From the Worldwide Faith News archives www.wfn.org


Serbische Ministerin verspricht allen Kirchen 'volle Rechte'


From franki@elca.org
Date 12 Dec 2000 16:05:59

Rueckgabe von Kircheneigentum und Einfuehrung von Religionsunterricht
geplant 

Belgrad (Jugoslawien)/Genf, 12. Dezember 2000 (LWI/ENI) - Die neu
ernannte Ministerin fuer Religionsfragen in der serbischen
Uebergangsregierung, Gordana Anicic, hat zugesagt, Einschraenkungen fuer
religioese Aktivitaeten aufzuheben und allen Konfessionen "volle Rechte
und Freiheiten" zu gewaehren.

"Ueber mehr als 30 Jahre lang war die Haltung der ehemaligen
unglaeubigen Regierung gegenueber den Kirchen und
Religionsgemeinschaften heuchlerisch - nichts als Schoenfaerberei fuer
die Oeffentlichkeit zu Hause und im Ausland," erklaerte Anicic
gegenueber ENI. Die Ministerin fuer Glaubensfragen gehoert zur
Serbischen Erneuerungsbewegung, einer der drei Parteien der
Uebergangsregierung. Die serbische Uebergangsregierung wurde am 4.
November eingesetzt und ist bis zu den geplanten Wahlen am 23. Dezember
im Amt. 

Serbien gehoert neben Montenegro zur Bundesrepublik Jugoslawien. Die
Entscheidung, in Serbien eine Uebergangsregierung einzurichten und
Neuwahlen abzuhalten, hat dazu gefuehrt, das die Spannungen zwischen
Anhaengern des ehemaligen jugoslawischen Fuehrers Slobodan Milosevic und
Anhaengern des neuen Praesidenten der Bundesrepublik Jugoslawien,
Vojislav Kostunica, teilweise entschaerft werden konnten.

VertreterInnen von Minderheitskirchen in Serbien haben sich bereits
positiv ueber die "neue Atmosphaere" im Land geaeussert und erklaert,
sie zaehlten darauf, dass eine neue Regierung  nach den fuer Dezember in
der Republik angesetzten Wahlen diese Versprechen halten werde.
Minderheitskonfessionen hatten zuvor ueber die Einschraenkungen unter
dem Milosevic-Regime geklagt.

"Kirchen und Religionsgemeinschaften wurden als Institutionen zweiter
Klasse behandelt. Man tat nichts, um die die Serbische Orthodoxe Kirche
und andere Religionsgemeinschaften betreffenden wichtigen
Angelegenheiten zu klaeren," betonte Anicic.

Zwar raeumte das Milosevic-Regime der orthodoxen Kirche, der ein
Grossteil der Bevoelkerung Jugoslawiens (11 Millionen Einwohner)
angehoert, eine bevorzugte Behandlung in den vom Staat kontrollierten
Medien ein, dennoch kam es den Forderungen nach Rueckgabe orthodoxen
Kircheneigentums, das nach dem Zweiten Weltkrieg beschlagnahmt worden
war, nicht nach. Dies habe die orthodoxe Kirche in eine "aeusserst
schwierige materielle Situation" gebracht, so Anicic. Ebenso sei das
Regime dem Ruf nach der Einfuehrung von Religionsunterricht an den
Schulen nicht nachgekommen, "obwohl allgemein bekannt war, welche
Bedeutung dies fuer die Bildung und die moralischen Grundsaetze der
jungen Generation haben wuerde".

Anicic erklaerte gegenueber ENI, sie werde auf eine Rueckgabe der von
den Kommunisten beschlagnahmten orthodoxen Gemeinderegister draengen,
sowie sich fuer das Recht der Kirche, Krankenhaus-, Gefaengnis- und
Militaerseelsorger zu ernennen, einsetzen. Andererseits arbeite sie, so
die Ministerin, auf der Einfuehrung von Gesetzen zum Schutz vor
"destruktiven und totalitaeren Sekten", die "die Gesundheit von
Einzelpersonen und Familien "schaedigten und "schaedliche Auswirkungen
auf die Beziehungen zwischen den verschiedenen Religionen" haetten.

"Die ehemalige Regierung verschloss sich der Religionsfreiheit und dem
nationalen Bewusstsein der serbischen Bevoelkerung," so die Ministerin
fuer Glaubensfragen. Die Uebergangsregierung stehe nun vor einer Reihe
bedeutender Aufgaben, die so schnell wie moeglich in einem
demokratischen Geist bewaeltigt werden sollten. Hierbei sei "die
Freiheit religioeser Ueberzeugungen und das freie Wirken der Kirchen zu
respektieren", erklaerte Anicic. 

