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Wirtschaftskrise in Argentinien


From "Frank Imhoff" <FRANKI@elca.org>
Date Thu, 24 Jan 2002 09:10:21 -0600

Title:Argentinien: Lutherische Kirchen rufen zur Solidaritaet auf
Wirtschaftskrise in Argentinien:
Lutherische Kirchen rufen zur Solidaritaet auf
Die Krise in Argentinien hat Namen und Gesichter

Buenos Aires (Argentinien)/Genf, 24. Januar 2002 (LWI) -
Angesichts der schweren Wirtschaftskrise in Argentinien haben die
lutherischen Kirchen des Landes um Solidaritaet und Beistand
gebeten. In einem Schreiben an "Weggefaehrten" und Partner in
Uebersee rief der Exekutivsekretaer der Vereinigten
Evangelisch-Lutherischen Kirche (IELU), Roberto O. Stein, am 12.
Januar dazu auf, die argentinischen Kirchen in dieser Katastrophe
zu begleiten. In der gegenwaertigen Situation gehe es nicht um
"unpersoenliche Statistiken", sondern die Krise habe Namen und
Gesichter, die auch den Partnern bekannt seien, betonte Stein.

Argentinien sei in eine tiefe Rezession gestuerzt, was die
Verarmung der Mittelschicht nach sich gezogen und die Armen in
noch tiefere Armut gestuerzt habe, so Stein in seinem Schreiben.
Als Ursachen nennt der IELU-Exekutivsekretaer die Position
Argentiniens auf dem Weltmarkt und die Zusammenarbeit mit
transnationalen Gesellschaften, die gemeinsam mit Komplizen vor
Ort der Korruption Vorschub geleistet haetten.

Die gegenwaertige Situation stelle grosse Herausforderungen an die
IELU, dies gelte sowohl fuer die Kirche als Institution als auch
fuer die seelsorgerliche Arbeit. Auf Grund der Sperrung der
Bankkonten in Argentinien koenne die Kirche kurzfristig ihren
finanziellen Verpflichtungen nicht nachkommen, obwohl ihr
genuegend Mittel zur Verfuegung stuenden. Viele Kirchenmitglieder
gehoerten zu armen Familien, deren sehr niedrige Einkommen durch
die gegenwaertige Wirtschaftskrise minimiert wuerden oder ganz in
Frage stuenden. Diese soziale Dimension der Krise sei allerdings
nicht nur eine grosse Herausforderung fuer die IELU, auch die
"Wegbegleiter in den Laendern des Nordens" seien mit diesem
Problem konfrontiert, so Stein.

Auch die Leitung der Evangelischen Kirche am La Plata (IERP) rief
Anfang Januar zur "Solidaritaet inmitten der Krise und extremer
Not" auf. In einem Schreiben erklaerten IERP-Praesident Pfr. Pedro
Schaad und IERP-Generalsekretaer Juan Abelardo Schvindt am 10.
Januar, dass die kleinen, armen Gemeinden der Kirche eine "grosse
Faehigkeit" zeigten, "die Missstaende zu erdulden", ohne dabei
Gewalt anzuwenden.

In ihrem Schreiben mit dem Titel "Argentinien: Glaubensstaerkung
zum befreienden Handeln" betonen beide, dass das argentinische
Volk seit einem Jahrzehnt an einem fortschreitenden
"Vertrauensverlust" in Staat und Regierung leide. Die massiven und
spontanen Protestreaktionen und Gewaltausbrueche der letzten
Wochen seien daher "Ausdruck der Wut und der Empoerung von
Menschen, die sich dieses Spiel nicht mehr gefallen lassen
wollen." Unfaehigen und korrupten PolitikerInnen sowie
"habgierigen Konzernen und Finanzmaechten" muessten klare Grenzen
gesetzt werden, so die Kirchenleitung der IERP.

Die anhaltende schwere Wirtschaftskrise in Argentinien und massive
Proteste hatten im Dezember letzten Jahres zum Ruecktritt von
Praesident Fernando de la Rua gefuehrt. Um die fortgesetzte
Kapitalflucht zu stoppen, hatte er Anfang Dezember alle Bankkonten
in Argentinien eingefroren, was zu heftigen Protesten und
Strassenkaempfen mit zahlreichen Toten und Verletzten gefuehrt
hatte. Die argentinische Justiz hat inzwischen Untersuchungen
wegen des Verdachts massiver Kapitalflucht im Umfang von bis zu 20
Milliarden US-Dollar eingeleitet.

