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Hat das Papstamt eine ökumenische Zukunft?


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Date 08 Apr 2000 09:33:49

April 8, 2000
Adventistischer Pressedienst (APD)
Christian B. Schaeffler, Chefredakteur
Fax +41-61-261 61 18
APD@stanet.ch
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CH-4003 Basel, Schweiz

Innsbrucker Papstsymposion: Hat das Papstamt eine 
ökumenische Zukunft?

Innsbruck, Österreich.     Dem Papst falle heute 
vielfach die Rolle zu, ein "mahnender Rufer in der 
Wüste" zu sein. Das betonte der Innsbrucker 
Diözesanbischof Alois Kothgasser bei einer 
Podiumsdiskussion an der Theologischen Fakultät der 
Universität Innsbruck im Rahmen eines Symposions über 
die Frage des Papstamtes. "In einer Zeit und Welt, in 
der alles, was machbar ist, auch gemacht wird, braucht 
es den Petrusdienst als Anwalt des Lebens, vor allem 
der Armen, der Würde des Menschen, der Freiheit 
gegenüber globalisierenden Zwängen und des Missbrauchs 
von Wissenschaft und Macht", so Bischof Kothgasser. 
Gerade im Bereich der Wirtschaft und in ethischen 
Fragen scheine der Papst eine der wenigen Instanzen zu 
sein, die nicht nur Gottes Willen zur Sprache bringe, 
sondern "den Menschen vor dem Menschen verteidigt". Das 
Podiumsgespräch fand im  Rahmen der Tagung zum Thema 
"Papstamt - Hoffnung, Chance, Ärgernis"  vom 23./24. 
März in Innsbruck statt. 

In einer Zeit, in der die Vielfalt der Kulturen und 
Völker ein neues Gewicht in Kirche und Menschheit 
bekomme, zähle es zu den bevorzugten Diensten des 
Papstes, "für die Erhaltung, Pflege und Gestaltung der 
Vielfalt in der Kirche und unter den Menschen zu 
sorgen", erklärte Kothgasser. Dazu zähle auch die Sorge 
um die Freiheit der Kirche vom Staat und 
parteiideologischen Vereinnahmungen: "Zur Wahrung der 
Freiheit der Kirche in ihrer Vielfalt bedarf es des 
Petrusdienstes, vor allem dort, wo weltliche Macht die 
Kirche zu umklammern versucht". 

Nach Angaben der Katholischen Nachrichtenagentur 
"Kathpress" bezeichnete Kothgasser in seinem Beitrag 
das Papstamt als "Zeichen und Werkzeug" für die Einheit 
der Kirche, die letztlich in Jesus Christus gründe. 
"Ein so verstandenes Petrusamt bedeutet in der 
Nachfolge Jesu nicht Herrschaft, sondern einen oft sehr 
mühsamen Dienst", so der Innsbrucker Bischof. Der Blick 
auf die biblischen Quellen und die konkreten 
Notsituationen der Menschen könnten die nötigen 
Konturen für eine zeitgemässe Gestaltung dieses 
Dienstes vermitteln, sagte Kothgasser. 

Bei der Podiumsdiskussion zollten auch die Vertreter 
der anderen Kirchen Papst Johannes Paul II. in seiner 
Rolle als "Sprecher" der gesamten Christenheit Respekt 
- bei aller unterschiedlichen Bewertung des Papstamtes. 

Im Hinblick auf die grosse Vergebungsbitte des Papstes 
am 12. März sprach der altkatholische Bischof Bernhard 
Heitz von einer historischen "Wende". Gerne nehme seine 
Kirche - trotz aller bestehenden Ressentiments - die 
Einladung des Papstes zum Dialog an. So stelle sich 
immer mehr die Frage nach strukturellen Sünden der 
Kirche. Auch müsse neu überdacht werden, wann und ob 
die Kirche fehlbar sei oder nur Päpste, Bischöfe, 
Theologen und Gläubige. 

Der altkatholische Bischof verspürt bereits jetzt im 
theologischen Denken und Forschen eine "neue Sicht" der 
kontroversen Dogmen von 1870. Im Hinblick auf die 
Tradition des ersten Jahrtausends sprach sich Heitz für 
einen "historischen Primat im engeren Zusammenwirken 
mit der Kollegialität" aus. Für das neue Jahrtausend 
wünscht sich Bischof Heitz ein ökumenisches Weltkonzil 
"mit Petrus". 

Der evangelisch-lutherische Bischof Herwig Sturm 
bezeichnete die christliche Einheit als einen "grossen 
Wert" einerseits und ein "mühsames Geschäft" 
andererseits. Persönlich habe er den Eindruck, dass in 
der katholischen Kirche "Wälle rund um den Papst" 
aufgestellt würden. Es gebe kein Modell von Kirche, 
welches das Wagnis von Glaube erspart. Den Ausdruck 
"Vorsitz in der Wahrheit und Liebe" für den Dienst des 
Bischofs von Rom findet Sturm schön und anspruchsvoll 
zugleich. Der evangelische Bischof wiederholte den 
Wunsch seiner Kirche - den er auch persönlich teile - 
nach eucharistischer Gastfreundschaft. 

Der methodistische Superintendent Helmut Nausner 
unterstrich, dass aus der Sicht seiner Kirche bezüglich 
des Papstamtes "alle Dinge offen seien". Grundsätzlich 
müsse man die Frage stellen, ob das Papstamt eine 
ökumenische Zukunft hat. Neue Überlegungen wären nur in 
Verbindung mit synodalen Strukturen sinnvoll. 

Keine Bedenken gegen die Errichtung neuer Patriarchate 
in der römisch-katholischen Kirche äusserte der 
griechisch-orthodoxe Theologe Prof. Grigorios 
Larentzakis (Graz). Die Ökumenikerin der Innsbrucker 
Fakultät, Prof. Silvia Hell, würde sich einen 
"ständigen Rat" des Papstes mit Kardinälen und 
Bischöfen aus aller Welt unter Mitwirkung von nicht-
katholischen Kirchenvertretern wünschen. Es dürfe keine 
Aussagen geben, die Menschen verletzten. 

Als Zeitzeuge und persönlicher Freund Johannes Pauls 
II. betonte der frühere polnische Ministerpräsident 
Tadeusz Mazowiecki bei dem Innsbrucker Symposion über 
das Papstamt, erst die Geschichte werde der grossen 
Persönlichkeit des Wojtyla-Papstes gerecht werden 
können. Nicht alle innerkirchlichen Hoffnungen seien 
erfüllt. Zugleich betonte Mazowiecki das aktive 
Friedensengagement des Papstes etwa zur Bewältigung des 
Balkankonfliktes. Mazowiecki enthüllte, dass Johannes 
Paul II. in seinen Anstrengungen tatsächlich bis zum 
Äussersten, gegangen sei. Er habe dies in "vorderster 
Linie" miterlebt und sei nach Österreich gekommen, um 
über die Friedens- und Europaarbeit des Papstes 
"Zeugnis aus erster Hand" abzulegen. 

Grundsätzlich habe im Blick auf Europa der Papst 
politische und moralische Visionen entwickelt, die 
bereits in die Geschichte eingegangen sind. Nach wie 
vor bemühe sich der Papst um stabilen Frieden - nicht 
nur in Europa, sondern auch im Nahen Osten. Der Papst 
sei sich klar darüber, dass es bei den 
Auseinandersetzungen der Gegenwart immer die Gefahr 
gebe, dass Geschichte und Religion zu machtpolitischen 
Zwecken instrumentalisiert werden. 


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