Die Studie, die in 
Konsultation und Zusammenarbeit mit kirchlichen Hilfswerken, humanitären 
Organisationen und Forschungsinstituten erarbeitet wird, soll dem 
ÖRK-Zentralausschuss bei seiner nächsten Sitzung im Januar 2001 vorgelegt 
werden.
Raiser bedauerte in seinem Vortrag, dass sich "die ethisch-politische 
Diskussion vor allem auf die Frage der Legitimität bewaffneter humanitärer 
Intervention konzentriert": "Das hat zur Folge, dass den anderen Formen der 
Intervention zum Schutz der Menschenrechte unterhalb der Schwelle 
bewaffneten Eingreifens nur ungenügende Aufmerksamkeit gewidmet worden 
ist." Im Interesse der Eingrenzung von Fällen, "wo eine bewaffnete 
Intervention unabweisbar notwendig erscheint", müsste das Instrumentarium 
anderer Möglichkeiten weiterentwickelt und ausgeweitet werden, forderte der 
ÖRK-Generalsekretär.
Als positive und wirksame Beispiele nannte Raiser in diesem Zusammenhang 
die Einsetzung von Sonderberichterstattern für bestimmte Länder und 
Kategorien von Menschenrechtsverletzungen sowie die Entsendung von Wahl- 
und Menschenrechtsbeobachtern. Allerdings müssten diese Massnahmen 
konsequent ausgestaltet und weiterentwickelt werden.

So forderte Raiser im Rahmen der Vereinten Nationen die Schaffung einer 
"ständigen Überwachungsinstanz" und eines "Frühwarnsystems zur 
rechtzeitigen Erkennung von drohenden massiven Menschenrechtsverletzungen". 
Als besonders dringlich bezeichnete der ÖRK-Generalsekretär zudem die 
"Erarbeitung von Massnahmen zum Schutz von Minderheiten und von 
Bevölkerungsgruppen, die als Folge von bewaffneten Konflikten zu 
Flüchtlingen im eigenen Land" geworden sind.
Um diese anderen Möglichkeiten wirksam nutzen und ausbauen zu können, wäre 
freilich ein Umdenken weg von der "vorrangig militärischen Logik der 
Krisenreaktion hin auf genuin humanitäre Massnahmen notwendig". Dies müsste 
begleitet werden von "entschlossenen Schritten, um materielle und 
finanzielle Ressourcen umzulenken von der gegenwärtig betriebenen Bildung 
von militärischen Eingreiftruppen hin auf eine Stärkung der zivilen 
Instrumentarien humanitärer Aktion und des Schutzes der Menschenrechte", so 
Raiser.

Das "eklatante Missverhältnis" zwischen den Aufwendungen für die 
NATO-Intervention im Kosovo-Konflikt und der zögerlichen Bereitstellung der 
notwendigen personellen und finanziellen Mittel zum Aufbau einer neuen 
Ordnung nach Beendigung der Militäraktion zeige allerdings, "dass es 
bislang weder in der Öffentlichkeit noch bei den verantwortlichen 
Regierungen den Willen zu dieser Neuorientierung gibt".
Weitere Informationen erhalten Sie von: Karin Achtelstetter, 
Medienbeauftragte Tel: (++41.22) 791.61.53 Handy: (+41) 79.284.52.12

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Die ökumenische Rat der Kirchen ist eine Gemeinschaft von 337 Kirchen in 
über 100 Ländern auf allen Kontinenten und aus praktisch allen christlichen 
Traditionen. Oberstes Leitungsorgan ist die Vollversammlung, die ungefähr 
alle sieben Jahre zussammentritt. Der ÖRK wurde 1948 in Amsterdam 
(Niederlande) offiziell gegründet. Die römisch-katholische Kirche ist keine 
Mitgliedskirche, arbeitet aber mit dem ÖRK zusammen. An der Spitze der 
Mitarbeiterschaft steht Generalsekretär Konrad Raiser von der Evangelischen 
Kirche in Deutschland.

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