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Naher Osten: Frieden muss "von unten beginnen"


From FRANKI@elca.org
Date 04 Dec 2000 09:19:50

Friedenscamps fuer palaestinensische und israelische Jugendliche

Jerusalem/Genf, 4. Dezember 2000 (LWI) - Angesichts der andauernden
gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Israelis und
PalaestinenserInnen hat Daoud Nassar, Leiter eines Versoehnungs- und
Begegnungszentrums fuer palaestinensische und israelische Jugendliche in
Bethlehem, Austauschprogramme und Friedenscamps fuer Jugendliche
verschiedener Kulturen angeregt, um Wege fuer Verstaendigung und
Versoehnung zu oeffnen. 

Der 30-jaehrige Nassar, palaestinensischer Christ und zuvor
Jugendmitarbeiter der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Jordanien,
erklaerte in einem Gastkommentar fuer die "Mecklenburgische
Kirchenzeitung", Evangelisches Wochenblatt fuer Mecklenburg-Vorpommern,
Deutschland, dass die Jugendlichen und Kinder seit Wochen nur Gewalt
erlebt haetten. Ueber 40 Prozent der mehr als 150 Toten und 6.000
Verletzten seien zwischen zehn und 16 Jahre alt. Jetzt muesste damit
begonnen werden, so Nassar, Perspektiven fuer die Jugendlichen zu
finden, "damit sie eine neue Gesellschaft aufbauen koennen. Frieden ist
ein langer Prozess, der aber eine grosse Chance hat", erklaerte Daoud
Nassar.

Die Evangelisch-Lutherische Kirche in Jordanien hat Gemeinden in
Jerusalem, in palaestinensischen Gebieten und in Jordanien. Sie hat rund
3.000 Mitglieder und ist seit 1974 Mitgliedskirche des Lutherischen
Weltbundes (LWB).

Im Folgenden finden Sie den vollen Wortlaut des Gastkommentars von
Daoud Nassar:

Gastkommentar von Daoud Nassar fuer die "Mecklenburgische
Kirchenzeitung"

Frieden jetzt

Keine guten Nachrichten aus dem Nahen Osten: Unruhen ueberall in der
Westbank und in Gaza. Taeglich kommen Menschen ums Leben. Acht Jahre
Friedensprozess konnten die Gewalt nicht beenden - warum? Die letzten
Wochen haben gezeigt, wie schwach der Friedensprozess ist. Viele sagen:
es war eine verlorene Zeit, bis jetzt haben wir keine Fruechte des
Friedens gesehen. Vom Frieden werde immer nur geredet. Politiker wuerden
zwar Gespraeche fuehren ueber den Frieden und Israelis und
Palaestinenser traeumen von ihm. Viele meinten sogar: der Frieden ist
nah! Aber dann kam alles anders. 

Wir leben in Angst. Die politischen, wirtschaftlichen und sozialen
Hoffnungen sind beschaedigt. Die Autonomie-Gebiete der
PalaestinenserInnen, sowieso nur wenige Prozent der Westbank, sind fuer
uns ein Gefaengnis. Diese Gebiete darf niemand verlassen. Die
palaestinensischen Doerfer sind von den palaestinensischen Staedten
total abgeschnitten. Die Universitaeten sind geschlossen. Israelisches
Militaer kontrolliert alle Strassen, wir haben keine Bewegungsfreiheit.
Seit Wochen koennen wir nicht mehr die neun Kilometer zu unseren Oliven
fahren; man hat auf PalaestinenserInnen geschossen, die auf ihren
Feldern Oliven pflueckten. Unsere sind wahrscheinlich schon verdorben,
wir koennen sie nicht ernten. So werden wir von Israel immer
wirtschaftlich abhaengig sein und nie faehig, auf eigenen Beinen zu
stehen.

Es gab inzwischen mehr als 150 Tote und 6.000 Verletzte. Viele sind
schwer verletzt, andere fuer immer behindert. Niemand hoert unser
Schreien. Wir sind vor allem einsam. Die arabischen Laender sagen viel,
tun aber nichts. Israel versucht, den Aufstand der PalaestinenserInnen
mit Gewalt zu brechen. Die USA stehen auf der Seite Israels. Was bleibt
uns? Auch wir sind Menschen, die im Frieden leben wollen. Frieden kann
aber nicht nur von PolitikerInnen her kommen. Er muss von unten
beginnen. Zum Beispiel durch Austauschprogramme, wenn Jugendliche aus
verschiedenen Kulturen zusammen kommen und miteinander reden. Durch
solche Begegnungen wird der Weg geoeffnet fuer Verstaendigung und
Vertrauen. 

Die Jugendlichen und Kinder haben wochenlang nichts erlebt ausser
Gewalt. Wie koennen sie noch einmal an den Frieden glauben? 40 Prozent
der Toten und Verletzten sind zwischen zehn und 16 Jahre alt. Wir
muessen Perspektiven fuer Jugendliche finden, damit sie eine neue
Gesellschaft aufbauen koennen. Frieden ist ein langer Prozess, der aber
eine grosse Chance hat. Um sie zu nutzen, muessen wir jetzt anfangen.
Gerade jetzt, wo Menschen taeglich Opfer der Gewalt werden. Wir danken
allen, die an uns denken. Danke, dass ihr betet: fuer den Frieden und
die Gerechtigkeit im Heiligen Land. 

*       *       *

Der Lutherische Weltbund (LWB) ist eine Gemeinschaft lutherischer
Kirchen weltweit. 1947 in Lund (Schweden) gegruendet, zaehlt er
inzwischen 131 Mitgliedskirchen, denen knapp 59,5 der weltweit 63,1
Millionen LutheranerInnen in 72 Laendern angehoeren.

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Kommunikation und verschiedene Aspekte von Missions- und
Entwicklungsarbeit.

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