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ORK - Evangelisation und Okonomie: Eine okumenische


From "Sheila Mesa" <smm@wcc-coe.org>
Date Fri, 10 May 2002 15:54:56 +0200

Herausforderung in Bangladesch

Okumenischer Rat der Kirchen
ORK-Feature, Feat-02-01
ur Veroffentlichung frei
10. Mai 2002

Evangelisation und Okonomie: Eine okumenische Herausforderung in
Bangladesch
Sara Speicher

vgl. WCC Press Update, Up-01-02, of 12 March 2001
vgl. ORK-Pressemitteilung, PR-01-07, 8. Marz 2001

"Wir sind eine mikroskopisch kleine Minderheit", sagen die
Christen in Bangladesch haufig uber sich selbst. Das ist
verstandlich. Schliesslich stellen die Christen in dem Land,
das gut 130  Millionen Einwohner zahlt, nur 400.000, das heisst
0,3 Prozent der Gesamtbevolkerung. 88 Prozent sind Muslime, zehn
Prozent Hindus und die restlichen zwei Prozent Buddhisten,
Christen und andere.  

Die Christen in Bangladesch sind jedoch nicht nur eine winzige
Minderheit in einem muslimischen Land, sie sind auch eine
gespaltene Minderheit. Grosste Kirche ist die romisch-katholische
Kirche mit rund 200.000 bis 250.000 Mitgliedern. Die
protestantischen Kirchen haben zusammengenommen etwa  150.000
Mitglieder, die sich laut dem Nationalrat der Kirchen in
Bangladesch (NCCB) in 51 verschiedene Denominationen
aufsplittern.  

Vor dem Unabhangigkeitskrieg von 1971 gab es 13 protestantische
Denominationen in Bangladesch. Nach dem Krieg, so der
NCCB-Prasident Sudhir Adhikari, sind dann immer mehr Kirchen
entstanden, zum einen infolge der Evangelisationstatigkeit von
Kirchen und Missionsgesellschaften vorwiegend aus den USA,
Deutschland, Australien, Malaysia, Singapur und Korea und zum
anderen aufgrund der Armut und der Schwierigkeit, sich als
christliche Minderheit zu behaupten. Die Zahl der Christen hat
trotz der vielen neu hinzugekommenen Kirchen allerdings nicht
zugenommen. Aus den Statistiken geht hervor, dass der Prozentsatz
der Christen seit 1974 unverandert ist. "Wahrend die Zahl der
Denominationen um 300 Prozent zugenommen hat", so Adhikari, "ist
die christliche Gesamtbevolkerung stabil geblieben. Die neuen
Kirchen entstanden durch Abwerbung von Mitgliedern aus alteren
Kirchen wie der Sangha-Baptistenkirche von Bangladesch und der
Kirche von Bangladesch..."  

Die Auseinandersetzung mit den denominationalen Spaltungen
bedeutet fur Kirchen innerhalb wie ausserhalb Bangladesch eine
Auseinandersetzung mit harten Fragen.  

Eine Frage des Uberlebens 

Bangladesch ist eines der armsten, volkreichsten und am
wenigsten entwickelten Lander der Erde. Uberbevolkerung,
Naturkatastrophen, Korruption und Umweltzerstorung sind einige
der Grunde dafur, warum sich die Bevolkerungsmehrheit in diesem
sudostasiatischen Land weder wirtschaftlich noch sozial
entwickeln konnte.   

Kirchenmitgliedern zufolge ist die Erklarung fur das Wachstum
der Denominationen in erster Linie in der wirtschaftlichen Misere
der Bangladescher und speziell der Armut unter den Christen zu
suchen. Ihnen zufolge ist die Hilfe auslandischer Missionen
sowohl unabdingbar fur das physische Uberleben als auch
Hauptfaktor fur die Ausbreitung von separaten und mitunter
rivalisierenden Kirchen und Nichtregierungsorganisationen (NRO). 

"NRO-Mitarbeitende und fuhrende Verantwortliche der neuen
Kirchen und para-kirchlichen Organisationen verdienen die
hochsten Einkommen und sind die privilegierteste Gruppe
innerhalb der christlichen Gemeinschaft", sagt Adhikari. "Die
Eroffnung einer NRO oder einer Kirche ist das derzeit
profitabelste Geschaft. Die Leute hier andern nicht etwa ihren
Glauben, weil sie hohere theologische Studien zur Trinitats-,
Heils- oder Erlosungslehre betrieben hatten, sondern weil sie
zuerst das physische Leben retten mussen, in dem geistliche Werte
erst mit einem Minimum an gesellschaftlicher Wurde und
Anerkennung gedeihen konnen."  

