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Diplomat im Namen Gottes


From "Frank Imhoff" <FRANKI@elca.org>
Date Tue, 29 Jan 2002 11:37:40 -0600

Landesbischof Christian Krause geht in den Ruhestand - Ein
Portraet

Wolfenbuettel (Deutschland)/Genf, 29. Januar 2002 (LWI) -
Politisches Handeln aus christlicher Verantwortung, diese Maxime
hat ihn zeitlebens angetrieben: als junger Pfarrer in der
Fluechtlingsarbeit des Lutherischen Weltbundes (LWB) in Afrika,
als Oberkirchenrat und Oekumeneexperte bei der Vereinigten
Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD) oder als
Generalsekretaer des Deutschen Evangelischen Kirchentages. Am 31.
Januar geht Christian Krause nach knapp acht Jahren als Bischof
der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche in Braunschweig in den
Ruhestand. Doch ruhiger wird es fuer den 62-Jaehrigen nicht, denn
seiner Maxime wird er treu bleiben: als Praesident des LWB,
Aufsichtsratsvorsitzender des Evangelischen Entwicklungsdienstes
(EED) oder auch als Vorsitzender des Luther-Zentrums in
Wittenberg.

Dabei versteht Krause politisches Engagement nicht als Mittel zum
Zweck kirchlicher Oeffentlichkeitsarbeit. Nicht der glaenzenden
medialen Inszenierung gilt sein Interesse, sondern der
beharrlichen Diplomatie, die haeufig im Hintergrund stattfindet,
aber gerade deshalb oft erfolgreich Menschen hilft - sei es in der
entwicklungspolitischen Zusammenarbeit oder auch im Dialog
zwischen West- und Osteuropa. Dabei kommen ihm seine
Managerfaehigkeiten zugute, jede Diskussion mit schneller
Auffassung und einem sicheren Blick fuer Problemloesungen zu einem
konstruktiven Ergebnis zu fuehren. Gerade erst besuchte er mit dem
deutschen Bundespraesidenten Johannes Rau Suedafrika, um neue
Formen der wirtschaftlichen und zivilgesellschaftlichen
Partnerschaft mit Deutschland zu erkunden.

Reisen in ueberwiegend katholische bzw. orthodoxe Laender Mittel-
und Osteuropas haben ihm ausserdem gezeigt, wie politisch
bedeutsam vermeintlich unpolitische theologische Gespraeche sein
koennen. Die Gemeinsame Erklaerung zur Rechtfertigungslehre (GE),
jene international einzigartige Vereinbarung der
roemisch-katholischen Kirche und des LWB zur Ueberwindung
historischer Trennungen, hat seiner Beobachtung nach positive
Auswirkungen auf die Integration Gesamteuropas. Wenn religioese
und damit mentale Barrieren abgebaut werden, entsteht eine neue
europaeische Gemeinschaft. Am 31. Oktober 1999 war es Christian
Krause, der die GE gemeinsam mit anderen VertreterInnen der
lutherischen Weltgemeinschaft in Augsburg unterzeichnete.

Mit freiheitlichem Geist und einem klaren christlichen
Urteilsvermoegen beobachtet der Weltbuerger und Diplomat im Namen
Gottes die Entwicklungen der Zeit. Der 11. September 2001 stellt
auch fuer Krause eine Zaesur dar. Der einstige Stipendiat der
Fulbright-Stiftung in Chicago und Amerikakenner weiss, wie sehr
die Terroranschlaege von New York und Washington die amerikanische
Nation erschuettert haben. Gerade deshalb setzt er sich fuer einen
neuen europaeisch-amerikanischen Dialog ein, der nicht zuletzt die
kulturellen Erfahrungen Europas und dessen Austausch mit dem Islam
beruecksichtigt.

Doch so sehr Krause auch auf internationalem Parkett zu Hause ist,
das Braunschweiger Land wurde seine Heimat. Hier bleibt er wohnen,
und hier war er auch mit den Herausforderungen einer schwindenden
Volkskirche konfrontiert, die um Reformen nicht herumkommt. Neue
Formen des missionarischen Engagements, neue Orte fuer spirituelle
Erfahrungen, neuer Mut zu sozialethischer Mitsprache, neue
Bereitschaft fuer die alternative Nutzung von Kirchen: seine Ziele
waren Ausdruck einer ungebrochenen Freude am Gestalten und einer
ausgepraegten Sensibilitaet fuer die Zeichen der Zeit.

