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Kardinal Kasper: Oekumenische Frage ist ein Herzensanliegen


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Date 28 Feb 2001 08:21:48

Kardinal Kasper: Oekumenische Frage ist ein Herzensanliegen

Genf, 28. Februar 2001 (LWI) - Als "Herzensanliegen" bezeichnete Kardinal Walter Kasper die oekumenische Frage, das Streben nach der Einheit der Kirche und der Einheit "am Tisch des Herrn". Der am 22. Februar von Papst Johannes Paul II. in den Kardinalsstand erhobene deutsche Theologe erklaerte gegenueber der Lutherischen Welt-Information (LWI), dass die grosse Mehrheit der evangelischen und katholischen ChristInnen im konfessionell geteilten Deutschland, dem Ursprungsland der Reformation, die Sehnsucht habe, "dass die Einheit und die Einheit vor allem am Tisch des Herrn moeglichst bald zustande kommt".

Er wolle "nach besten Kraeften" an der Verwirklichung dieser Sehnsucht mitwirken, betonte Kasper am Rande einer gemeinsamen Sitzung des Lutherischen Weltbundes (LWB) und des Paepstlichen Rates zur Foerderung der Einheit der Christen (PCPCU), die am 26. und 27. Februar im Oekumenischen Zentrum in Genf stattfand. Als deutschem Theologen sei ihm die oekumenische Frage von vornherein "in die Wiege gelegt", sie sei brennend aktuell gerade mit Blick auf die vielen konfessionsgemischten Ehen in Deutschland. 

Kasper, der als Sekretaer des Einheitsrates die katholische Delegation leitete, erklaerte, dass gerade im lutherisch/roemisch-katholischen Dialog Erhebliches erreicht worden sei. Mit der Gemeinsamen Erklaerung zur Rechtfertigungslehre (GER) sei kein Dokument der ueblichen Art entstanden, das nur die Autoritaet der Kommission fuer sich habe, sondern eine von den Kirchen selbst rezipiertes Dokument. Dies stelle eine ganz andere Qualitaet dar. Er habe den Eindruck, so Kasper, "dieses Dokument ueber die Rechtfertigungslehre hat den Beziehungen zwischen LutheranerInnen und KatholikInnen eine neue Qualitaet gegeben, sie sind einander einfach naeher gekommen, es ist ein Stueck mehr Freundschaft entstanden". In wesentlichen Fragen des Inhalts des Evangeliums habe man einen differenzierten Konsens erreicht. 

Als nun anstehende Themen des lutherisch/roemisch-katholischen Dialogs nannte Kardinal Kasper die Frage nach der Kirche und den Aemtern in der Kirche. Dort gebe es zwar schon Vorarbeiten, aber noch keinen Durchbruch. Man stimme ueberein, diese Fragen mit Vorrang zu behandeln. Nach der Unterzeichnung der GER am 31. Oktober 1999 in Augsburg haetten viele gedacht, jetzt sei dass gemeinsame Abendmahl, die gemeinsame Eucharistie moeglich. Dass dies nicht der Fall sei, habe viele enttaeuscht. Dies heisse jedoch nicht, so Kasper, dass nichts Gemeinsames moeglich ist. "Wir koennen jetzt gemeinsam Zeugnis geben, von dem was das Zentrum des Evangeliums ist. Und das ist in einer zunehmend saekularisierten Welt wahrlich nicht wenig", betonte Kasper. 

Mit Blick auf die vatikanische Erklaerung "Dominus Iesus" erklaerte Kasper, dass die urspruengliche Krise einigermassen ueberwunden sei. Der Einheitsrat habe nach seiner Meinung erfolgreich versucht, die entstandenen Missverstaendnisse zu erklaeren. Die Sprache der Erklaerung sei zwar verschieden von der des II. Vatikanischen Konzils und auch von der des Papstes und erwaehne nicht die bisherigen Dialoge, doch sei sie fuer den interreligioesen Dialog bestimmt gewesen und stelle eine Warnung vor "einem Relativismus oder einem grundsaetzlichen Pluralismus" dar. Kasper hob hervor, dass Papst Johannes Paul II. in der Zwischenzeit mehrfach sehr deutlich gemacht habe, "dass fuer ihn die Entscheidung des II. Vatikanischen Konzils fuer den oekumenischen Prozess unwiderruflich und unumkehrbar ist".

Als Ziel der versoehnten Verschiedenheit zwischen LutheranerInnen und KatholikInnen bezeichnete Kasper die Anerkennung der verschiedenen Traditionen. Es gehe um die Ueberwindung der unversoehnten Unterschiedenheit. Die Widersprueche muessten ueberwunden werden. Es koenne nicht das eine wahr sein und das Gegenteil auch, aber es koennten sich gegenseitig ergaenzende Aussagen sein. Eine solche "versoehnte Verschiedenheit waere nicht Armut, sondern sie waere Reichtum", betonte Kardinal Kasper. In diesem Sinne koenne man von der versoehnten Verschiedenheit und von der Vielfalt innerhalb der Einheit sprechen. 

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Der Lutherische Weltbund (LWB) ist eine Gemeinschaft lutherischer Kirchen weltweit. 1947 in Lund (Schweden) gegruendet, zaehlt er inzwischen 131 Mitgliedskirchen, denen rund 60,2 Millionen der weltweit knapp 64 Millionen LutheranerInnen in 72 Laendern angehoeren.

Das LWB-Sekretariat befindet sich in Genf (Schweiz). Das ermoeglicht eine enge Zusammenarbeit mit dem Oekumenischen Rat der Kirchen (OeRK) und anderen weltweiten christlichen Organisationen. Der LWB handelt als Organ seiner Mitgliedskirchen in Bereichen gemeinsamen Interesses, z. B. oekumenische Beziehungen, Theologie, humanitaere Hilfe, Menschenrechte, Kommunikation und verschiedene Aspekte von Missions- und Entwicklungsarbeit.

Die LUTHERISCHE WELT-INFORMATION (LWI) wird als Informationsdienst des Lutherischen Weltbundes (LWB) herausgegeben. Veroeffentlichtes Material gibt, falls dies nicht besonders vermerkt ist, nicht die Haltung oder Meinung des LWB oder seiner Arbeitseinheiten wieder. Die mit "LWI" gekennzeichneten Beitraege koennen kostenlos mit Quellenangabe abgedruckt werden.

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