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KALME hat Br|cken gebaut zwischen den Blvcken


From "Frank Imhoff" <franki@elca.org>
Date Fri, 21 Sep 2001 09:26:05 -0500

25 Jahre Kommunikationsausschuss Lutherischer Minderheitskirchen in
Europa

Brenna (Polen)/Genf, 20. September 2001 (LWI) - Die kirchliche
Publizistik darf nicht dem Rotstift zum Opfer fallen. Dies forderte der
Berliner Theologe und Journalist Gerhard Thomas aus Anlass des
25-jdhrigen Bestehens des Kommunikationsausschusses Lutherischer
Minderheitskirchen in Europa (KALME). Trotz bestehender Sparzwdnge in
den Kirchen sei dies "die genau falsche Entscheidung" in einer
Mediengesellschaft, so Thomas wdhrend der KALME-Medienkonsultation und
KALME-Vollversammlung vom 14. bis 19. September in Brenna, Polen.

Er sei davon |berzeugt, betonte Thomas, dass KALME auch heute und
morgen im zusammenwachsenden Europa wichtige Aufgaben wahrnehmen kvnne.
Dies gelte z. B. im Blick darauf, "dass die Kommunikation in vielen
Kirchen und in den vkumenischen Organisationen wieder zum Stiefkind
geworden ist". Hier m|sse auch KALME seine Stimme erheben.

KALME ist ein Zusammenschluss von Medienschaffenden aus 22 europdischen
lutherischen Kirchen, die Tagung in Brenna stand unter dem Thema:
"Politische und soziale Themen in christlichen Medien". KALME war 1976
konzipiert und 1977 in G|strow, Deutschland, gegr|ndet worden. Der
Kommunikationsausschuss wurde unter anderem mit dem Ziel, im geteilten
Europa eine Br|ckenfunktion wahrzunehmen, ins Leben gerufen. Weiterhin
soll KALME Verbindungen zwischen grossen und kleinen Kirchen in Europa
ermvglichen sowie ein Begegnungsforum zwischen Medienfachleuten und
Kirchenleitungen darstellen.

An dem Treffen nahmen die Erzbischvfe bzw. Bischvfe und Kirchenleiter
der lutherischen Kirchen in Estland, Italien, Polen, Vsterreich,
Russland und Slowenien sowie Delegierte nahezu aller lutherischen
Minderheitskirchen in Europa teil.

Zur neuen KALME-Vorsitzenden wurde Bdrbel Naeve aus Italien gewdhlt, zu
ihrem Stellvertreter Pfr. Jerzy Below aus Polen. Weiterhin gehvren dem
vierkvpfigen Prdsidium Karin Denghel aus Rumdnien und Jibbo Poppen aus
den Niederlanden an. (267 Wvrter)

Im Folgenden finden Sie eine gek|rzte Fassung
              des Beitrags von Gerhard Thomas: 

25 Jahre KALME - eine Erinnerung 

Heute erscheint es wie ein Wunder, dass es 1976, vor 25 Jahren, gelang,
KALME aus der Taufe zu heben. Erinnern wir uns: Zum Status quo in
Europa gehvrte die gegenseitige Abschottung der Blvcke, gerade auch auf
dem Sektor der Kommunikation. Presse, Funk und Fernsehen wurden in
Osteuropa von Staat und Partei kontrolliert und waren Sprachrohre der
herrschenden Ideologie. In Westeuropa war das zwar strukturell anders.
Zu den westlichen Demokratien gehvrte selbstverstdndlich die Freiheit
der Presse. Dennoch waren gerade die Massenbldtter, wie z. B. in
Westdeutschland die Bild-Zeitung, weithin antikommunistischer
Propaganda verpflichtet und an fairer Berichterstattung, die Br|cken
bauen konnte zwischen Ost und West, wenig interessiert. Nat|rlich gab
es im Westen auch eine serivse Presse, die sich um faire
Berichterstattung bem|hte, vermittelt vor allem durch KollegInnen, die
in Osteuropa akkreditiert waren. Auch die regionale Kirchenpresse in
Osteuropa bem|hte sich mit ihren geringen Mvglichkeiten und im
stdndigen Kampf mit der Zensur um Br|ckenbau und Verstdndigung zwischen
Ost und West und nutzte daf|r vor allem die vkumenischen Verbindungen.

In den 70er Jahren war es auf dem vkumenischen Parkett vor allem auch
der LWB, der sich in engem Kontakt und in Absprache mit seinen
europdischen Mitgliedskirchen um die Ausweitung der
Kontaktmvglichkeiten zwischen den Blvcken bem|hte und durch eine
sensible und geduldige Politik den lutherischen Kirchen in Osteuropa
half, am Leben der internationalen vkumenischen Gemeinschaft
teilzuhaben. In diesen Kontext gehvrt die Idee, die Zusammenarbeit der
lutherischen Minderheitskirchen auf dem Sektor der Kommunikation in
Europa zu organisieren. Dass die Idee 1977 im mecklenburgischen G|strow
auf der Gr|ndungsversammlung des KALME Gestalt gewann, war wirklich wie
ein Wunder. Viele Kirchenleitungen standen dem Unternehmen skeptisch
gegen|ber. Dennoch: die meisten Kirchen in Ost- wie Westeuropa hatten
Delegierte nach G|strow geschickt, und am Ende der Tagung war der KALME
geboren mitsamt Statut, Aufgaben-Katalog, Budget-Vorstellungen und
Vorlagen f|r die LWB-Entscheidungsgremien.