Sie zu verfolgen, war indessen nicht immer ganz leicht; das gibt
Krause unumwunden zu. Denn der Protestantismus zeichnet sich auch
im Braunschweiger Land durch zahlreiche heterogene Kraefte und
unterschiedliche Verantwortungsebenen aus. Und bisweilen gewinnt
auch in der Kirche das Allzumenschliche die Oberhand. Da gehoeren
Reibungsverluste zum Alltag, bis hin zur persoenlichen,
menschlichen Enttaeuschung. Und doch bezeichnet gerade diese
Lebendigkeit und breite Mitwirkung den Charme des Protestantismus.
Das weiss der ehemalige Generalsekretaer der Laienbewegung
Kirchentag nur allzu gut. Schliesslich ist auch vieles gelungen:
die Konsolidierung der landeskirchlichen Einrichtungen auf dem
"Kirchencampus" in Wolfenbuettel, die Erhoehung des Anteils von
Frauen in kirchlichen Leitungsaemtern oder die staerkere
Mitwirkung der braunschweigischen Landeskirche am oeffentlichen
Gespraech ueber zentrale Fragen von Politik, Gesellschaft und
Wirtschaft.

Dass Krause mit 62 Jahren aus dem Bischofsamt ausscheidet,
verleiht ihm die Moeglichkeit, Aufgaben fortzufuehren, die sein
Werdegang nahe legt und denen sein Charisma in besonderer Weise
dient. Nicht zuletzt die Frage nach dem lutherischen Profil wird
ihn in vielerlei Weise beschaeftigen. Davon koennten die
evangelischen Kirchen in Deutschland profitieren, stellt ihre
Gemeinschaft der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD)
weltweit doch einen Sonderfall dar, der ausserhalb Deutschlands
nur schwer zu vermitteln ist. Denn die EKD vereinigt 24
bekenntnisverschiedene Kirchen; weltweit aber praegen
Bekenntniskirchen und deren Weltgemeinschaften das oekumenische
Geschehen.

Wenn man Christian Krause indessen selber fragt, was ihm das
Wichtigste sei, wird er vermutlich sagen: dass die Kirche ganz und
gar bei ihrer Sache ist, der Verkuendigung der biblischen
Botschaft von der Liebe Gottes zu allen Menschen. Wer ihn predigen
gehoert hat, mit innerer Bewegung und geradezu evangelistischer
Begeisterung, weiss, dass es ihm damit Ernst ist. So ist der
Diplomat und Manager eigentlich vor allem dies: ein Prediger des
Evangeliums. (734 Woerter)

(Ein Beitrag von Michael Strauss, Pressesprecher der
Evangelisch-Lutherischen Landeskirche in Braunschweig.)

*       *       *

Der Lutherische Weltbund (LWB) ist eine Gemeinschaft lutherischer
Kirchen weltweit. 1947 in Lund (Schweden) gegruendet, zaehlt er
inzwischen 133 Mitgliedskirchen, denen rund 60,5 Millionen der
weltweit rund 64,3 Millionen LutheranerInnen in 73 Laendern
angehoeren.

Das LWB-Sekretariat befindet sich in Genf (Schweiz). Das
ermoeglicht eine enge Zusammenarbeit mit dem Oekumenischen Rat der
Kirchen (OeRK) und anderen weltweiten christlichen Organisationen.
Der LWB handelt als Organ seiner Mitgliedskirchen in Bereichen
gemeinsamen Interesses, z. B. oekumenische Beziehungen, Theologie,
humanitaere Hilfe, Menschenrechte, Kommunikation und verschiedene
Aspekte von Missions- und Entwicklungsarbeit.

Die LUTHERISCHE WELT-INFORMATION (LWI) wird als Informationsdienst
des Lutherischen Weltbundes (LWB) herausgegeben. Veroeffentlichtes
Material gibt, falls dies nicht besonders vermerkt ist, nicht die
Haltung oder Meinung des LWB oder seiner Arbeitseinheiten wieder.
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***
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