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Afrika: Leidenschaftlicher Kampf um Herzen und Seelen


From "Frank Imhoff" <FRANKI@elca.org>
Date Tue, 06 Aug 2002 08:50:13 -0500

LWB-Konsultation ueber Erneuerungsbewegungen in lutherischen
Kirchen

Moshi (Tansania)/Genf, 6. August 2002 (LWI) - Einige reagierten
erstaunt, als der tansanische Bischof Dr. Erasto Kweka
feststellte, dass Afrika auch nach einem Jahrhundert christlicher
Evangelisation und nach Jahrzehnten politischer Selbstaendigkeit
nach wie vor "ein Schlachtfeld fuer alle moeglichen Ideologien,
Glaubensrichtungen und Experimente" sei. Und dass der Kampf um
Herzen und Seelen der Kampf sei, der am leidenschaftlichsten
gefuehrt werde.

Fuer andere hingegen beschrieb Kweka, Bischof der Noerdlichen
Dioezese der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Tansania (ELKT),
lediglich die Wirklichkeit auf dem aermsten Kontinent der Welt.
Der Kampf um afrikanische Herzen und Seelen erringe schnelle
Erfolge auf dem Schlachtfeld der Armut, der Krankheit und der
Unwissenheit - jenen Zutaten "der Verwirrung, die den Kontinent
befallen und mit zahllosen, wie Pilze aus dem Boden schiessenden
Denominationen und Kulten ueberzogen hat", berichtete er den
TeilnehmerInnen der Konsultation des Lutherischen Weltbundes (LWB)
ueber Erneuerungsbewegungen in lutherischen Kirchen im Norden und
im Sueden, die vom 9.-12. Juni in Moshi (Tansania) stattfand.

Kweka wies auch darauf hin, dass die ELKT in den letzten 40 Jahren
von der Erneuerungsbewegung profitiert habe. "1963 gab es nur
500.000 LutheranerInnen in diesem Land. Heute sind es fast 3
Millionen", berichtete er den 40 TeilnehmerInnen - TheologInnen,
LaiInnen, KirchenleiterInnen und anderen leitenden kirchlichen
MitarbeiterInnen - aus 20 Laendern weltweit.

Anfang der 60er Jahre seien die meisten lutherischen PredigerInnen
in Tansania der Erneuerungsbewegung mit Misstrauen begegnet. Die
Ankunft "unerfahrener PredigerInnen und christlicher LehrerInnen
und ihre einfachen, aber sehr populaeren *Heilsrezepte'" habe die
ELKT vor die Herausforderung gestellt, ihren Mitgliedern
Orientierungshilfe in den Bereichen zu geben, in denen die neuen
Bewegungen "eine Monopolstellung beanspruchten", so Kweka. Zu
diesen Bereichen gehoerten Taufe, Salbung, Glaubensheilungen,
Zungenrede und andere "Gaben des Heiligen Geistes".

Heute organisiert die ELKT Versammlungen unter freiem Himmel,
Bibelarbeiten, Gebetsveranstaltungen in Gemeinschaften und
Kampagnen, in denen MitarbeiterInnen und Freiwillige von Haustuer
zu Haustuer gehen. Sonntags sind die Kirchen und Gebetshaeuser bei
allen Gottesdiensten voll besetzt.

Der Direktor der LWB-Abteilung fuer Mission und Entwicklung (AME),
Pfr. Dr. Peri Rasolondraibe, der als Koordinator die Konsultation
leitete, betonte, dass die lutherische Kirche ein Kind der
Reformation sei und dass Reform und Erneuerung somit integraler
Bestandteil ihres Lebens seien. "Wir werden unsere Erfahrungen
weltweit miteinander teilen und die Erneuerungsbewegung vor dem
Hintergrund unseres traditionellen Luthertums untersuchen. Ebenso
werden wir die Herausforderungen, vor die die Pfingstkirchen uns
stellen, vor dem Hintergrund der historischen Kirchen pruefen",
bemerkte er.

Abgesehen von der Erneuerungsbewegung wird Afrika vom
Traditionalismus vor allem als "Ikone" dargestellt. Der ehemalige
Bischof der Zentraldioezese der Evangelisch-Lutherischen Kirche im
Suedlichen Afrika, Dr. Manas Buthelezi, unternahm den Versuch
einer Unterscheidung zwischen Traditionalismus und Erneuerung,
indem er die Gaben des Heiligen Geistes in vier Kategorien
unterteilte: Verkuendigung (Prophetie, Lehre, Worte des Wissens
und der Weisheit), Dienst (Leitungsaufgaben, Dienste der
Barmherzigkeit und des Zoelibats), besondere Kraefte
(Glaubensheilungen, Exorzismus und Wunder) und Gebet (Beten im
Geist und Auslegung). Zum Verstaendnis von Heilung erklaerte
Buthelezi: "Bei der Heilung kommt es zum Zusammenwirken von
Medikamenten, AerztInnen und Gott; aber letzten Endes ist es Gott,
der den Menschen tatsaechlich heilt."

