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Oekumene ist Aufgabe und Verpflichtung der Kirchen


From FRANKI@elca.org
Date 06 Dec 2000 07:36:25

epd- Interview mit LWB-Generalsekretaer Dr. Ishmael Noko 

Genf, 6. Dezember 2000 (LWI/epd) - Fuer eine Fortfuehrung des
oekumenischen Dialogs zwischen LutheranerInnen und KatholikInnen hat
sich der Generalsekretaer des Lutherischen Weltbundes (LWB), Dr. Ishmael
Noko, in einem epd-Interview (Evangelischer Pressedienst) ausgesprochen.
Oekumene sei keine Kuer, so Noko. "Oekumenisch zu sein ist Aufgabe und
Verpflichtung der Kirchen."

Zwar sei die im September veroeffentlichte Erklaerung "Dominus Iesus"
der katholischen Glaubenskongregation ein "Rueckschlag" und unterminiere
die frueheren positiven Aussagen des Vatikans zur Oekumene, doch
versuche inzwischen die roemisch-katholische Kirche selbst, den Schaden
zu begrenzen. Alle vorgesehenen Treffen zwischen Vatikan und LWB werden
stattfinden, erklaerte Dr. Noko. 

Auch die mit der Unterzeichnung der Gemeinsamen Erklaerung zur
Rechtfertigungslehre am 31. Oktober 1999 in Augsburg gestiegene Hoffnung
auf ein gemeinsames Abendmahl katholischer und lutherischer ChristInnen
bestehe weiter, so der LWB-Generalsekretaer. Das Thema bleibe auf der
Tagesordnung der gemeinsamen Kommission von LWB und Vatikan.

Im Folgenden finden Sie den vollen Wortlaut des Interviews mit
LWB-Generalsekretaer Noko, das der epd am 1. Dezember veroeffentlichte:

Interview

"Die Welt ist mitverantwortlich fuer die Gewalt in Nahost" -
LWB-Generalsekretaer Noko kritisiert "Dominus Iesus" als Rueckschlag 

Genf (epd). Der Lutherische Weltbund (LWB) beobachtet die Situation im
Nahen Osten mit grosser Sorge. Eines seiner groessten Hilfsprojekte, das
Auguste-Victoria-Hospital fuer Palaestinenser, befindet sich in
Ost-Jerusalem. Auch die naechste Sitzung des Leitungsrates der
Gemeinschaft von 131 Mitgliedskirchen ist in Jerusalem geplant. Ueber
den Nahost-Konflikt sprachen Ulla Jaenicke und Thomas Schiller mit
LWB-Generalsekretaer Ishmael Noko in Genf. Weitere Themen waren die
Oekumene nach Veroeffentlichung des Vatikan-Papiers "Dominus Iesus" und
die naechste LWB-Vollversammlung.

epd: Der LWB hat sich sehr besorgt ueber die Situation im Nahen Osten
geaeussert, wo er Mitgliedskirchen hat und in Hilfsprojekten engagiert
ist. Sehen Sie Moeglichkeiten fuer die Kirchen, dazu beizutragen, die
Gewalt auf Seiten der Israelis und der Palaestinenser zu beenden?

Noko: Wir koennen eine Rolle spielen, doch angesichts der grossen
politischen Differenzen zwischen den Konfliktparteien kann es nur eine
begrenzte sein. Wir haben Briefe an den israelischen
Ministerpraesidenten Ehud Barak und Palaestinenserfuehrer Jassir Arafat
geschrieben. Wir haben Besorgnis ueber die Haerte der israelischen
Reaktion auf die palaestinensischen Proteste geaeussert und gleichzeitig
an die palaestinensischen Demonstranten appelliert, von gewalttaetigen
Handlungen Abstand zu nehmen.

