From the Worldwide Faith News archives www.wfn.org


Zunehmende Orientierung an den Normen des 'Marktes' gefaehrdet die


From franki@elca.org
Date 21 Dec 2000 08:53:37

Gesellschaft 
Neujahrsbotschaft von LWB-Generalsekretaer Dr. Ishmael Noko

Genf, 21. Dezember 2000 (LWI) - In seiner Neujahrsbotschaft hat der
Generalsekretaer des Lutherischen Weltbundes (LWB), Dr. Ishmael Noko,
die LWB-Mitgliedskirchen aufgerufen, zu hinterfragen, welche bestimmende
Rolle die Gesetze des "Marktes" fuer Gesellschaften, Werte,
Entscheidungen und die Geisteshaltung der Menschen haetten. Unsere Zeit
sei davon gepraegt, so Noko, dass sich Menschen in ihren Haltungen und
Beziehungen immer mehr von den Normen des "Marktes" beeinflussen
liessen.

Unter dem permanenten Einfluss der Werbebotschaften, nach dem
persoenlichen Vorteil, nach Bedeutung, Ruhm und "Mehrwert" zu streben,
wuerden Freundschaften und die Zugehoerigkeit zu einer Gemeinschaft oder
Kirche oft nur noch nach ihrem Nutzen bewertet. Der LWB-Generalsekretaer
kritisierte die sich verstaerkt durchsetzende Einstellung, dass alles
nach "unserem", nach "meinem Geschmack" sein muesse. Die negative Folge
dieser Form des Individualismus sei, dass die Gesellschaften
zersplittert wuerden durch dieses "ruecksichtslose Streben nach
persoenlichen Vorteilen, nach Gewinn".

Die Kirchen seien aufgerufen, so Noko in seiner Neujahrsbotschaft fuer
das Jahr 2001, "anders zu sein". "Einander treu zu bleiben, wie Christus
uns treu bleibt," darin liege die Aufgabe der Kirche, sowie "in der
Heilung einer zersplitterten Welt". Die Kirchen seien berufen, sich um
jeden einzelnen Menschen zu bemuehen. Der Grund liege nicht in der
jeweiligen Leistungsfaehigkeit oder gesellschaftlichen Position, sondern
darin, "was Gott in Christus fuer diese Person getan hat". Die Kirche
als eine Gemeinschaft von Glaeubigen haette die Aufgabe, sich um
Menschen zu sorgen, die in schwierigen Situationen leben, so Noko. 

Im Folgenden find Sie den vollen Wortlaut der Neujahrsbotschaft von
LWB-Generalsekretaer Dr. Ishmael Noko: 

NEUJAHRSBOTSCHAFT
Dr. Ishmael Noko
Generalsekretaer des Lutherischen Weltbundes

Einander treu bleiben

Liebe Schwestern und Brueder in Christus,

unsere Zeit ist gepraegt davon, dass Menschen in ihren Haltungen und
Beziehungen in sehr grossem Masse von den Normen des "Marktes"
beeinflusst werden. Die verschiedensten Werbebotschaften suggerieren uns
staendig, wir muessten nach unserem persoenlichen Vorteil, nach
Bedeutung, Ruhm und "Mehrwert" fuer unser Sein und Tun streben.
Permanent werden wir animiert, alles nach "unserem Geschmack haben zu
muessen". Der Individualismus, der gewoehnlich als ein Prozess
verstanden wird, durch den der/die Einzelne gestaerkt und befreit wird,
hat mittlerweile auch negative Auswirkungen gezeitigt, die Gesellschaft
zersplittert durch das ruecksichtslose Streben nach persoenlichen
Vorteilen, nach Gewinn. Da sind Freundschaften nur noch Freundschaften,
wenn die Beziehung etwas bringt, die Zugehoerigkeit zu einer
Gemeinschaft oder einer Kirche erscheint nur dann erstrebenswert, wenn
man Vorteile davon hat. Ja, unsere Gemeinschaften und Kirchen kranken
oft daran, dass sie "nach meinem Geschmack" sein muessen.

Wir muessen das Ausmass in Frage stellen, in dem die Gesetze des
"Marktes" gegenwaertig unsere Gesellschaft bestimmen, die so unsere
Werte, Entscheidungen und sogar unsere Geisteshaltung beherrschen
koennen. Dies ist vor allem aus dem folgenden Grund ein Anliegen: wir
werden uns heute immer mehr der Tatsache bewusst, dass die Art, wie wir
unsere Prioritaeten setzen und unsere Entscheidungen treffen, einem
tiefgreifenden Wandel unterliegt. Mehr denn je scheint es uns um unseren
Nutzen zu gehen, also darum "was wir oder was ich davon habe(n)". Es
scheint, dass wir unsere Loyalitaeten bereitwilliger wechseln, je nach
dem, welche Chancen sich uns bieten.

