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Der LWB ist eine Gemeinschaft - und das ist weit mehr als ein Bund


From "Frank Imhoff" <FRANKI@elca.org>
Date Wed, 22 Aug 2001 08:30:06 -0500

LWB-Generalsekretaer Noko regt Namensaenderung des LWB an

Genf, 22. August 2001 (LWI) - Der Generalsekretaer des Lutherischen
Weltbundes (LWB), Pfr. Dr. Ishmael Noko, haelt die Bezeichnung "Bund"
fuer den LWB fuer "nicht mehr zutreffend". Es handele sich vielmehr
um eine "Gemeinschaft - und das ist weit mehr als ein Bund", betonte
Noko gegenueber der Lutherischen Welt-Information (LWI). Er forderte
die gegenwaertig 133 Mitgliedskirchen auf, einen geeigneten Namen zu
suchen, "der dieser neuen Wirklichkeit gerecht wird".

Der LWB sei 1947 als "freie Vereinigung autonomer Kirchen in aller
Welt" mit dem Ziel gegruendet worden, "auf eine globale,
multikulturelle lutherische Gemeinschaft hinzuwirken". In den letzten
54 Jahren seien die gemeinschaftlichen Bindungen gepflegt und
gefestigt worden und es sei ein neues Zusammengehoerigkeitsgefuehl
und das gegenseitige Engagement in der Mission entstanden, so Noko.
Die Beziehungen seien vertieft worden und die Konfessionen und
Kulturen verbindenden Kontakte haetten "sich wesentlich verbessert".
Diese Entwicklung habe 1984 ihren Niederschlag in der Erklaerung der
LWB-Vollversammlung ueber die gegenseitige Gewaehrung der Kanzel- und
Abendmahlsgemeinschaft gefunden. Sechs Jahre spaeter habe die
Vollversammlung den LWB als Gemeinschaft definiert und
dementsprechend die Verfassung geaendert.

Hinsichtlich der Frage nach der kuenftigen oekumenischen Rolle des
Oekumenischen Rates der Kirchen (OeRK) erklaerte LWB-Generalsekretaer
Noko, dass umfangreichere konziliare Formen von Kirchengemeinschaft
dringender gebraucht wuerden denn je. Sie seien heute in einer Weise
moeglich, "die wir uns vor einigen Jahren noch nicht vorstellen
konnten." Die Beziehungen zwischen den verschiedenen weltweiten
christlichen Gemeinschaften seien so gewachsen, dass man nun "von
Angesicht zu Angesicht" miteinander sprechen koenne.

Der OeRK habe jetzt zu klaeren, betonte Noko, ob er bereit sei, "die
Aufgaben zu uebernehmen, die auf ihn zukommen, wenn er seiner
konziliaren Rolle entsprechen will." Der OeRK biete einen Rahmen,
innerhalb dessen sich eingehender untersuchen liesse, wie ein
"weltweiter Christenrat" aussehen koennte. Zu bedenken gab Noko, dass
im Rahmen gemeinsamer Vollversammlungen unter dem Dach von
OeRK-Vollversammlungen keine internen konstitutionellen und
organisatorischen Angelegenheiten verhandeln werden koennten.
Darueber muesste von den zustaendigen Gremien innerhalb der
LWB-Strukturen beraten werden.

Er hoffe, so LWB-Generalsekretaer Noko, dass eines Tages auch die
roemisch-katholische Kirche "ohne Abstriche" am Leben des OeRK
teilnehmen koenne. "Ich bin fest davon ueberzeugt, dass es gelingen
wird, die roemisch-katholische Kirche in den Rat einzugliedern, wenn
die Aspekte Konziliaritaet, Beratung und Feier im Mittelpunkt
stehen." Dass sich der OeRK zu einer "Superkirche" entwickle, glaube
er allerdings nicht, so Noko. (398 Woerter)

Im Folgenden finden Sie den vollen Wortlaut des Interviews mit
LWB-Generalsekretaer Pfr. Dr. Ishmael Noko:

Wie kann die lutherische Gemeinschaft ihrer
oekumenischen Rolle am besten gerecht werden?

Interview mit Pfr. Dr. Ishmael Noko, Generalsekretaer des
Lutherischen Weltbundes

LWI: Bei der diesjaehrigen LWB-Ratstagung haben Sie sich zu wichtigen
oekumenischen Fragestellungen geaeussert, die im Lutherischen
Weltbund weiter zu diskutieren sind. Weshalb haben Sie diesen
Themenbereich jetzt zur Sprache gebracht?

Noko: Aus einem ganz einfachen Grund. Ich verstehe diese Zeit als
einen kairos - als einen wichtigen, verheissungsvollen Zeitpunkt, um
darueber nachzudenken, wie wir mit unseren oekumenischen Partnern auf
dem Weg zur Einheit weitergehen sollen. Denn in dieser wichtigen
Angelegenheit ist ein Alleingang gar nicht moeglich. Wir muessen
bereit sein, uns auf diesen Weg einzulassen, und deshalb muessen die
umfassenden oekumenischen Themen auf unserer Tagesordnung ganz oben
stehen.

