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Kirchen Indiens kritisieren Hardline-Hindugruppierung


From franki@elca.org
Date 28 Nov 2000 10:05:56

       und deren Ruf nach einer "nationalen Kirche"
LWB bestaetigt Autonomie der indischen Kirchen

Nagpur (Indien)/Genf, 28. November 2000 (LWI) - Der Nationale
Kirchenrat von Indien (National Council of Churches in India, NCCI) hat
in einer Erklaerung Anfang Oktober betont, dass die christliche Kirche
auf dem Subkontinent eine "wirklich indische Kirche" sei. Mit dieser
Erklaerung reagierte der Kirchenrat auf den erneuten Aufruf der
wichtigsten Hardline-Hindugruppierung des Landes, alle auslaendischen
Kirchen aus Indien auszuweisen und eine sogenannte "nationale Kirche" zu
gruenden, und wies dieses Vorhaben energisch zurueck.

Als Reaktion auf die Erklaerung des NCCI erklaerte sich der Lutherische
Weltbund (LWB) mit allen indischen Kirchen solidarisch und versicherte,
dass die "indischen Kirchen einheimische Kirchen und Teil der weltweiten
Kirche" seien.

Der Nationale Kirchenrat von Indien, dem 29 Mitgliedskirchen, 11
regionale Christenraete, 14 gesamtindische christliche Organisationen
und Partnerorganisationen mit insgesamt 13 Millionen ChristInnen
angehoeren, kritisierte am 9. Oktober die Forderung der
Hardline-Hindugruppierung Rashtriya Swayamsevak Sangh (RSS), die
ChristInnen des Landes sollten eine indische Kirche bilden und sich vom
Zugriff auslaendischen Einflusses und Diktats befreien.

Als Reaktion auf die Haltung des NCCI zu den Forderungen der
Hindugruppierung RSS, die in enger Verbindung zur herrschenden Bharatiya
Janata Partei (BJP) stehen soll, erklaerte der Generalsekretaer des LWB,
Dr. Ishmael Noko, dass niemand, der ueber die Situation der Kirchen in
Indien informiert sei, ihre Unabhaengigkeit und ihr "Indischsein"
bezweifeln koenne. Er fuegte hinzu, die Vorwuerfe, die Kirchen seien
auslaendisch dominiert, koennten nur politischer Absichten verfolgen. 

"Die meisten Kirchenmitglieder sind Dalits (Unberuehrbare nach dem
indischen Kastensystem Indiens, Anm.d.R.) und Adivasis (Angehoerige der
Urbevoelkerung, Anm.d.R.). Wir fragen uns, worauf sich K.S. Sudarshan
(Leiter der Gruppierung, Anm.d.R.) bezieht, wenn er fordert, 'alle
auslaendischen Kirchen aus Indien auszuweisen'", heisst es in der
NCCI-Erklaerung zu den Bemerkungen Sudarshans im Rahmen der
Feierlichkeiten zum RSS-Jahrestag.

Zu der Forderung der RSS, einheimische (sarkari) Kirchen nach dem
Vorbild des chinesischen Systems zu bilden, stellt der NCCI fest, dass
Indien ein saekularer Staat sei, keine offizielle Religion habe und
seine Kirchen die Faehigkeit und Moeglichkeit haetten, ihre Mittel
selbst zu verwalten. Die Kirchen riefen zur Vorsicht auf, da jede
unangemessene Kontrolle durch die Regierung der Verfassung widerspreche
und die Grundprinzipien der Demokratie und des Saekularismus verletzten.

Weiterhin stellte der NCCI fest, dass die Theologie der Kirche in
Indien ihrem Inhalt nach als einheimisch zu bewerten sei und
untermauerte dies anhand des enormen Beitrags der einheimischen
TheologInnen zur Entstehung einer indischen christlichen Theologie auf
der Basis von Werten des Gespraechs, Dialogs und der Kontakte mit
anderen Religionen.

Der NCCI erwaehnte in seiner Sechspunkterklaerung, die vom
Generalsekretaer des Kirchenrates, Dr. Ipe Joseph, und Pressereferent
Pfr. Chandran Paul Martin unterzeichnet wurde, den Beitrag der indischen
Kirchen zum Aufbau der Nation vor allem durch Dienste, die die
Ueberwindung der Armut und Foerderung der Ausgegrenzten zum Ziel haben.
Der Kirchenrat lud den RSS-Fuehrer ein, gemeinsam mit den Kirchen diese
Probleme aufzugreifen, um so die religioesen Ressourcen fuer das
Wachstum der Nation nutzbar zu machen.

In seinem Schreiben an Dr. Kunchala Rajaratnam, amtierender
Exekutivsekretaer der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche in
Indien (VELKI) - ein Zusammenschluss lutherischer Kirchen in Indien -
rief LWB-Generalsekretaer Noko am 23. Oktober, wie bereits zuvor der
Praesident des NCCI, Erzbischof Vinod Peter, die verschiedenen
Religionen dazu auf, bei Problemen, die die Menschen betreffen,
gemeinsam vorzugehen, anstatt sich gegenseitig zu verteufeln und
auszugrenzen.

Indien hat rund eine Milliarde Einwohner, von denen ca. 80 Prozent dem
Hinduismus, 11 Prozent dem Islam und 2,4 Prozent dem Christentum
angehoeren. Neun lutherische Kirchen in Indien sind Mitgliedskirchen des
LWB. Ihnen gehoeren mehr als 1,6 Millionen Mitglieder an.

*       *       *

Der Lutherische Weltbund (LWB) ist eine Gemeinschaft lutherischer
Kirchen weltweit. 1947 in Lund (Schweden) gegruendet, zaehlt er
inzwischen 131 Mitgliedskirchen, denen knapp 59,5 der weltweit 63,1
Millionen LutheranerInnen in 72 Laendern angehoeren.

Das LWB-Sekretariat befindet sich in Genf (Schweiz). Das ermoeglicht
eine enge Zusammenarbeit mit dem Oekumenischen Rat der Kirchen (OeRK)
und anderen weltweiten christlichen Organisationen. Der LWB handelt als
Organ seiner Mitgliedskirchen in Bereichen gemeinsamen Interesses, z. B.
oekumenische Beziehungen, Theologie, humanitaere Hilfe, Menschenrechte,
Kommunikation und verschiedene Aspekte von Missions- und
Entwicklungsarbeit.

Die LUTHERISCHE WELT-INFORMATION (LWI) wird als Informationsdienst des
Lutherischen Weltbundes (LWB) herausgegeben. Veroeffentlichtes Material
gibt, falls dies nicht besonders vermerkt ist, nicht die Haltung oder
Meinung des LWB oder seiner Arbeitseinheiten wieder. Die mit "LWI"
gekennzeichneten Beitraege koennen kostenlos mit Quellenangabe
abgedruckt werden. 

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