Die Kirche als der Leib Christi ist berufen, anders zu sein. Sie ist zur
Sorge um Menschen berufen, dazu, sich um jeden einzelnen Menschen zu
bemuehen, nicht auf Grund der Leistungsfaehigkeit der jeweiligen Person
oder ihrer Position in der Gesellschaft, sondern auf Grund dessen, was
Gott in Christus fuer diese Person getan hat. Die Kirche als eine
Gemeinschaft der Glaeubigen, die miteinander ein langfristiges
Engagement eingegangen sind, ist berufen, Kirche fuer andere zu sein,
die in schwierigen Situationen leben. Wir werden gegenwaertig wieder an
die Maenner und Frauen erinnert, die ihr Leben, ihre Zeit und Kraft fuer
andere eingesetzt haben, an Orten, die in den Medien nie Beachtung
finden; Maenner und Frauen, deren Einsatz nie die verdiente Anerkennung
fand. In diesem Zusammenhang sind zu nennen die Kirchen und
Gemeinschaften der Glaeubigen in Palaestina und Israel, in Sierra Leone,
in Liberia, im Kongo, in Kolumbien, in Nordirland, im Kosovo, in
Tschetschenien und an vielen anderen Orten.

Am Beginn des Jahres 2001 sende ich Ihnen meine Gruesse und wuensche
Ihnen ein gesegnetes neues Jahr im Glauben. Ich bete darum, dass wir als
der Leib Christi Zeugnis geben durch konkrete und sichtbare Taten der
Solidaritaet miteinander und mit der Welt. Einander treu zu bleiben, wie
Christus uns treu bleibt, darin liegt die Aufgabe der Kirche - in der
Heilung einer zersplitterten Welt.

Dort wo wir uns finden in dem komplexen Wechselspiel der Kraefte in der
Welt sollten wir Gott und Gottes Volk die Treue geloben, mit Ruts Worten
an ihre Schwiegermutter Noomi:

"Rede mir nicht ein, dass ich dich verlassen
und von dir umkehren sollte.
Wo du hingehst, da will ich auch hingehen;
wo du bleibst, da bleibe ich auch.
Dein Volk ist mein Volk,
und dein Gott ist mein Gott." (Rut 1, 16)

Im Dezember 2000

*       *       *

Der Lutherische Weltbund (LWB) ist eine Gemeinschaft lutherischer
Kirchen weltweit. 1947 in Lund (Schweden) gegruendet, zaehlt er
inzwischen 131 Mitgliedskirchen, denen knapp 59,5 der weltweit 63,1
Millionen LutheranerInnen in 72 Laendern angehoeren.

Das LWB-Sekretariat befindet sich in Genf (Schweiz). Das ermoeglicht
eine enge Zusammenarbeit mit dem Oekumenischen Rat der Kirchen (OeRK)
und anderen weltweiten christlichen Organisationen. Der LWB handelt als
Organ seiner Mitgliedskirchen in Bereichen gemeinsamen Interesses, z. B.
oekumenische Beziehungen, Theologie, humanitaere Hilfe, Menschenrechte,
Kommunikation und verschiedene Aspekte von Missions- und
Entwicklungsarbeit.

Die LUTHERISCHE WELT-INFORMATION (LWI) wird als Informationsdienst des
Lutherischen Weltbundes (LWB) herausgegeben. Veroeffentlichtes Material
gibt, falls dies nicht besonders vermerkt ist, nicht die Haltung oder
Meinung des LWB oder seiner Arbeitseinheiten wieder. Die mit "LWI"
gekennzeichneten Beitraege koennen kostenlos mit Quellenangabe
abgedruckt werden.

***
LUTHERISCHE WELT-INFORMATION
Postfach 2100, CH-1211 Genf 2, Schweiz
Deutsche Redaktion: Dirk-Michael Groetzsch
E-Mail: dmg@lutheranworld.org
Tel.:	+41-22-791-6353
Fax:	+41-22-791-6630  [ neu ]
http://www.lutheranworld.org/


Browse month . . . Browse month (sort by Source) . . . Advanced Search & Browse . . . WFN Home