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In Goma haben Schulen und Unterkuenfte oberste Prioritaet


From "Frank Imhoff" <FRANKI@elca.org>
Date Tue, 05 Feb 2002 08:11:44 -0600

Umsiedlung Obdachloser ist nur unter Einbeziehung der Betroffenen
moeglich

Goma (Demokratische Republik Kongo)/Genf, 05. Februar 2002 (LWI) -
"Ich moechte gern wieder zur Schule gehen", sagt die zehnjaehrige
Bibile. Sie und andere Kinder stehen auf der erkalteten Lava im
Stadtzentrum von Goma in der Demokratischen Republik Kongo. Mitte
Januar war der Vulkan Nyiragongo ausgebrochen und der mehrere
hundert Meter breite Lavastrom hinterliess eine Spur der
Verwuestung. Zahlreiche Doerfer und weite Teile der zehn Kilometer
entfernten Provinzhauptstadt Goma wurden zerstoert. Dort wo Bibile
und die anderen Kinder stehen, hat der Lavastrom eine von der
baptistischen Kirche getragene Schule sowie andere Schulen im
Stadtzentrum unter sich begraben.

Bibile hat kein Zuhause mehr, ihr erging es wie vielen Familien,
die in der gleichen Gegend wohnten. Sie, ihre Eltern und
Geschwister wurden provisorisch im Schulgebaeude einer
Pfingstgemeinde untergebracht, das noch intakt ist. Kirchen und
Schulen der ganzen Stadt sind den Menschen zu Hilfe gekommen, die
seit dem verheerenden Vulkanausbruch obdachlos sind.

Auch die 22-jaehrige Riziki Sherina hat mit ihrer Familie
Unterkunft in einer Schule gefunden. Ihre beiden juengeren Kinder,
ein und drei Jahre alt, sind bei Verwandten untergekommen. Riziki
bewohnt mit ihrem Mann und ihrem vierjaehrigen Kind ein
Klassenzimmer. Es ist aber zu kalt fuer die beiden Kleinen,
erklaert sie. Ueber Wasser haelt Riziki sich und ihre Familie mit
dem Verkauf von Tomatensetzlingen und Fruechten, ihr Mann
absolviert zur Zeit eine Ausbildung zum Krankenpfleger. "Wenn ich
kein Geld verdiene, koennen wir nicht essen", sagt Riziki.

Als der Vulkan Nyiragongo ausbrach, war Riziki gerade in Ruanda
und erntete Tomaten, um sie auf dem Markt in Goma zu verkaufen.
Auf dem Heimweg kam ihr trotz der drohenden Lavamassen niemand
entgegen. Die Behoerden vor Ort warnten die Bevoelkerung ueber den
Rundfunk vor dem Verlassen der Haeuser. Aber als Riziki und ihre
Familie den Lavastrom auf ihr Haus zukommen sahen, flohen sie in
Panik, ohne auch nur das Geringste mitzunehmen. Zwei Tage
verbrachten sie im Freien in der Stadt Gisenyi in Ruanda jenseits
der Grenze. Dort haetten sie jedoch nichts zu essen und kaum zu
trinken bekommen.

Nach wenigen Tagen kehrten sie nach Goma zurueck. Riziki
berichtet, die Fluechtlinge haetten Gisenyi schon drei Tage nach
der Katastrophe wieder verlassen, da Soldaten sie anwiesen,
nahegelegene Fluechtlingslager aufzusuchen. "Ausserdem wurde in
Gisenyi kein kongolesisches Geld angenommen." Deshalb haetten es
die meisten vorgezogen, nach Hause zurueckzukehren.

In Goma sind Riziki und einige ihrer MitbewohnerInnen durch die
Maschen der Nothilfeverteilung gefallen und waren auf
Nachbarschaftshilfe angewiesen. "Wir haben weder Nahrungsmittel,
noch Decken oder Bettlaken bekommen", sagt Rizikis Tante,
Mwambikwa Sherina. Die aeltere Frau ist verwitwet und leidet an
Diabetes. Die dringend notwendigen Medikamente konnte sie sich
nicht leisten. Abhilfe schuf erst die norwegische kirchliche
Hilfsorganisation Norwegian Church Aid (NCA), die Mwambikwa
Sherina umgehend mit den notwendigen Medikamenten versorgte.

Wenn man Riziki und ihre Tante nach ihrer Zukunft befragt, zucken
beide Frauen mit den Schultern. Aber in einem Punkt stimmen sie
ueberein: Sie wollen Goma nicht verlassen.

Die Frage, ob sich die Menschen, die ihr Zuhause verloren haben,
freiwillig umsiedeln lassen, steht bei den Sitzungen humanitaerer
Organisationen ganz oben auf der Tagesordnung.

Die Vereinten Nationen haben vorgeschlagen, in der Naehe von Goma
zwei Lager fuer Obdachlose einzurichten. Inzwischen haben die
Behoerden in Goma angeordnet, dass auf der Lava keine festen
Haeuser errichtet werden duerfen. Vorerst sollen alle Neubauten
als Provisorien gebaut werden, um fuer spaeter die Entscheidung
offen zu lassen, ob es nicht sinnvoller ist, in der Naehe der
Stadt neue Haeuser zu errichten. Anne Masterson, Leiterin des
Ruanda-Programms der Abteilung fuer Weltdienst (AWD) des
Lutherischen Weltbundes (LWB), berichtet, dass nur gering
beschaedigte Gebaeude repariert werden sollen.

UN-MitarbeiterInnen und regionale Behoerden haben ermittelt, dass
ungefaehr 400 Klassenzimmer benoetigt werden, um wie geplant am
25. Februar den Schulunterricht wieder aufnehmen zu koennen. Der
LWB plant gemeinsam mit anderen Mitgliedern des internationalen
Netzwerkes kirchlicher Hilfsorganisationen ACT (Action of Churches
Together/Kirchen helfen gemeinsam), den Wiederaufbau der
zerstoerten oder beschaedigten Schulgebaeude zu unterstuetzen.
Neben den HelferInnen der LWB-Abteilung fuer Weltdienst (AWD) sind
unter anderen die christliche Hilfsorganisation Christian Aid
(CAID) aus Grossbritannien und die Kirche Christi im Kongo - beide
gehoeren zum ACT-Netzwerk - an den Hilfsmassnahmen beteiligt.

Das International Rescue Committee (IRC - Internationaler
Rettungsausschuss) hat Umfragen unter den obdachlos gewordenen
BewohnerInnen Gomas durchgefuehrt, um zu ermitteln, ob sie bereit
waeren, sich in Lagern westlich von Goma oder in der nahe
gelegenen Stadt Sake anzusiedeln. Fast die Haelfte der Obdachlosen
war nicht bereit, sich im ehemaligen Lager Mugunga im Westen Gomas
niederzulassen. Knapp ein Sechstel zeigte Bereitschaft, jedoch nur
unter der Bedingung, dass Fertighaeuser zur Verfuegung gestellt
oder andere unrealistische Wuensche erfuellt wuerden. 86 Prozent
verweigerten eine Ansiedlung in Sake.

Fuer LWB-Mitarbeiterin Anne Masterson ist die Frage der
Wiederansiedlung nicht leicht zu loesen. Aus ihrer Sicht kann dies
nur in enger Zusammenarbeit mit der Bevoelkerung realisiert
werden. Sie plaediert fuer eine intensive Einbeziehung der
Betroffenen. (807 Woerter)

(Dieser Beitrag basiert auf Informationen von ACT-Korrespondent
Rainer Lang.)

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