Angesichts der verzweifelten Dringlichkeit des physischen
Uberlebens wird das Vorhandensein so vieler verschiedener
Kirchen von den Kirchenfuhrern nicht unbedingt als eine schlechte
Sache angesehen. Allerdings haben in Vergangenheit und Gegenwart
die Erfahrung, dass Mitgliedern von bestehenden Kirchen
"wegevangelisiert" wurden, sowie protektionistische kirchliche
Einzelinteressen zu Misstrauen, Falschinformation und mangelnder
Zusammenarbeit unter den vielen kleinen Kirchen gefuhrt, die um
ihr physisches wie geistliches Uberleben ringen mussen.  

Solches Misstrauen wird zum Beispiel okumenischen Einrichtungen
entgegengebracht. Prince Sanjay Saha von der Christlichen
Studentenbewegung sagt, dass "viele Kirchenfuhrer es nicht gerne
(sehen), wenn sich die Jugend okumenischen Gruppen anschliesst.
Sie befurchten, sie konnten einer anderen Kirche beitreten oder
ihre eigene grunden."  

Auch Albert Samadder, Generalsekretar der Kirche von Bangladesch
und Mitglied des Zentralausschusses des Okumenischen Rates der
Kirchen (ORK), ging auf die Evangelisationsfrage und auf den
Unterschied ein, der darin besteht, ob man Menschen Christus nahe
bringt oder ob man einem auslandischen Geldgeber lediglich zeigen
will, dass die eigene Kirche wachst. "Wenn man uber moralische
Kraft und Mut verfugt, warum bekehrt man dann die Leute nicht
anstatt sie anderen Kirchen zu stehlen?"  

Adhikari sagt, dass "sich zwischen den alten und den neueren
Kirchen ganz allmahlich mehr  Zusammenarbeit und gegenseitiges
Verstandnis (einstellen)", dass aber "die zunehmende Tendenz der
neueren Kirchen und para-kirchlichen Gruppen zu,
'freiberuflicher' Evangelisation fruhere zwischenkirchliche
Beziehungen gefahrdet und Misstrauen und Missverstandnisse unter
den Denominationen sat... Diese neuen, mit Hilfe auslandischer
Missionen gegrundeten Kirchen fordern nicht die Qualitat des
geistlichen Lebens, sondern bieten einer Reihe von Kirchenfuhrern
ein behagliches Leben... Der Dollar ist machtig. Er kann sogar im
Nu Kirchenfuhrer machen, indem er eine neue Kirche eroffnet."  

Verstandnis fur die Okumene wecken

ORK-Generalsekretar Dr. Konrad  Raiser stattete Bangladesch im
Marz 2001 einen Besuch ab und rief die Kirchen auf, Misstrauen
und Rivalitaten zu uberwinden und verstarkt nach Moglichkeiten
der Zusammenarbeit zu suchen. Die Mitglieder des
NCCB-Exekutivausschusses meinen, dass die Kirchenmitglieder vorab
verstehen mussen, was "okumenische Zusammenarbeit" bedeutet.  

"Wir haben Schwierigkeiten mit der Zusammenarbeit", gibt
Adhikari zu. "Der NCCB bemuht sich, die Botschaft zu verbreiten,
dass wir uns nicht in die internen Angelegenheiten des anderen
einmischen wollen, aber nur wenige wollen uberhaupt Kontakte. Wie
konnen wir statt Monologen einen Dialog mit den Kirchen fuhren?" 

Von den vielen protestantischen Denominationen sind nur sechs
Vollmitglied im NCCB. Letzterer wurde bereits 1949 gegrundet und
hiess damals Christenrat von Ostpakistan, bevor er nach der
Unabhangigkeit 1972 umbenannt wurde. Zu den Vollmitgliedern
des Rates gehoren die Sangha-Baptistenkirche von Bangladesch, die
Christliche Kirche von Bogra, die Kirche Christi in Bangladesch,
die Kirche Gottes (Isharer Mondoli), die Presbyterianische Kirche
von Bangladesch, die Vereinigte Kirche von Bangladesch und die
Evangelisch-Baptistische Gemeinschaft in Bangladesch. Weitere
sechs Kirchen bzw. Gemeinschaften sind angeschlossene Mitglieder:
die Christliche medizinische Vereinigung von Bangladesch, der
Trust der Methodistischen Kirche von Bangladesch, die Christliche
Entwicklungkommission in Bangladesch, die Bibelgesellschaft von
Bangladesch, das Gemeinschaftsorientierte Gesundheitsprojekt
sowie die Dishary-Stiftung.  

