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Kein Handlungsbedarf des Staates gegen "Sekten"


From APD <APD_Info_Schweiz@compuserve.com>
Date 08 Apr 2000 09:31:48

April 8, 2000
Adventistischer Pressedienst (APD)
Christian B. Schaeffler, Chefredakteur
Fax +41-61-261 61 18
APD@stanet.ch
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CH-4003 Basel, Schweiz

Schweizer Freikirchen und Evangelische Allianz: 
Kein Handlungsbedarf des Staates gegen "Sekten"

Zürich/Bern, Schweiz.   Der Bund soll keine eigentliche 
Sektenpolitik betreiben und keine Sekten-
Beratungsstelle schaffen. Nur die Forschung und 
Koordination bezüglich problematischer Gruppierungen 
soll gefördert werden. Es bestehe sonst die Gefahr, 
dass die Religionsfreiheit eingeschränkt würde. Das 
geltende Recht genüge. In einem Brief an den Bundesrat 
nehmen die Schweizerische Evangelische Allianz (SEA) 
und der Verband Evangelischer Freikirchen und Gemeinden 
(VFG) jetzt zum Bericht der Geschäftsprüfungskommission 
(GPK) des Nationalrates "'Sekten' oder vereinnahmende 
Bewegungen in der Schweiz" Stellung.

Die 12 evangelischen Freikirchen und Gemeinschaften und 
die Evangelische Allianz in der Schweiz sind der 
Ansicht, es bestehe auf Seiten des Bundes kein 
Handlungsbedarf gegenüber ‚Sekten' und vereinnahmenden 
Bewegungen. Damit stellen sich die beiden Verbände 
gegen die Empfehlungen der Geschäftsprüfungskommission 
des Nationalrates, der am 1. Juli 1999 einen Bericht 
veröffentlichte. SEA und VFG sollten echte Probleme 
nicht bagatellisieren, wie sie im Brief vom 21. März an 
den Bundesrat schreiben, plädieren aber für einen 
besonnenen und differenzierten Umgang des Bundes und 
seiner Behörden mit den von der GPK beschriebenen 
Phänomenen. Die beiden Organisationen befürchten, dass 
durch die Empfehlungen der GPK das Prinzip der 
Religionsfreiheit verletzt werden könnte. Der Grundsatz 
der Neutralität in weltanschaulichen und Glaubensfragen 
"verbietet dem Staat die Einmischung in 
Glaubensangelegenheiten wie etwa die Bewertung 
theologischer Ansichten oder die Parteinahme für oder 
gegen ein Bekenntnis, eine Kirche oder eine 
Gemeinschaft," heisst es im 10-seitigen Schreiben.

Freikirchen und Allianz ersuchen den Bundesrat zudem, 
auf den Begriff "Sekte" zu verzichten, da dieser 
angesichts seiner landläufigen Bedeutung geeignet sei, 
falsche Signale zu setzen und - wenn auch ungewollt - 
Vorurteile zu stützen. Namentlich wenden sie sich gegen 
das "Sektenthermometer" von Professor Georg Schmid, das 
im Bericht der GPK unkritisch wiedergegeben werde. 
Gemessen an diesen Kriterien würde das frühe 
Christentum und wohl auch die überwiegende Mehrheit 
heutiger grosser Kirchen einen hohen Grad an 
"Versektung" aufweisen. Schon aus rechtlichen Gründen 
dürfe eine solche Einstufung nicht erfolgen.

Die beiden Verbände erachten eine "besondere 
Sektenpolitik" des Bundesrates, wie von der GPK 
gefordert, als problematisch und unnötig. Es sei kein 
Bedürfnis für eine Unterscheidung zwischen "Sekten" und 
anderen Gruppen ausgewiesen. Das geltende Recht reiche 
aus, um möglichen Beeinträchtigungen von Rechten 
Einzelner durch eine (religiöse) Gruppierung wirksam 
entgegen zu treten. Im weiteren lehnen SEA und VFG die 
von der GPK geforderte Informations- und 
Beratungsstelle des Bundes ebenso wie 
Informationskampagnen durch den Bund ab. Grund: Der 
Staat sei nicht in der Lage, "wertfrei" über 
Gruppierungen mit weltanschaulichen Anliegen zu 
informieren. Zudem bestehe die Gefahr, dass die 
Meinungsbildung in der Öffentlichkeit "durch eine 
kleine Anzahl von Personen ohne zureichende Kontrolle 
erheblich beeinflusst" werde, so die Stellungnahme 
wörtlich. Einzig die Empfehlungen 4 und 5 der GPK, 
wonach Forschung und Koordination gefördert werden soll 
und die "Anwendung geltenden Rechts" betont wird, 
werden von Allianz und Freikirchen unterstützt.

Die Schweizerische Evangelische Allianz (SEA) ist eine 
Bewegung von Christinnen und Christen aus reformierten 
Landeskirchen, evangelischen Freikirchen und 
christlichen Organisationen. Sie besteht aus über 90 
lokalen Sektionen mit rund 600 Gemeinden. Kenner 
schätzen die Basis der Evangelischen Allianz auf ca. 
250 000 Personen. Die SEA fördert die Zusammenarbeit 
unter evangelischen Christen und setzt sich für 
christliche Werte in der Gesellschaft ein. Die 1846 in 
London als erste überkirchliche Bewegung gegründete 
Evangelische Allianz ist heute in über 100 Ländern 
tätig.

Dem Verband Evangelischer Freikirchen und Gemeinden in 
der Schweiz (VFG) sind zwölf Denominationen von 
Freikirchen und Gemeinschaften angeschlossen. Zum VFG 
gehören mehr als 100 000 Mitglieder und 
Gottesdienstbesucher. Der VFG versteht sich als dritte 
Kraft zwischen den beiden grossen Landeskirchen und 
vertritt statutengemäss gemeinsame Anliegen der 
Freikirchen gegenüber Behörden und Medien. Der Verband 
wurde 1919 gegründet.

Der Brief an den Bundesrat zur "Sektenpolitik" ist im 
Internet abrufbar unter <www.each.ch>. 


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