Erste positive Folgen der Regierungspolitik bestaetigte Dragisa Armus,
Sekretaer der kleinen jugoslawischen Union evangelischer christlicher
Baptisten. Es sei noch "zu frueh", die Massnahmen der aus 16 Mitgliedern
bestehenden Uebergangsregierung zu bewerten, jedoch habe sich die
Atmosphaere "erheblich verbessert". Seine evangelikale Kirche plane
Gemeinden in allen Staedten des Landes zu gruenden, so Armus, das Gesetz
biete "bereits jetzt die Moeglichkeit, oeffentliche Raeume zu mieten und
religioese Schriften zu verteilen. Jetzt moechten wir, dass solche
Rechte in der Praxis gesichert werden."

Slobodan Andjelic, Oberhaupt der  5.000 Mitglieder zaehlenden
Protestantischen Evangelischen Kirche (Pfingstkirche) Jugoslawiens,
erklaerte, ihm sei vom Ministerium versichert worden, dass alle
"organisierten religioesen Gruppen" gleiche Rechte erhalten wuerden.
Zwar sei man in der Vergangenheit nicht verfolgt worden, haette jedoch
nicht normal agieren koennen. "Die juengsten Veraenderungen haben
religioesen Gruppen auf neue Weise die Tuer geoeffnet. Wenn Jugoslawien
zu Europa gehoeren will, dann muessen die europaeischen Gesetze und
Verfahrensweisen auch hier funktionieren", erklaerte Andjelic.

Erzbischof  Franc Perko, Leiter der roemisch-katholischen Kirche in
Jugoslawien, der 500.000 Mitglieder angehoeren, sagte nach einem Treffen
mit Ministerin Anicic am 22. November, er hoffe, neue gesetzgeberische
Massnahmen im Jahr 2001 werden den Religionsunterricht und die Rueckgabe
von Kircheneigentum voranbringen. Er betonte allerdings, dass es lange
Zeit dauern werde, "viele tiefer liegende Schwierigkeiten" zu
ueberwinden.

"Ich erwarte, dass diese positive Politik nach den Wahlen am 23.
Dezember fortgesetzt wird und echte Verbesserungen mit sich bringt,"
fuegte der in Slowenien geborene Erzbischof hinzu, dessen Kirche unter
dem ehemaligen Regime durch die Verweigerung von Visa und
Aufenthaltsgenehmigungen fuer ihre Priester und Nonnen behindert worden
war.

(Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag von Jonathan Luxmoore, ENI -
Ecumenical News International.) 

*       *       *

Der Lutherische Weltbund (LWB) ist eine Gemeinschaft lutherischer
Kirchen weltweit. 1947 in Lund (Schweden) gegruendet, zaehlt er
inzwischen 131 Mitgliedskirchen, denen knapp 59,5 der weltweit 63,1
Millionen LutheranerInnen in 72 Laendern angehoeren.

Das LWB-Sekretariat befindet sich in Genf (Schweiz). Das ermoeglicht
eine enge Zusammenarbeit mit dem Oekumenischen Rat der Kirchen (OeRK)
und anderen weltweiten christlichen Organisationen. Der LWB handelt als
Organ seiner Mitgliedskirchen in Bereichen gemeinsamen Interesses, z. B.
oekumenische Beziehungen, Theologie, humanitaere Hilfe, Menschenrechte,
Kommunikation und verschiedene Aspekte von Missions- und
Entwicklungsarbeit.

Die LUTHERISCHE WELT-INFORMATION (LWI) wird als Informationsdienst des
Lutherischen Weltbundes (LWB) herausgegeben. Veroeffentlichtes Material
gibt, falls dies nicht besonders vermerkt ist, nicht die Haltung oder
Meinung des LWB oder seiner Arbeitseinheiten wieder. Die mit "LWI"
gekennzeichneten Beitraege koennen kostenlos mit Quellenangabe
abgedruckt werden.

***
LUTHERISCHE WELT-INFORMATION
Postfach 2100, CH-1211 Genf 2, Schweiz
Deutsche Redaktion: Dirk-Michael Groetzsch
E-Mail: dmg@lutheranworld.org
Tel.:	+41-22-791-6353
Fax:	+41-22-791-6630
http://www.lutheranworld.org


Browse month . . . Browse month (sort by Source) . . . Advanced Search & Browse . . . WFN Home