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Australischer Kirchenpraesident fordert mehr Mitgefuehl im Umgang


From FRANK.IMHOFF@ecunet.org
Date 12 May 2000 08:23:58

mit Urbevoelkerung
Ureinwohner wollen Olympische Spiele nutzen, auf ihr Schicksal
aufmerksam zu machen

Adelaide (Australien)/Genf 12. Mai 2000 (lwi) - Zu mehr Mitgefuehl in
der gegenwaertigen Diskussion ueber die geltende australische
Strafpraxis und die sogenannte "gestohlene Generation" hat Dr. Lance G.
Steicke, Praesident der Lutherischen Kirche von Australien (LCA),
aufgerufen. Vor dem Hintergrund der sich zunehmend verschlechternden
Beziehungen zwischen der konservativen Koalitionsregierung Australiens
und den Ureinwohnern des Landes erklaerte Steicke Ende April: "Wir
brauchen Mitgefuehl und kein politisches Punktemachen".

In seiner Erklaerung bezog sich Steicke auf einen Bericht der
australischen Regierung zur Politik der Assimilation australischer
Ureinwohner, der an die Oeffentlichkeit gedrungen ist. Seit den 20er
Jahren war es zur Zwangstrennung von Ureinwohner- und Mischlingsfamilien
gekommen. Rund 10% der Kinder von Ureinwohnern waren von ihren Familien
getrennt und von weissen Australiern aufgezogen worden. Bis in die 60er
Jahre wurden diese Zwangstrennungen praktiziert. Der Regierungsbericht
soll angeblich zu der Einschaetzung kommen, dass die Zwangstrennungen
nicht bedeuten, dass die Betroffenen zu einer "gestohlenen Generation"
gehoeren.

Vertreter der australischen Ureinwohner, der am staerksten
benachteiligten ethnischen Gruppe Australiens, haben gegen die Art und
Weise protestiert, wie Behoerden die Ureinwohner-Frage behandeln. Sie
forderten die Regierung auf, sich fuer den Bericht offiziell zu
entschuldigen und die Existenz einer "gestohlenen Generation"
anzuerkennen.

Ministerpraesident John Howard und der fuer Ureinwohner-Fragen
zustaendige Minister John Herron sollen bereits Anfang April ihr
Bedauern ausgesprochen haben, falls der Bericht Anstoss erregt habe.
Beide halten jedoch an dem Bericht fest, der angeblich fuer eine
Untersuchung ueber die Politik der Zwangstrennung frueherer Regierungen
erstellt wurde. Diese Diskussion ueber die "gestohlene Generation" hat
die Spannungen zwischen der konservativen Koalitionsregierung und den
rund 400.000 Ureinwohnern noch verschaerft.

Zu Spannungen hatte bereits die Ablehnung des australischen
Ministerpraesidenten gefuehrt, regionale Gesetze ueber vorgeschriebene
Mindeststrafen aufzuheben. So sind von den im Nordterritorium gesetzlich
vorgeschriebenen Mindesthaftstrafen, die fuer bestimmte Vergehen ohne
Bewaehrung ausgesprochen werden muessen, vor allem Mitglieder der
Urbevoelkerung betroffen. Von Menschenrechtsgruppen wurde diese
Strafgesetzgebung als rassistisch verurteilt. Protestierende Ureinwohner
haben bereits angekuendigt, dass sie die Olympischen Spiele im kommenden
September in Australien und die damit verbundene Medienberichterstattung
nutzen werden, um auf das Schicksal der Ureinwohner aufmerksam zu
machen.

Steicke bedauerte die Politisierung dieser Auseinandersetzung.
"Parteipolitik und politisches Punktemachen kann nur zu noch tieferen
Trennungen fuehren. Wir muessen Mitgefuehl ueben, um naeher
zusammenzukommen." In seiner Erklaerung betonte Steicke: "Ich habe mich
stets fuer die Ureinwohner unserer Kirche und unseres Landes
eingesetzt." So sei die Lutherische Kirche von Australien "seit langem
mit den Ureinwohnern verbunden. Die 10.000 Ureinwohner, die unserer
Kirche angehoeren, sind meine Brueder und Schwestern in Christus. Sie
waren schon oft Opfer von Ungerechtigkeit. Ich bedauere das Unrecht, das
ihnen zugefuegt worden ist, auch von unserer Kirche. Ich fuehle mit
ihnen." Die LCA hat 94.000 Mitglieder und ist eine assoziierte
Mitgliedskirche des Lutherischen Weltbundes (LWB).

Die LCA plane, so Steicke, auf ihrer alle drei Jahre stattfindenden
Kirchenversammlung im Juli 2000 eine besondere Versoehnungsfeier. "Wir
nehmen diesen Ritus ernst. Aber wir wollen, dass es mehr ist als eine
Feier. Wir wollen, dass echtes Bedauern und Mitgefuehl im Mittelpunkt
unserer Beziehungen in der Kirche steht. Unsere den Ureinwohnern
angehoerenden Mitglieder erinnern uns haeufig an das mitfuehlende Herz
Gottes und die Versoehnung, die wir bereits durch Christi Opfer am Kreuz
haben."

Steicke betonte, er sei "kein Politiker" und raeumte ein, wenig
Kenntnisse ueber die politischen Aspekte dieses Konflikts zu haben.
"Doch ich appelliere an politische Fuehrungskraefte, an diese Sache
mitfuehlend heranzugehen, und ich bitte auch die Ureinwohner,
mitfuehlend zu sein zu einer Zeit, da Rache ihr vorherrschendes Gefuehl
sein koennte", so Steicke.

*       *       *

Der Lutherische Weltbund (LWB) ist eine Gemeinschaft lutherischer
Kirchen weltweit. 1947 in Lund (Schweden) gegruendet, zaehlt er
inzwischen 128 Mitgliedskirchen, denen knapp 59,5 der weltweit 63,1
Millionen Lutheraner und Lutheranerinnen in 70 Laendern angehoeren. Das
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anderen weltweiten christlichen Organisationen. Der LWB handelt als
Organ seiner Mitgliedskirchen in Bereichen gemeinsamen Interesses, z. B.
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***
Lutherische Welt-Information (lwi)
Deutsche Redaktion: Dirk-Michael Groetzsch
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