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Chile: "Mit langsamen, aber sicheren Schritten kommen wir voran"


From "Frank Imhoff" <FRANKI@elca.org>
Date Mon, 17 Jun 2002 08:56:03 -0500

An einem Junisonntag gestalten Lutheranerinnen in ganz Chile den
Gottesdienst

Coronel (Chile)/Genf, 17. Juni 2002 (LWI) - Sie wirft einen
letzten Blick auf den Text der Liturgie, die sie vorbereitet hat.
Dann geht Carina Meza etwas nervoes in die Kirche. Hier, in einer
lutherischen Gemeinde in der kleinen chilenischen Stadt Coronel,
haelt Carina an diesem Sonntag den Gottesdienst. Sie ist keine
Pfarrerin, keine Theologin. "Ich bin einfach nur eine Frau mit der
Liebe zu Gott", sagt sie. Carina Meza ist Praesidentin einer
Institution, die fuer die Evangelisch-Lutherische Kirche in Chile
(IELCH) die pastorale Arbeit mit Frauen koordiniert.

Diese Institution hatte angeregt, dass am Sonntag, 9. Juni, in
allen chilenischen Staedten, in denen die Kirche Gemeinden hat,
Frauen den Gottesdienst halten - in Santiago und Coronel, in
Osorno und Punta Arenas. "Fuer uns war es wichtig, diesen Raum
fuer uns zu gewinnen. Schliesslich sind die Mehrzahl aller
Mitglieder der evangelisch-lutherischen Kirche Frauen", sagt
Carina Meza.

"Ich glaube an Gott, der Frau und Mann nach seinem Bilde
geschaffen hat", so begann das Credo an diesem Sonntag. Dass
Frauen, dass Laien den gesamten Gottesdienst halten, ist Teil
eines umfangreichen Veraenderungsprozesses, in dem sich die Kirche
zur Zeit befindet. Ein Ziel des sogenannten Projekts "Metanoia"
(Wandel) ist es, verstaerkt Laien an der Kirchenarbeit zu
beteiligen.

Allerdings war es fuer Carina Meza nicht einfach, den Pfarrer
ihrer Gemeinde dazu zu bewegen, fuer einen Sonntag ganz auf seine
Rolle im Gottesdienst zu verzichten. Wenigstens das Abendmahl
wollte er spenden. Aber Carina konnte sich letzten Endes
durchsetzten, sie und ihre Mitarbeiterinnen teilten auch das
Abendmahl aus. Die Koordinatorin fuehlt sich manchmal von der
Kirchenhierarchie allein gelassen. "Es ist sehr schmerzlich zu
sehen, dass nur wenige Pastoren unsere Arbeit unterstuetzen, nicht
nur mit Worten, sondern auch mit Taten", bedauert Carina Meza.
Aber sie bleibt vorsichtig optimistisch. "Mit langsamen, aber
sicheren Schritten kommen wir voran."

Der Gottesdienst der Frauen bildete den Hoehepunkt der Arbeit mit
Frauen innerhalb der IELCH, die kontinuierlich aber meist weniger
oeffentlichkeitswirksam ablaeuft. In jeder Gemeinde gibt es eine
Frauengruppe, die sich regelmaessig trifft. Meist waehlt der
Pfarrer oder die Pfarrerin eine Bibelstelle aus und stellt sie zur
Diskussion. Die Reflexion darueber ist zugleich Anlass, sich ueber
eigene Erfahrungen und Probleme zu auszutauschen.

Da erzaehlt eine allein erziehende Mutter von zwei Kindern, ihr
Arbeitgeber habe sie entlassen, weil sie wegen der Kinder nicht
frueh genug im Unternehmen ankomme. Eine Rentnerin beklagt, sie
muesse um jeden Peso kaempfen, weil die Pensionskasse nicht
auszahle, was ihr zustehe. Das groesste Problem fuer chilenische
Frauen, das weiss auch Carina Meza, sind finanzielle Sorgen. "Es
geht uns in diesem Land in vieler Hinsicht schlecht. Die
wirtschaftliche Lage ist nicht gut. Und da die Frauen fuer den
Haushalt zustaendig sind, spueren sie das besonders."

Gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten haelt Carina Meza es
fuer wichtig, den Frauen geistliche Werte zu vermitteln. "Wir
wollen das Herz der Frauen anruehren. Sie sollen spueren, dass
Gott mit ihnen ist." Den Frauen neue Werte und neuen Lebensmut zu
vermitteln, ist ausserdem - davon ist die Koordinatorin ueberzeugt
- die beste Art, die ganze Familie zu erreichen.

Unter den PfarrerInnen der Evangelisch-Lutherischen Kirche in
Chile, die seit 1955 zum Lutherischen Weltbund (LWB) gehoert, sind
Frauen noch in der Minderheit. Drei Pfarrerinnen und acht Pfarrer
betreuen die rund 3.000 Mitglieder in zehn Gemeinden. (552
Woerter)

(Ein Beitrag von LWI-Korrespondentin Alexandra Jaenicke, die
gegenwaertig in der Oeffentlichkeitsarbeit der
Evangelisch-Lutherischen Kirche in Chile mitarbeitet.)

*       *       *

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