LWI: Sie haben sehr pointiert vom LWB als einer Gemeinschaft
gesprochen. Befuerworten Sie damit nicht die Aufrechterhaltung eines
Konfessionalismus, der mit dem Wesen der oekumenischen Bewegung nicht
vereinbar ist?

Noko: Nein, ganz im Gegenteil. Der LWB hat sich selbst immer schon
sehr stark als Teil der oekumenischen Bewegung verstanden. Alle
Schritte auf dem Wege zu seiner eigenen "inneren" Einheit und
Zusammengehoerigkeit sind gleichfalls ein Beitrag zur Einheit der
einen universalen Kirche Christi. "Innere" Oekumene innerhalb einer
konfessionellen Kirchenfamilie kann und darf nicht von der "externen"
Oekumene mit anderen Kirchenfamilien getrennt sein. Beide sind
untrennbar miteinander verbunden, denn die Einheit der ChristInnen
ist Gottes Gabe in Christus und im Heiligen Geist in den einzelnen
Kirchen und untereinander. Sicher muss ich nicht extra betonen, dass
ich auch die lutherische Tradition nach ihrer Basis und ihrer
Zielsetzung als eindeutig oekumenisch verstehe.

LWI: Wie Sie sicher wissen, hat Ihr Vorschlag, den Namen des
Lutherischen Weltbundes zu aendern, eine breite Diskussion
ausgeloest. Warum ist Ihnen das so wichtig?

Noko: Vor Gruendung des LWB im Jahre 1947 gab es eine
Vorlaeuferorganisation. Die Mitgliedschaft im Lutherischen
Weltkonvent beschraenkte sich auf Europa und Nordamerika. Nachdem der
LWB in Lund, Schweden, gegruendet worden war, dehnten seine Gruender
die Mitgliedschaft ueber die "kalten Regionen" Europa und Nordamerika
hinaus aus. Gleichzeitig gab es einen spuerbaren Wandel vom Konvent
zum Bund.

Der LWB wurde als freie Vereinigung autonomer Kirchen in aller Welt
mit dem Ziel konstituiert, auf eine globale, multikulturelle
lutherische Gemeinschaft hinzuwirken. Die Mitgliedskirchen hielten
miteinander Kontakt mit Hilfe verschiedener Mechanismen -
Vollversammlungen, Exekutivkomitee/Rat, Sekretariat, Konferenzen,
Konsultationen und Programme sowie ueber Projekte fuer Zeugnis und
Dienst.

In den letzten 54 Jahren wurden die gemeinschaftlichen Bindungen
gepflegt und gefestigt, es entstand ein neues
Zusammengehoerigkeitsgefuehl und das gegenseitige Engagement in der
Mission. Zwischen unterschiedlichen Voelkern und Kulturen, Frauen und
Maennern, jungen und alten Menschen, zwischen Arm und Reich haben
sich die Beziehungen vertieft. Die Konfessionen und Kulturen
verbinden Kontakte haben sich wesentlich verbessert; sie gehen ueber
offizielle kirchliche Strukturen hinaus und umspannen das ganze Volk
Gottes.

Die neue kirchliche Wirklichkeit, die unter den Mitgliedskirchen
entstanden ist, hat 1984 ihren Niederschlag in der Erklaerung der
LWB-Vollversammlung ueber die gegenseitige Gewaehrung der Kanzel- und
Abendmahlsgemeinschaft gefunden. Sechs Jahre spaeter definierte die
Vollversammlung den LWB als Gemeinschaft und aenderte entsprechend
seine Verfassung. Die Bezeichnung "Bund" ist fuer den LWB nicht mehr
zutreffend. Es handelt sich vielmehr um eine Gemeinschaft - und das
ist weit mehr als ein Bund! Wir sollten uns jetzt darum bemuehen,
einen geeigneten Namen zu finden, der dieser neuen Wirklichkeit
gerecht wird.

LWI: Es gibt  eine breite Debatte ueber die kuenftige oekumenische
Rolle des Oekumenischen Rates der Kirchen. Sie bekennen sich zur
Bedeutung des OeRK zum gegenwaertigen Zeitpunkt. Koennen Sie das
naeher erklaeren?

Noko: Ich bin der Ueberzeugung, dass wir in dieser Phase der
oekumenischen Bewegung die Gestalt dessen, was wir traditionell als
"konziliare Gemeinschaft" bezeichnet haben, weiterentwickeln muessen.
Die Forderung nach umfangreicheren konziliaren Formen von
Kirchengemeinschaft ist nicht durch andere, in letzter Zeit
entwickelte Einheitsmodelle ueberholt. Wir brauchen sie dringender
denn je, und sie werden heute in einer Weise moeglich sein, die wir
uns vor einigen Jahren noch nicht vorstellen konnten. Die Beziehungen
zwischen den verschiedenen weltweiten christlichen Gemeinschaften
sind so gewachsen, dass wir nun von Angesicht zu Angesicht
miteinander sprechen koennen. Wir sollten nun darueber nachdenken,
wie sich diese grosse Chance nutzen laesst.

