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Weg aus der Armut - Kinderhort in Talcahuano


From "Frank Imhoff" <franki@elca.org>
Date Fri, 31 May 2002 13:23:44 -0500

Lutherische Gemeinden in Chile versuchen, Werte zu vermitteln 

Santiago de Chile (Chile)/Genf, 30. Mai 2002 (LWI) - In einer der
Holzhuetten wohnt der zehnjaehrige Enrique. Mit seiner Grossmutter,
einem Onkel und zwei Cousins teilt er sich zwei Raeume. Vater und
Mutter kennt er nicht.

So schlicht wie Enriques Huette sehen alle Haeuser aus im
Stadtviertel Emergencia, das zu Talcahuano gehoert, einer
Hafenstadt 600 Kilometer suedlich der chilenischen Hauptstadt
Santiago.

Nachmittags geht Enrique in die Schule. Den Vormittag verbringt er
im Kinderhort, ein paar Haeuser weiter, trifft dort die anderen
Kinder des Viertels.

Es ist Montag, der Tag, an dem Pfarrer Oscar Sanhueza vorbeikommt.
Die lutherische Gemeinde betreibt den Kinderhort seit eineinhalb
Jahren. Etwa zwanzig Kinder versammeln sich zu einer Andacht. Der
Pfarrer spielt Gitarre, die Kinder singen dazu: "Alleluja".

Dann geht es um die Bibelstelle "Ich bin der Weg und die Wahrheit
und das Leben". Sanhueza verteilt an alle Kinder Papier und Stift.
Einen Fuss sollen sie darauf stellen, den Umriss zeichnen und ihren
Namen darauf schreiben. Fuer einige keine leichte Aufgabe. Edison
etwa ist schon acht und kann noch nicht seinen Namen schreiben.
"Wir koennen den Kindern Werte vermitteln, in einer Umwelt, in der
sie nur Antiwerte kennen, Drogen und Gewalt", sagt Pfarrer Oscar
Sanhueza.

Nicht nur an geistigen Werten fehlt es hier. Zwei Erzieherinnen
helfen den Kindern bei den Hausaufgaben und erteilen Nachhilfe.
Eine Kuechenhilfe bereitet das Essen zu. Damit die Kinder
wenigstens aus dem Kinderhort mit vollem Magen weggehen, bekommen
sie Fruehstueck und Mittagessen, gespendet vom Betriebsrat einer
nahegelegenen Erdoelraffinerie.

Auch die Stadt Talcahuano leistet ihren Beitrag fuer das Projekt.
Sie bezahlt fuer eine Erzieherin und die Kuechenhilfe einen
geringen Lohn, umgerechnet 80 Euro im Monat. Zum Vergleich: Der
gesetzliche Mindestlohn in Chile betraegt das Doppelte. Die zweite
Erzieherin arbeitet ehrenamtlich.

Nicht nur fuer die Kinder, auch fuer die erwachsenen EinwohnerInnen
des Stadtviertels Emergencia engagiert sich die lutherische
Gemeinde. Ihnen will Oscar Sanhueza klarmachen, dass Armut nicht
bedeutet, keine Rechte zu haben. "Das Recht gilt in Chile als etwas
Geheimnisvolles, das den Menschen verborgen bleibt. Die meisten
glauben, um ihr Recht durchsetzen koennen, braeuchten sie unbedingt
einen Anwalt, den sie aber nicht bezahlen koennen", beklagt der
Pfarrer.

Um die EinwohnerInnen besser zu informieren, arbeitet die
lutherische Gemeinde mit JurastudentInnen der Universitaet in der
Nachbarstadt Concepcisn zusammen. Sie kommen regelmaessig nach
Emergencia, um die BewohnerInnen zu beraten. Sie sagen
alleinerziehenden Muettern, wie sie vor Gericht vom Vater der
Kinder Unterhalt einklagen koennen. Oder wie ein Familienmitglied,
das im Gefaengnis ist, Freiheit auf Bewaehrung erreichen kann.

Die Andacht von Pfarrer Sanhueza geht allmaehlich zu Ende. Am
Fenster lehnt ein kleines Holzkreuz. Eines nach dem anderen legt
jedes Kind sein Blatt mit dem Fussabdruck auf den Teppich, der zum
Kreuz fuehrt. Stueck fuer Stueck entsteht so der Weg, von dem die
Bibel spricht - vielleicht ein Weg zu einem besseren Leben. (479
Woerter)

(Ein Beitrag von LWI-Korrespondentin Alexandra Jaenicke, die
gegenwaertig in der Oeffentlichkeitsarbeit der
Evangelisch-Lutherischen Kirche in Chile in Argentinien
mitarbeitet.)

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