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Menschenrechte fuer die *Kinder Gottes"


From "Frank Imhoff" <franki@elca.org>
Date Fri, 14 Sep 2001 08:27:10 -0500

LWB und OeRK unterstuetzten Dalits auf der UN-Weltkonferenz gegen Rassismus 

Durban (Suedafrika)/Genf, 13. September 2001 (LWI) - "Dalitrechte sind
Menschenrechte!" Dieser Slogan war auf Stirnbaendern vieler Frauen und
Maenner, meist indischer Herkunft, waehrend des NGO-Forums der
UN-Weltkonferenz gegen Rassismus, Rassendiskriminierung,
Fremdenfeindlichkeit und damit zusammenhaengender Intoleranz in
Durban, Suedafrika, zu lesen. Sie vertraten die rund 250 Millionen
Dalits in Indien, die zu der niedrigsten Kaste in Indien gehoeren.
"Wir wollen hier in Durban der Welt zeigen, dass wir in Indien
schonungslos und schamlos unterdrueckt werden", sagte eine junge Dalit
zu einem Fernsehreporter. 

Beispiele der Unterdrueckung der Dalits hoerte man in zahlreichen
Diskussionen und persoenlichen Gespraechen auf dem NGO-Forum und las
man ueberall auf verteilten Handzetteln und Broschueren. Auch in den
suedafrikanischen Tageszeitungen wurde seit Beginn der Weltkonferenz
fast taeglich ueber das Los der Dalits berichtet. 

"Die Dalits - frueher unter der Bezeichnung *Unberuehrbare' bekannt -
gehoeren in der indischen Kastengesellschaft nirgendwohin. Wir sind
*Outcasts'", so Dr.Raja Selvakumar aus Indien, er gehoerte zur
9-koepfigen Delegation des Lutherischen Weltbundes (LWB) auf der
Rassismuskonferenz in Durban. Er betonte, dass Mahatma Gandhi die
sogenannten "Unberuehrbaren" in Indien noch die "Kinder Gottes"
genannt habe, da ihnen noch nicht einmal eine eigene Abstammung,
Herkunft oder Geschichte zugesprochen werde.

"Jedes Dorf in Indien hat ein eigenes Wohngebiet fuer die Dalits. Dort
gibt es kein Wasser, keine Muellabfuhr, keine Schulen, Dalit-Frauen
sind am schlechtesten dran. Sie werden als Dienstmaedchen nicht nur
ausgenutzt, sondern regelmaessig sexuell missbraucht. Als sich vor
kurzem eine Dalit-Frau wehrte und auf ihre Menschenrechte pochte,
wurde sie auf offener Strasse nackt vorgefuehrt und laecherlich
gemacht", berichtete Dr. Sarada Karnatakam, ebenfalls Mitglied der
LWB-Delegation. "Sogar im Namen der Religion werden Dalit-Maedchen
missbraucht, wenn sie als heilige Prostituierte in die Tempel geholt
werden. Sobald sie ihre Jungfraeulichkeit verloren haben, werden sie
an Bordelle verkauft." 

"Die Zugehoerigkeit zur *Kaste' der Dalits verlangt von uns die
Dreckarbeit in der Gesellschaft zu uebernehmen. Wir muessen Leichen
und Tierkadaver entfernen und menschliche Exkremente in Eimern und
Koerben manuell entsorgen", hoerte und las man immer wieder als
Beispiele der Erniedrigung der Dalits. 

Dies sind nur einige Stimmen der rund 250 Millionen Dalits weltweit,
von denen etwa zehn Prozent ChristInnen sind. Die meisten anderen
Dalits sind Angehoerige des Buddhismus, Hinduismus oder Islam. 

Sowohl der LWB als auch der Oekumenische Rat der Kirchen (OeRK) haben
sich auf der Konferenz in Durban fuer die Opfer des Kastensystems
stark gemacht, nicht nur fuer die grosse Mehrheit der Dalits in
Indien, sondern auch, so Peter Prove, Assistent des
LWB-Generalsekretaers im Bereich Internationale Angelegenheiten und
Menschenrechte, "fuer alle Menschen, die aufgrund ihrer Herkunft und
Beschaeftigung diskriminiert werden, wie zum Beispiel in Senegal,
Japan, Sri Lanka, Pakistan und Nepal." 

"Das Problem der Dalits ist ein Ausdruck von Rassismus,
Diskriminierung und Marginalisierung in konzentriertester Form",
betonte LWB-Generalsekretaer Dr. Ishmael Noko, der an der UN-Konferenz
in Durban teilnahm. Die indische Regierung habe zwar mit der
Einfuehrung einer demokratischen Verfassung eine Diskriminierung
aufgrund von "Unberuehrbarkeit" fuer gesetzwidrig erklaert, im
taeglichen Leben gebe es jedoch weiterhin Erniedrigung und
Benachteiligung. 

