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Papstbesuch in Israel staerkte Christen aller Konfessionen


From FRANK.IMHOFF@ecunet.org
Date 18 Apr 2000 15:39:47

Bischof Younan: Besuch des Papstes symbolisiert Unterstuetzung der
palaestinensischen Kirche

Jerusalem (Israel)/Genf, 18. April 2000 (lwi) -  Das Oberhaupt der
Evangelisch-Lutherischen Kirche in Jordanien (ELKJ), Bischof  Munib A.
Younan, wertete den Besuch Papst Johannes Paul II. in Israel, Jordanien
und den palaestinensischen Gebieten im Maerz diesen Jahres als eine
Staerkung der Christen in Israel und zusaetzlich als "Unterstuetzung der
lokalen palaestinensischen Kirche". Weiterhin rechnet Younan mit einer
Staerkung der Oekumene.

Bischof Younan war am Empfang des Papstes in Bethlehem am 22. Maerz
beteiligt. Gemeinsam mit anderen VertreterInnen  aller christlichen
Gemeinschaften des Heiligen Landes war er auch bei der Abendmahlsfeier
am Manger Square in der Naehe der Geburtsstaette Jesu in Bethlehem
anwesend. Zu diesem Anlass forderte der Papst die Kirche dringend dazu
auf, sich nicht davor zu fuerchten, "ihre christliche Praesenz und ihr
christliches Erbe an der Stelle, wo der Erloeser geboren wurde, zu
erhalten." Der Papst richtete seine Gruesse auch an die muslimische
Gemeinschaft von Bethlehem und betete "um eine neue Aera des Verstehens
und der Zusammenarbeit aller Voelker des Heiligen Landes."

Anlaesslich des oekumenischen Treffens im griechisch orthodoxen
Patriarchat am 25. Maerz, an dem auch Bischof Younan teilnahm, betonte
der Papst in einer Ansprache, dass trotz des aus der Vergangenheit
uebernommenen Misstrauens und der Rivalitaet, die in Jerusalem
vertretenen oekumenischen Fuehrungskraefte, Kirchen und kirchliche
Gemeinschaften die Verpflichtung haben, den Weg der Versoehnung und des
Friedens zu gehen.

Der Papst sprach auch von der oekumenischen Dimension der
Feierlichkeiten des Jubeljahres 2000 der roemisch-katholischen Kirche
und erwaehnte die Oeffnung der Heiligen Pforte in Sankt Paul vor den
Mauern im Januar, bei der viele Kirchen und kirchliche Gemeinschaften,
u.a. der Lutherische Weltbund (LWB), vertreten waren.

Nach seiner Ankunft auf palaestinensischem Gebiet, wo er vom
Vorsitzenden der Palaestinensischen Autonomiebehoerde, Yassir Arafat,
empfangen wurde, betete der Papst Johannes Paul II., dass das
Gottesgeschenk des Friedens "mehr und mehr zu einer Wirklichkeit fuer
alle wird, die in diesem Land leben, das einmalig durch Gottes
Eingreifen gekennzeichnet ist. Niemand kann unbeachtet lassen, wie sehr
das palaestinensische Volk in den letzten Jahrzehnten leiden musste. Die
Welt hat seinen Schmerz, der zu lange gedauert hat, vor Augen,"sagte der
Papst.

Das folgende Interview beruht auf dem Gespraech, das das
Informationsblatt "Gemeindebrief der deutschsprachigen lutherischen
Gemeinde in Jerusalem" mit Bischof Younan gefuehrt hat.

Interview mit Bischof Munib A. Younan

Was denken Sie ueber die Beziehungen der roem.-kath. Kirche zur
lutherischen Kirche hier in Jerusalem?

Bischof Younan: Vielleicht wissen Sie, dass zwischen den beiden Kirchen
ein sehr gutes Klima herrscht. Ein Beispiel ist die arabische
Uebersetzung der Gemeinsamen Erklaerung zur Rechtfertigungslehre von
Bischof Hadat. Die roem.-kath. Kirche uebernahm davon mindestens 350
Exemplare, die wir natuerlich unentgeltlich zur Verfuegung stellten, um
dieses wichtige Dokument und sein Anliegen zu foerdern und unsere
Beziehungen zu vertiefen. Dies zeigt, wie gut unser Verhaeltnis ist, die
Gemeinsame Erklaerung kann hier noch zu weiteren Fortschritten
beitragen.