Im Vorfeld der Konsultation besuchten vier TeilnehmerInnen aus
Indien, Ungarn, Frankreich und Deutschland einen Gottesdienst in
Rau (Tansania), einer nahe gelegenen lutherischen Gemeinde auf dem
Land. Von den 400 Mitgliedern dieser Gemeinde nehmen jeden Sonntag
dank intensiver Gemeindearbeit und Betreuung der Gemeindeglieder
durch sogenannte "peers" mindestens 70 Prozent am Gottesdienst
teil. Die Gemeindemitglieder hoerten mit Erstaunen, dass die Zahl
der KirchenbesucherInnen in den Laendern des Nordens insgesamt
erheblich niedriger sei. Eine Erfahrung, die die Konsultation
vermittelte ist, dass die Kirchen in Afrika einen ungeheuren
Schatz an geistlichen Gaben haben, aus dem alle schoepfen koennen.

Die ELKT hat 2,5 Millionen Mitglieder und 20 Dioezesen. Leitender
Bischof ist Dr. Samson Mushemba, Seit 1964 ist die ELKT
Mitgliedskirche des LWB. (623 Woerter)

(Beitrag von Seth Kitange, Generalsekretaer der Noerdlichen
Dioezese der ELKT)

Die Konsultation hat folgende Botschaft veroeffentlicht:

Botschaft der Konsultation ueber Erneuerungsbewegungen in
lutherischen Kirchen in Nord und Sued
Moshi, Tansania, 9.-12. Juni 2002

Liebe Schwestern und Brueder in Christus,

von den Berghaengen des majestaetischen Kilimandscharo im
noerdlichen Tansania gruessen wir Euch im Namen unseres Herrn
Jesus Christus mit den Worten des Heiligen Paulus:

"...lasst euch vom Geist erfuellen. Ermuntert einander mit Psalmen
und Lobgesaengen und geistlichen Liedern, singt und spielt dem
Herrn in eurem Herzen und sagt Dank Gott, dem Vater, allezeit fuer
alles, im Namen unseres Herrn Jesus Christus." (Eph 5, 18b-20)

Wir sind dem Aufruf der Konsultation des Lutherischen Weltbundes
(LWB) ueber Kirchen in Mission, die im Oktober 1998 in Nairobi
(Kenia) stattgefunden hat, gefolgt und sind aus aller Welt hier
zusammengekommen. Der LWB hatte den Auftrag, eine Konsultation
ueber Erneuerungsbewegungen in lutherischen Kirchen in Nord und
Sued zu organisieren, damit sich die Kirchen des LWB ueber die mit
der charismatischen Bewegung, der Erweckungsbewegung und
Phaenomenen wie den Megakirchen gemachten Erfahrungen austauschen
koennen.

Unsere Konsultation begann mit einem von der gastgebenden Kirche,
der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Tansania, organisierten
Gottesdienst. Wir danken unseren GastgeberInnen fuer die herzliche
Aufnahme und all die Arbeit, die sie geleistet haben, um diese
Konsultation zum Erfolg zu fuehren. In diesem Gottesdienst hoerten
wir auch die Einfuehrung zum Thema "Die Gaben des Geistes zur
Heilung der Welt". Jeder der drei darauf folgenden Tage war von
einem eigenen Thema bestimmt:

- Die Staerkung von Gemeinschaften als Aufgabe der Kirche;
- Erneuerungsbewegungen und die lutherische Tradition;
- Die Gegenwart des Geistes in der Kirche: ein trinitarischer
Ansatz.

In gemeinsamen Gottesdiensten feierten wir die Gegenwart des
Heiligen Geistes in unserer Mitte. Wir erzaehlten von unseren
Erfahrungen aus aller Welt. Wir hoerten vom schnellen und
nachhaltigen Wachstum vieler lutherischer Kirchen sowohl im Sueden
als auch im Norden, wobei einige unserer Kirchen jedoch auch
sinkende Mitgliedszahlen verzeichnen. Im Bemuehen um ganzheitliche
Mission in der Welt erfahren unsere Kirchen viele verschiedene
Formen von Erneuerung: geistliche, charismatische,
gottesdienstliche und liturgische, strukturelle Erneuerung wie
auch Erneuerung in unserem Dienst und unserer Anwaltschaft fuer
Gerechtigkeit und Umwelt. Viele Kirchen haben positive Erfahrungen
mit der Erneuerung gemacht, waehrend andere auf Schwierigkeiten
gestossen sind.