Seit Raisers Besuch hat sich die Kirche Christi dem NCCB als
Vollmitglied angeschlossen und zwei oder drei weitere Kirchen
erwagen eine Vollmitgliedschaft. ORK-Asienreferent Mathews
George Chunakara hat sich intensiv darum bemuht, die okumenische
Zusammenarbeit auf nationaler und regionaler Ebene zu
erleichtern. Des Weiteren finden Gesprache uber eine Beendigung
der Trennung der Kirche von Bangladesch und des NCCB statt.  

"Okumenische Zusammenarbeit und Gemeinschaft in Bangladesch wird
nicht von dogmatischen oder theologischen Fragen behindert", sagt
Chunakara. "Eher haben die Streitigkeiten und
Personlichkeitszwiste einiger Kirchenfuhrer im Land der
jungeren Generation Moglichkeiten verbaut, in der bestehenden
Minderheitssituation wenigstens in einem okumenischen Klima
aufzuwachsen. Die Mehrheit der Kirchenfuhrer und der jungen
Christen befurwortet allerdings eine Starkung der okumenischen
Bewegung. In jungerer Zeit hat es auch positive Zeichen im
Zusammenhang mit kirchlicher Einheit und okumenischer
Zusammenarbeit gegeben, und der ORK fordert Initiativen, die in
diese Richtung gehen."  

Da eine Kirche mindestens 25.000 Mitglieder nachweisen muss, um
Vollmitglied im ORK zu werden, ist dort bisher nur die
Sangha-Baptistenkirche von Bangladesch (BBCS), die uber 33.000
Mitglieder verfugt, vertreten.  Die Kirche von Bangladesch, die
nur 15.000 Mitglieder zahlt, ist angeschlossenes Mitglied.  

Viele Kirchenfuhrer vertrauen darauf, dass der ORK ihnen bei der
Uberwindung ihrer Spaltungen mit Rat und Tat zur Seite stehen
wird. "Die kirchlichen Gremien in Bangladesch betrachten den ORK
als ein Symbol der Einheit in Christus", berichtet Adhikari.
Daruber hinaus hilft ihnen diese Verbindung zu einer
weltweiten Gemeinschaft von Kirchen, eine bessere Perspektive
ihrer eigenen Situation zu gewinnen: "Wir mussen von anderen
Landern lernen und erfahren, wie sie die Kirchenspaltungen
uberwunden haben." Einige Kirchenfuhrer sehen auch ein, dass
"wir zu klein (sind), um nicht zusammenzuarbeiten".  

Am 27. Januar fand wahrend eines Besuchs von Mitgliedern des
ORK-Mitarbeiterstabs zum ersten Mal nach uber zehn Jahren
wieder ein okumenischer Gottesdienst mit Abendmahl statt.
Gastgeber war der NCCB, und die Kirche von Bangladesch war mit
daran beteiligt. Der Gottesdienst stiess auf ein so positives
Echo, dass viele fragten: *Warum machen wir das nicht ofter?" 
Dies ist vielleicht nur ein kleiner, aber entscheidender 
Schritt, um das Leben in Christus gemeinsam zu feiern.  

Sara Speicher ist Kommunikationsreferentin im ORK-Team fur
Information und Offentlichkeitsarbeit. Sie besuchte Bangladesch
im Januar 2002 im Rahmen einer Tagung des Netzes weltweiter
KommunikatorInnen und traf mit Vertretern und Vertreterinnen aus
den Kirchen und okumenischen Einrichtungen des Landes zusammen.  

Fotos zu diesen Features finden Sie auf unserer Webseite:
http://www.photooikoumene.org/countries/bangladesh/index.html 

Weitere Informationen erhalten Sie vom Buro der
ORK-Medienbeauftragten,      
Tel.:  (+41.22) 791.61.53 

**********
Der Okumenische Rat der Kirchen (ORK) ist eine Gemeinschaft von
342 Kirchen in uber 100 Landern auf allen Kontinenten und aus
praktisch allen christlichen Traditionen. Die romisch-katholische
Kirche ist keine Mitgliedskirche, arbeitet aber mit dem ORK
zusammen. Oberstes Leitungsorgan ist die Vollversammlung, die
ungefahr alle sieben Jahre zusammentritt. Der ORK wurde 1948 in
Amsterdam (Niederlande) offiziell gegrundet. An der Spitze der
Mitarbeiterschaft steht Generalsekretar Konrad Raiser von der
Evangelischen Kirche in Deutschland.

Okumenischer Rat der Kirchen
ORK-Medienbeauftragte 
Tel: (41 22) 791 6153 / 791 6421
Fax: (41 22) 798 1346
E-Mail: ka@wcc-coe.org 
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