Das lateinamerikanische Land hat Auslandsschulden in Hoehe von
mehr als 135 Milliarden US-Dollar und musste am 23. Dezember
angesichts der Zahlungsunfaehigkeit des Landes den Schuldendienst
einstellen, fuer den monatlich rund 1,3 Milliarden US-Dollar
aufzubringen waren. Die Arbeitslosenquote in Argentinien liegt bei
ueber 18 Prozent, rund ein Drittel der Bevoelkerung lebt in Armut.

Der seit Anfang des Jahres amtierende neue Praesident Eduardo
Duhalde hatte als eine der ersten Amtshandlungen die seit zehn
Jahren gueltige Bindung der argentinischen Landeswaehrung an den
US-Dollar aufgehoben und den Peso um knapp 30 Prozent abgewertet,
um so auch die Konjunktur anzukurbeln. Weiterhin wurde der Zugriff
auf Kontoguthaben stark eingeschraenkt. Betroffen von diesen
Einschraenkungen sind vor allem die argentinische Wirtschaft, die
noch mehr unter Druck geriet, sowie die rund 14 Millionen in Armut
lebenden ArgentinierInnen, die von gering bezahlten
Gelegenheitsjobs leben.

IELU-Exekutivsekretaer Stein betonte, dass die Kirchen als
Zeuginnen Christi in einer Situation wie der in Argentinien
aufgerufen seien, alle sozialen und politischen Systeme zu
kritisieren. Die Verarmung der Menschen, das uebermaessige
Anhaeufen von Reichtum, eine uebertriebene Konsumgier, ein starkes
soziales Ungleichgewicht sowie die Zerstoerung der Umwelt stuenden
nicht im Einklang mit dem Reich Gottes.

Als Mitglieder einer "Gemeinschaft" von Kirchen, die Laender im
Norden und im Sueden vertritt, seien Arme und Reiche dazu
aufgerufen, Beziehungen einzugehen, von denen alle profitieren
koennten, betonte Stein. In der Vergangenheit seien
Partnerschaften dadurch gewachsen und gestaerkt worden, dass die
Menschen sich durch Besuche und persoenliche Kontakte
kennengelernt haetten.

Die Kirchenleitung der IERP erklaerte in ihrem Schreiben, der
Auftrag der Kirche bestehe darin, die Menschen "in ihrer Hoffnung
auf eine gerechtere und solidarische Welt zu stuetzen und
gemeinsam mit ihnen Wege zur gesellschaftlichen Veraenderung zu
suchen". Die IERP strebe an, dass die Glaubensgemeinschaften als
Orte der Zuflucht den Menschen Raum zur persoenlichen Veraenderung
bieten.

In einem Schreiben an die beiden lutherischen Kirchen in
Argentinien hatte der Lutherische Weltbund (LWB) am 21. Dezember
seine Besorgnis ueber die sich zuspitzende Situation in
Argentinien geaeussert und seine Solidaritaet sowie den Willen
bekundet, die LWB-Mitgliedskirchen in Argentinien in der
gegenwaertigen Krise zu begleiten.

Die IERP, der 47.000 Mitglieder angehoeren, gehoert seit 1991 dem
LWB an, die IELU mit rund 7.000 Mitgliedern ist seit 1951
Mitgliedskirche des LWB. (821 Woerter)

*       *       *

Der Lutherische Weltbund (LWB) ist eine Gemeinschaft lutherischer
Kirchen weltweit. 1947 in Lund (Schweden) gegruendet, zaehlt er
inzwischen 133 Mitgliedskirchen, denen rund 60,5 Millionen der
weltweit rund 64,3 Millionen LutheranerInnen in 73 Laendern
angehoeren.

Das LWB-Sekretariat befindet sich in Genf (Schweiz). Das
ermoeglicht eine enge Zusammenarbeit mit dem Oekumenischen Rat der
Kirchen (OeRK) und anderen weltweiten christlichen Organisationen.
Der LWB handelt als Organ seiner Mitgliedskirchen in Bereichen
gemeinsamen Interesses, z. B. oekumenische Beziehungen, Theologie,
humanitaere Hilfe, Menschenrechte, Kommunikation und verschiedene
Aspekte von Missions- und Entwicklungsarbeit.

Die LUTHERISCHE WELT-INFORMATION (LWI) wird als Informationsdienst
des Lutherischen Weltbundes (LWB) herausgegeben. Veroeffentlichtes
Material gibt, falls dies nicht besonders vermerkt ist, nicht die
Haltung oder Meinung des LWB oder seiner Arbeitseinheiten wieder.
Die mit "LWI" gekennzeichneten Beitraege koennen kostenlos mit
Quellenangabe abgedruckt werden.

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Deutsche Redaktion: Dirk-Michael Groetzsch
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