Wir sind uns bewusst, dass wir Teil eines Prozesses sind, der
weitergehen muss, und deshalb legen wir die folgenden
Erklaerungen, Anregungen und Anliegen vor:

- Wir feiern die Gegenwart und das vielfaeltige Wirken des
Heiligen Geistes in der ganzen Welt.
- Da Erneuerung ein natuerlicher und normaler Vorgang in der
Kirche ist, rufen wir alle Kirchen im LWB auf, offen zu sein fuer
fortwaehrende Reformation (ecclesia semper reformanda est) und
sich mit den Anliegen und Berichten dieser Konsultation intensiv
auseinanderzusetzen.
- Wir sehen es als notwendig an, das Priestertum aller Glaeubigen
zu bekraeftigen und die Menschen dafuer zuzuruesten, indem wir
ihnen die noetige Ausbildung, Begleitung und Unterstuetzung fuer
die verschiedenen Berufungen und Dienste geben und das ganze Volk
Gottes ermutigen, den Heiligen Geist um seine Gaben und sein Werk
der Verwandlung zu bitten, damit alle zum Dienst in der Kirche und
in der Welt befaehigt werden.
- Wir erkennen an, dass wir der Unterweisung im Blick auf Person
und Wirken des Heiligen Geistes in der theologischen Ausbildung
und in der katechetischen Arbeit unserer Kirchen mehr
Aufmerksamkeit schenken muessen, aber die Lehre vom Heiligen Geist
sollte nie auf akademische und intellektuelle Fragestellungen
reduziert werden.
- Wir bekraeftigen, dass unsere Kirchen einander brauchen und dass
wir viel voneinander lernen koennen.
- Die Bedeutung einiger Konzepte und Erfahrungen im Zusammenhang
mit der Erneuerung bedarf der weiteren Klaerung.

Wir vertrauen darauf, dass der Herr unserer Kirche uns inmitten
der vielfaeltigen Erneuerungsbewegungen in unserer Mitte auch in
Zukunft bewahren, uns in seine Obhut nehmen und uns alles geben
wird, was wir benoetigen.

Unsere Welt und ihre Menschen, Gemeinschaften und Laender brauchen
die heilende Liebe Gottes in Jesus Christus. Als missionarische
Kirchen hat Gott uns ausgesandt, die Welt zu heilen und unseren
Herrn Jesus Christus mit Worten und Taten zu verherrlichen.

Deshalb rufen wir die Kirchen auf:

- dem allmaechtigen Gott, der durch das Wort und die Sakramente
gegenwaertig ist, fuer die Gaben des Heiligen Geistes zu danken,
der in vielfaeltiger Weise in der Welt wirkt;
- fuer eine ganzheitliche Verwandlung der christlichen
Gemeinschaft zu beten, damit sie die ganze Schoepfung Gottes zu
ihrem Anliegen macht;
- zu beten, dass jedes einzelne Glied der lutherischen Familie als
Teil des Priestertums aller Glaeubigen aus den Gaben des Heiligen
Geistes Mut und Kraft schoepft und sie in seinem Dienst in Kirche
und Welt einsetzt;
- dafuer zu beten, dass unsere Kirchen und anderen christlichen
Einrichtungen offen sind fuer das fortwaehrende Erneuerungswerk
des Heiligen Geistes.

Komm Heiliger Geist, erneuere deine Kirche. Und fange mit mir an!

12. Juni 2002
Moshi, Tansania

(774 Woerter)

*       *       *

Der Lutherische Weltbund (LWB) ist eine Gemeinschaft lutherischer
Kirchen weltweit. 1947 in Lund (Schweden) gegruendet, zaehlt er
inzwischen 133 Mitgliedskirchen, denen rund 60,5 Millionen der
weltweit rund 64,3 Millionen LutheranerInnen in 73 Laendern
angehoeren.

Das LWB-Sekretariat befindet sich in Genf (Schweiz). Das
ermoeglicht eine enge Zusammenarbeit mit dem Oekumenischen Rat der
Kirchen (OeRK) und anderen weltweiten christlichen Organisationen.
Der LWB handelt als Organ seiner Mitgliedskirchen in Bereichen
gemeinsamen Interesses, z. B. oekumenische Beziehungen, Theologie,
humanitaere Hilfe, Menschenrechte, Kommunikation und verschiedene
Aspekte von Missions- und Entwicklungsarbeit.

Die LUTHERISCHE WELT-INFORMATION (LWI) wird als Informationsdienst
des Lutherischen Weltbundes (LWB) herausgegeben. Veroeffentlichtes
Material gibt, falls dies nicht besonders vermerkt ist, nicht die
Haltung oder Meinung des LWB oder seiner Arbeitseinheiten wieder.
Die mit "LWI" gekennzeichneten Beitraege koennen kostenlos mit
Quellenangabe abgedruckt werden.

***
LUTHERISCHE WELT-INFORMATION
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Deutsche Redaktion: Dirk-Michael Groetzsch
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