Der OeRK hatte sich des Dalit-Problems schon seit Ende der 80er Jahre
angenommen. Bewusst konzentrierte er sich dabei nicht nur auf die
christlichen Dalits, sondern bot Dalits aller Glaubensrichtungen seine
Unterstuetzung an. Der LWB schloss sich diesen Bemuehungen an. Auf der
UN-Weltkonferenz in Durban arbeiteten die beiden kirchlichen
Organisationen neben zahlreichen anderen Kirchengruppen intensiv
zusammen. OeRK sowie LWB hatten eine starke Vertretung der Dalits in
ihren Delegationen, die sich in jahrelanger Arbeit auf diese Konferenz
vorbereitet hatten. Die Aufgabe der Kirchen sei es, diesen Prozess
voranzubringen, betonte Peter Prove vom LWB. "Als Kirchen und NGOs
koennen wir eine Bruecke schlagen zwischen den direkt Betroffenen und
den internationalen Organisationen." 

"Obwohl die indische Regierung das Kastensystem nicht als ein Problem
der Rassendiskriminierung betrachtet, ist es eines der eklatantesten
Beispiele fuer Rassismus. Die indische Regierung hat zwar die
Problematik der Kastendiskriminierung zugegeben und Diskriminierung
aufgrund von *Unberuehrbarkeit' verboten. Indien weigert sich jedoch,
dieses Thema auf der Konferenz zu diskutieren, da es ein internes
Problem sei. Es werde angeblich in Indien selbst ausreichend behandelt
und erhalte die noetige Aufmerksamkeit", erklaerte Marilia Schueller,
Leiterin der OeRK-Delegation auf der UN-Konferenz in Durban.

Yesudoss Moses vom Nationalen Kirchenrat in Indien und Mitglied der
OeRK-Delegation forderte gemeinsam mit anderen Dalit-VertreterInnen
immer wieder, "Diskriminierung aufgrund von Herkunft und
Beschaeftigung zu verbieten". Auf der Streichung dieses Absatzes
bestand jedoch die indische Delegation. Die Dalits erhofften sich
damit, dass ihre Rechte deutlicher und sichtbarer als bisher auf die
internationale Tagesordnungen kommen. Somit haette groesserer Druck
auf Indien ausgeuebt werden koennen, um das Kastensystem effektiv zu
veraendern. 

Dennoch ist es den Dalits auf der UN-Konferenz in Durban gelungen, der
Welt zu zeigen, dass sich 250 Millionen Menschen nicht mehr als
Menschen dritter Klasse behandeln lassen. Sie forderten die
universalen Menschenrechte fuer sich ein und riefen die internationale
Gemeinschaft zur Verantwortung. "Keine andere unterdrueckte Gruppe auf
der Welt hat es geschafft, sich so schnell, so lautstark und so
ueberzeugend ins internationales Rampenlicht zu ruecken wie die
Dalits", betonte Bob Scott, Kommunikationsreferent der OeRK-Delegation
in Durban. "Der offizielle Text im UN-Programm ist letztendlich
zweitrangig. Jeder und jede Dalit kann jetzt sagen: Ich bin Dalit und
die Welt wird wissen, was das bedeutet. Die Unterstuetzung fuer die
Dalits ist eines der Wunder, das mit Hilfe des UN-Apparates geschehen
ist." (872 Woerter) 

(Ein Beitrag der LWI-Korrespondentin Erika von Wietersheim aus Namibia,
die im Auftrag von OeRK und LWB ueber die UN-Konferenz gegen Rassismus
in Durban berichtete.) 

* * * 

Der Lutherische Weltbund (LWB) ist eine Gemeinschaft lutherischer
Kirchen weltweit. 1947 in Lund (Schweden) gegruendet, zaehlt er
inzwischen 133 Mitgliedskirchen, denen rund 60,5 Millionen der weltweit
rund 64,3 Millionen LutheranerInnen in 73 Laendern angehoeren.

Das LWB-Sekretariat befindet sich in Genf (Schweiz). Das ermoeglicht
eine enge Zusammenarbeit mit dem Oekumenischen Rat der Kirchen (OeRK)
und anderen weltweiten christlichen Organisationen. Der LWB handelt als
Organ seiner Mitgliedskirchen in Bereichen gemeinsamen Interesses,
z.B. oekumenische Beziehungen, Theologie, humanitaere Hilfe,
Menschenrechte, Kommunikation und verschiedene Aspekte von Missions-
und Entwicklungsarbeit. 

Die LUTHERISCHE WELT-INFORMATION (LWI) wird als Informationsdienst des
Lutherischen Weltbundes (LWB) herausgegeben. Veroeffentlichtes Material
gibt, falls dies nicht besonders vermerkt ist, nicht die Haltung oder
Meinung des LWB oder seiner Arbeitseinheiten wieder. Die mit "LWI"
gekennzeichneten Beitraege koennen kostenlos mit Quellenangabe
abgedruckt werden. 

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