Der OeRK ist jetzt gefragt, ob er bereit ist, die Aufgaben zu
uebernehmen, die auf ihn zukommen, wenn er seiner konziliaren Rolle
entsprechen will. Nach meiner Auffassung bietet der OeRK einen
Rahmen, innerhalb dessen wir eingehender untersuchen koennen, wie -
in welcher Form auch immer - ein weltweiter Christenrat aussehen
koennte. In einer solchen Entwicklung wuerden wir einen wichtigen
neuen oekumenischen Schritt sehen, der aber fuer sich allein noch
nicht unbedingt ein Schritt auf dem Wege zur endgueltigen Vollendung
der oekumenischen Bewegung sein muss.

LWI: Ist die Vorstellung, dass die weltweiten christlichen
Gemeinschaften in Zukunft koordinierte oder gemeinsame
Vollversammlungen mit dem OeRK veranstalten, realistisch?

Noko: Wenn einige unserer Mitgliedskirchen eine einfachere,
geschlossenere Struktur fuer unsere verschiedenen Vollversammlungen
anstreben, dann sollten wir ernsthaft darueber nachdenken, wie wir
dorthin gelangen koennen. Deshalb begruesse ich die Entscheidung des
Rates, das zusammen mit unseren oekumenischen Partnern in Angriff zu
nehmen. Dazu bedarf es allerdings einer klaren Konzeption, welche
Rolle die verschiedenen Gemeinschaften und Kirchenfamilien bei
OeRK-Vollversammlungen spielen sollen.

Wenn wir Vollversammlungen mit anderen weltweiten christlichen
Gemeinschaften unter dem Dach von OeRK-Vollversammlungen veranstalten
wollen, dann sollten wir dort nicht unsere internen konstitutionellen
und organisatorischen Angelegenheiten verhandeln. Darueber muesste
von den zustaendigen Gremien innerhalb unserer eigenen Strukturen
beraten werden. Bei einer breit angelegten oekumenischen
Vollversammlung sollten wir all unsere Energie in deren konziliare
Ausrichtung investieren, zu der gemeinsames Gebet, Studienarbeit und
Beratungen gehoeren.

LWI: Die roemisch-katholische Kirche ist offenbar nicht zur
Mitgliedschaft im OeRK bereit. Liegt hier nicht ein grosses Hindernis
fuer die Ausweitung der Vollversammlungen?

Noko: Wir verstehen, welche Schwierigkeiten sich fuer die
roemisch-katholische Kirche auftun, wenn sie Mitglied des OeRK werden
will. Dieses Problem laesst sich nicht so schnell loesen; dennoch
hoffe ich sehr, dass der Tag kommen wird, an dem die
roemisch-katholische Kirche ohne Abstriche am Leben des OeRK
teilnehmen kann. Die roemisch-katholische Kirche ist ja bereits bei
den OeRK-Vollversammlungen vertreten.

Ich bin fest davon ueberzeugt, dass es gelingen wird, die
roemisch-katholische Kirche in den Rat einzugliedern, wenn die
Aspekte Konziliaritaet, Beratung und Feier im Mittelpunkt stehen. Ich
denke nicht, dass sich der OeRK zu einer Superkirche entwickeln wird.
Vielmehr bedarf es eines Rahmens, in dem moeglichst viele christliche
Traditionen zu grosszuegigem gegenseitigen Teilen der Gaben
zusammenfinden.

Ich sehe keinen Grund, weshalb wir auf diesem Weg nicht weitergehen
koennen. Fuer die lutherische Seite hat der Rat des LWB meinem
Vorschlag zugestimmt, eine Arbeitsgruppe einzusetzen, die sich mit
dieser Angelegenheit befassen und dem Rat auf seiner naechsten Tagung
im September 2002 berichten soll. (1076 Woerter)

*       *       *

Der Lutherische Weltbund (LWB) ist eine Gemeinschaft lutherischer
Kirchen weltweit. 1947 in Lund (Schweden) gegruendet, zaehlt er
inzwischen 133 Mitgliedskirchen, denen rund 60,5 Millionen der
weltweit rund 64,3 Millionen LutheranerInnen in 73 Laendern
angehoeren.
Das LWB-Sekretariat befindet sich in Genf (Schweiz). Das ermoeglicht
eine enge Zusammenarbeit mit dem Oekumenischen Rat der Kirchen (OeRK)
und anderen weltweiten christlichen Organisationen. Der LWB handelt
als Organ seiner Mitgliedskirchen in Bereichen gemeinsamen
Interesses, z. B. oekumenische Beziehungen, Theologie, humanitaere
Hilfe, Menschenrechte, Kommunikation und verschiedene Aspekte von
Missions- und Entwicklungsarbeit.

Die LUTHERISCHE WELT-INFORMATION (LWI) wird als Informationsdienst
des Lutherischen Weltbundes (LWB) herausgegeben. Veroeffentlichtes
Material gibt, falls dies nicht besonders vermerkt ist, nicht die
Haltung oder Meinung des LWB oder seiner Arbeitseinheiten wieder. Die
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Deutsche Redaktion: Dirk-Michael Groetzsch
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