Ich mvchte vor allem an die Bedeutung des KALME in der Zeit vor der
Wende in Europa erinnern. Da muss zuallererst der nicht zu
unterschdtzende persvnliche Kontakt unter KollegInnen genannt werden.
KALME bot eine grossartige Mvglichkeit, sich kennenzulernen,
miteinander im Gesprdch die eigene Arbeit |ber den blossen lokalen
Tellerrand hinaus zu erweitern. Zu solchem Austausch gehvrten auch die
Stipendienprogramme, die KALME entwickeln konnte. Hier profitierten vor
allem die osteuropdischen Kirchen. F|r KirchenjournalistInnen in
Osteuropa gab es ja kaum eine Mvglichkeit f|r journalistische
Fachausbildungen. Die meisten waren TheologInnen und machten recht und
schlecht die journalistische Arbeit, allermeist als Autodidakten.
Aufgrund des Respektes, den der LWB auch bei Regierungen in Osteuropa
genoss, gelang es dem KALME, NachwuchsjournalistInnen zu Praktika und
Weiterbildung in westeuropdische Redaktionen und Agenturen zu
vermitteln, nach Genf, nach Wien, nach Strassburg, nach Basel. Dabei
zeigte sich rasch, dass es klug war, den KALME als Organisation der
lutherischen Minderheitskirchen (wobei die DDR-Kirchen eine gewisse
Sonderrolle hatten) zu installieren, d. h. die dominanten Grosskirchen
in Westdeutschland aussen vor zu lassen. Es war politisch viel
leichter, StipendiatInnen ins neutrale Vsterreich, in die Schweiz oder
auch nach Frankreich zu entsenden.

Zu den wichtigen Aktivitdten des KALME gehvrten auch die sog.
Medienkonsultationen, bei denen es KALME gelang, VertreterInnen der
Kirchenleitungen mit kirchlichen JournalistInnen ins Gesprdch zu
bringen. Da ging es um Fragen wie: Wie unabhdngig von den
Kirchenleitungen muss oder darf kirchliche Presse sein? Wie kritisch
gegen|ber der eigenen Kirche muss die Publizistik sein? Wie politisch
muss oder darf evangelische Publizistik sein? Nach meiner Einschdtzung
hat KALME durchaus dazu beigetragen, dass Kirchenleitungen die
Publizistik als einen wichtigen, geradezu der Kirche wesenseigenen
Funktionsbereich kirchlicher Arbeit erkannten und diese Arbeit
st|tzten. 

Zuletzt will ich an die Publikation erinnern, die KALME herausgegeben
hat, den IDL, einen monatlichen Informationsdienst der lutherischen
Minderheitskirchen mit eigener Redaktion zuerst in Budapest und spdter
in Wien. Ohne die technischen Kommunikationswege von heute war es f|r
die Redaktion schwer, aktuelle Nachrichten aus den Kirchen zu bekommen.
So war der Dienst mehr ein Hintergrund-Dossier mit Portrdts der
Kirchen, mit der Dokumentation wichtiger kirchlicher Entscheidungen und
zentraler Ereignisse. Schwierig war auch der Versand. Dennoch: Der
Dienst hatte seine Bedeutung vielleicht weniger als Quelle f|r die
Kirchenzeitungen, aber desto mehr als Information f|r Endverbraucher
wie Kirchenleitungen, kirchlichen Dienststellen und PfarrerInnen.

KALME hat Br|cken gebaut zwischen den Blvcken, er hat zu gegenseitigem
Verstehen, zur gegenseitigen Achtung und auch zur \berwindung von
Abgrenzung und menschenfeindlicher Isolation viel beigetragen. Ich bin
davon |berzeugt, dass KALME auch heute und morgen im zusammenwachsenden
Europa wichtige Aufgaben wahrnehmen kann. Das gilt z. B. im Blick
darauf, dass die Kommunikation in vielen Kirchen und in den
vkumenischen Organisationen wieder zum Stiefkind geworden ist. Wo
gespart werden muss, fdllt mit anderen zuerst auch die Publizistik in
den Kirchen dem Rotstift zum Opfer. Das ist in unserer
Mediengesellschaft die genau falsche Entscheidung. Hier muss auch KALME
seine Stimme erheben. (778 Wvrter)

(Ein Beitrag von Gerhard Thomas, ehemaliges KALME-Vorstandsmitglied aus
Berlin.)

* * *

Der Lutherische Weltbund (LWB) ist eine Gemeinschaft lutherischer
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