Ich bin bestuerzt und traurig, dass die Gewalt kein Ende nimmt. Wir
wollen weiter ueber unsere Hilfsprojekte fuer Palaestinenser und auch
fuer die juedische Gemeinschaft einen Beitrag zum Frieden leisten.
Unsere Praesenz dort heisst, Zeuge zu sein und Zeugnis zu geben.

Die ganze Welt ist mitverantwortlich fuer das, was geschieht,
mitverantwortlich fuer die Toten auf beiden Seiten. Es gibt eine Tendenz
heute, nur die Toten und Verwundeten auf einer Seite zu beklagen. Aber
jeder Tote ist einer von uns, gleichgueltig ob Israeli oder
Palaestinenser.

epd: Der LWB-Rat hat in diesem Jahr bei seinem Treffen in Finnland
beschlossen, zur naechsten Sitzung in Jerusalem zusammenzukommen. Bleibt
es bei diesem Plan angesichts der Gewalt in der Region?

Noko: Das Treffen ist fuer Juni 2001 geplant. Ich hoffe und bete, dass
es Frieden vor dieser Zeit geben wird. Alternative Plaene gibt es zur
Zeit noch nicht. Wir wollen nach Jerusalem gehen, weil uns unsere
Mitgliedskirche eingeladen hat.

epd: Nach der Veroeffentlichung des Vatikan-Papiers "Dominus Iesus"
haben Sie offen Ihre Enttaeuschung ausgedrueckt. Hat dieses Papier
irgendwelche Folgen fuer die Gemeinsame Erklaerung zur
Rechtfertigungslehre, die Vatikan und LWB im vergangenen Jahr in
Augsburg unterzeichnet haben und die ja zu viel oekumenischem Jubel
Anlass war?

Noko: Das Papier ist uns nicht offiziell uebermittelt worden, denn es
war fuer den innerkatholischen Gebrauch bestimmt. Wir hatten natuerlich
ueber das Internet Zugang zu dem Dokument. Es hat uns in der Tat
enttaeuscht. In dieser Weise spricht man nicht ueber seine oekumenischen
Partner. Es enthaelt keinerlei Hinweise auf die oekumenischen Erfolge,
die wir schon erreicht haben. In vielen gemeinsamen Dokumenten, nicht
nur in der Rechtfertigungslehre, sind wir einander nahe gekommen.

"Dominus Iesus" ist ein Rueckschlag, es unterminiert die frueheren
positiven Aussagen des Vatikans zur Oekumene. Das Dokument hat die
Atmosphaere in den Gespraechen ueber die Zusammenarbeit zwischen
Katholiken und Protestanten abgekuehlt. Die roemisch-katholische Kirche
versucht selbst, den Schaden, den "Dominus Iesus" verursacht hat, zu
begrenzen. Bei einem Treffen mit Bischof Walter Kasper, Sekretaer des
Paepstlichen Rates zur Foerderung der Einheit der Christen, haben wir
uns geeinigt, dieses Kapitel hinter uns zu lassen und vorwaerts zu
sehen. Oekumene ist keine Kuer. Oekumenisch zu sein ist Aufgabe und
Verpflichtung der Kirchen.

epd: Treffen, die zwischen Vatikan und LWB vorgesehen waren, werden
also nicht abgesagt?

Noko: Alle vorgesehenen Treffen werden stattfinden. Im Februar zum
Beispiel werden wir gemeinsam mit dem Reformierten Weltbund in Rom sein,
um mit katholischen Theologen ueber die Fragen des Ablasses zu
sprechen.

epd: Nach der Unterzeichnung der Gemeinsamen Erklaerung haben fuehrende
Protestanten die Hoffnung geaeussert, dass als laengerfristige Folge die
Protestanten die katholische Einladung zum gemeinsamen Abendmahl
erhalten. Gibt es diese Hoffnung nach "Dominus Iesus" noch?