Ausserdem sprachen Propst Ronecker und ich mit dem Patriarchen Sabach.
Wir baten ihn um Mitwirkung an einer gemeinsamen Feier aus Anlass der
Gemeinsamen Erklaerung. Wir freuten uns darueber, dass Patriarch Sabach
seinen Generalvikar Bischof Bathish auswaehlte, der die Predigt im
oekumenischen Gottesdienst innerhalb der Woche der Einheit hielt. Bei
derselben Gelegenheit sprach er auch ueber Zukunftsperspektiven. Ich
staunte sehr, als er davon sprach, dass es nun keine gegenseitige
Verdammungen mehr gaebe; manche fragten ihn danach, was mit den
Verdammungen in den Zeugnissen der Kirche denn nun geschaehe. Seine
Antwort dazu ist, dass sie als Warnungen zurueckbleiben, falls die
Kirche erneut einen falschen Weg einschlaegt. Dies ist ein frischer
Geist, der uns eine neue Offenheit erlaubt.

Als lutherische Kirche koennen wir viel von der roem.-kath. Kirche
lernen, was sie tun, die Art, wie sie Zeugnis geben in diesem Teil der
Welt. Ebenso erwarte ich, dass sie etwas von uns lernen koennen. Das
Wichtigste jedoch sind unsere guten Beziehungen, besonders hier in
Jerusalem ist es wichtig, dass wir in Liebe miteinander leben und gut
zusammenarbeiten.

Welche Bedeutung hat fuer Sie der Besuch des Papstes in dieser
Situation?

Bischof Younan: Fuer mich bedeutet jede christliche Praesenz in
Jerusalem eine zusaetzliche Unterstuetzung der lokalen
palaestinensischen Kirche. Die Konferenz der orthodoxen Patriarchen
beispielsweise fuehrte dazu, die palaestinensischen Christen wieder
staerker ins Bewusstsein zu rufen. Ebenso ging es beim Besuch des
Katholikos. Nun kommt mit dem Papst ein weiterer grosser Vertreter der
Weltchristenheit.

Als Erstes erwarte ich vom Papstbesuch eine Staerkung der Christen hier
im Land, und zwar nicht nur der roem.-kath. Unser Selbstbewusstsein ist
oft klein angesichts der vielen politischen, sozialen und finanziellen
Probleme. Der Besuch kann uns da aufrichten.

Zweitens hoffe ich, dass der Papst ueber die Bedeutung von Gerechtigkeit
sprechen wird. Wir wissen, dass es keine absolute Gerechtigkeit gibt,
aber der Wille zur Gerechtigkeit muss gestaerkt werden.

Zum Dritten erwarte ich eine Staerkung der christlichen Ansprueche auf
Jerusalem. Die Stadt sollte prinzipiell fuer alle offen sein, nicht nur
fuer Juden und Muslime.

Der Papstbesuch wird viertens eine besondere Bedeutung durch die Treffen
mit dem Oberrabiner und dem Mufti bekommen. Fuer uns wird die Botschaft
dieser Begegnung sein, dass unsere Probleme mit Hilfe eines
konstruktiven Dialoges der christlichen Kirchen mit muslimischen
Gelehrten und verantwortlichen Rabbinern angepackt werden koennen.

Schliesslich erwarte ich eine Staerkung der Oekumene. Wir werden uns
alle im griech.-orth. Patriarchat oder in Notre Dame treffen und dies
wird unsere Beziehungen festigen. Wir machen weniger als zwei Prozent
aus in diesem Land, deshalb kann sich niemand entziehen und etwas
alleine tun. Wir muessen miteinander auskommen, wir muessen als
lutherische, roem.-kath., orthodoxe, orientalische Christen
zusammenleben - sonst gibt es keine Zukunft fuer die palaestinensische
Christenheit.

Als letzten Punkt moechte ich die Staerkung der Beziehungen zwischen der
hiesigen, lokalen Kirche und den auslaendischen Kirchen nennen, die hier
bei uns leben. Ich erwarte einen guten Schritt vorwaerts in der
Koordination der jeweiligen Arbeit hier im Land und bei den Bemuehungen
um ein gutes Zusammenleben der lokalen Gemeinde mit den Christen in
aller Welt.

Haben Sie darueber hinaus noch eine persoenliche Erwartung an diesen
Besuch?

Bischof Younan: Meine Erwartung betrifft vor allem die Freude darueber,
solch eine wichtige Person, ueber die ich viel gelesen habe, persoenlich
zu treffen. Der Papst hat in den letzten Jahren viel getan fuer den
oekumenischen Dialog und viele Anregungen fuer das interreligioese
Gespraech geliefert. In der Geschichte wird diese kraeftige prophetische
Stimme ihren rechtmaessigen Platz finden, wie auch Johannes der XXIII.
mit dem II. Vatikanum. Ich moechte gerne sein prophetisches Wort in
diesem Land hoeren, als eine Staerkung fuer den prophetischen Ruf
unserer lutherischen Kirche.

(Bischof Munib A. Younan, Bischof der Evangelical Lutheran Church of
Jordan)

*       *       *

Der Lutherische Weltbund (LWB) ist eine Gemeinschaft lutherischer
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