Noko: Die Hoffnung besteht weiter, die Diskussion ueber die Eucharistie
ist nicht beendet. Das Thema bleibt auf der Tagesordnung der gemeinsamen
Kommission von LWB und Vatikan.

epd: Seit einigen Jahren gibt es Vorschlaege, die Vollversammlungen von
Weltkirchenrat, Reformiertem Weltbund und Lutherischem Weltbund an einem
Ort zur gleichen Zeit zu veranstalten, um mehr Gemeinsamkeit zu
demonstrieren und diese Treffen insgesamt zu verbilligen. Doch nachdem
der LWB mit der Entscheidung fuer Kanada 2003 den Anfang gemacht und der
Reformierte Weltbund mit der fuer Ghana 2004 gefolgt ist, scheint die
Stimmung eher dagegen zu sprechen.

Noko: Die Diskussion geht weiter. Wir werden das Thema vor unsere
Vollversammlung in Winnipeg bringen, so dass unser hoechstes Organ die
Entscheidung treffen kann, in welcher Richtung es weitergehen soll. Es
gibt die Bereitschaft, neue Formen der Zusammenarbeit zwischen den
internationalen kirchlichen Gemeinschaften zu finden und die "sichtbare
Einheit" zu demonstrieren. Es sind auch Verfassungsfragen zu
beruecksichtigen. Die Vollversammlungen der Delegierten aller
Mitgliedskirchen, wie wir sie bisher haben, sind wichtige Orte der
Begegnung, wo lutherische Gemeinschaft praktiziert wird. Der Lutherische
Weltbund selbst ist ein Ausdruck der Oekumene. Die innerlutherische
Einheit staerkt die groessere oekumenische Bewegung.

Als Schritt zu mehr Gemeinsamkeit mit den anderen internationalen
oekumenischen Organisationen wuenschen wir "koordinierte
Vollversammlungen", das heisst, Motto und Zeitpunkt der anderen
Vollversammlungen sind in die Planungen einzubeziehen. Heute schon sind
wir gegenseitig in den Planungsausschuessen fuer die anderen
Vollversammlungen vertreten.

epd: Gibt es schon weitere konkrete Themen fuer Winnipeg?

Noko: Die Landfrage, Globalisierung, Kultur des Friedens, Kommunikation
sind nur einige der Themen. Wir wollen uns auch intensiv mit Aids
beschaeftigen. Aids ist mit Stigmatisierung verbunden. Aidskranke sind
die Unberuehrbaren unserer Zeit. Die Immunschwaechekrankheit gehoert
heute auf die Tagesordnung jeder kirchlichen Versammlung.

(copyright 2000) epd - Evangelischer Pressedienst

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Der Lutherische Weltbund (LWB) ist eine Gemeinschaft lutherischer
Kirchen weltweit. 1947 in Lund (Schweden) gegruendet, zaehlt er
inzwischen 131 Mitgliedskirchen, denen knapp 59,5 der weltweit 63,1
Millionen LutheranerInnen in 72 Laendern angehoeren.

Das LWB-Sekretariat befindet sich in Genf (Schweiz). Das ermoeglicht
eine enge Zusammenarbeit mit dem Oekumenischen Rat der Kirchen (OeRK)
und anderen weltweiten christlichen Organisationen. Der LWB handelt als
Organ seiner Mitgliedskirchen in Bereichen gemeinsamen Interesses, z. B.
oekumenische Beziehungen, Theologie, humanitaere Hilfe, Menschenrechte,
Kommunikation und verschiedene Aspekte von Missions- und
Entwicklungsarbeit.

Die LUTHERISCHE WELT-INFORMATION (LWI) wird als Informationsdienst des
Lutherischen Weltbundes (LWB) herausgegeben. Veroeffentlichtes Material
gibt, falls dies nicht besonders vermerkt ist, nicht die Haltung oder
Meinung des LWB oder seiner Arbeitseinheiten wieder. Die mit "LWI"
gekennzeichneten Beitraege koennen kostenlos mit Quellenangabe
abgedruckt werden. 

***
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