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VRK - Glauben und Kirchenverfassung: eine 75-jdhrige Reise


From "Sheila Mesa" <smm@wcc-coe.org>
Date Thu, 22 Aug 2002 11:26:00 +0200

Vkumenischer Rat der Kirchen
VRK-Feature, Feat-02-11
zur Vervffentlichung frei
22. August 2002

Glauben und Kirchenverfassung: eine 75-jdhrige Reise

Bob Scott

"Wir leben in einer Welt, die die Orientierung verloren hat" - das hat nicht etwa George W. Bush gesagt oder der Papst und auch nicht ein Globalisierungsgegner. Die Worte stammen aus der Predigt vom 3. August 1927, als nach sechzehn Jahren vorbereitender Arbeiten die Erste Weltkonferenz f|r Glauben und Kirchenverfassung ervffnet wurde.

Bischof Charles H. Brent von der Evangelisch-Bischvflichen Kirche in den USA erkldrte, dass die Einheit unter den Kirchen nur erreicht werden kvnne, wenn sie sich mit den Fragen des  Glaubens auseinandersetzten, in denen sie nicht |bereinstimmen. Er beschwor die 400 Vertreter und Vertreterinnen aus 127 orthodoxen und anglikanischen Kirchen, Kirchen der Reformation und Freikirchen, die in Lausanne, Schweiz, zusammengekommen waren, "das Ziel der Einheit fest im Herzen zu behalten und alle Christen, welcher Bezeichnung auch immer, als geliebte Br|der zu betrachten. Nur wenn wir die Einheit praktizieren, kvnnen wir die Einheit gewinnen."

Seither ist viel |ber die Einheit diskutiert worden. Was konnte erreicht werden? Sprechen die Kirchen mit einer Stimme |ber die Fragen, die uns heute bewegen?

Eine theologische Bewegung

Die 1910 entstandene Bewegung f|r Glauben und Kirchenverfassung schloss sich 1948 mit der Bewegung f|r Praktisches Christentum zusammen, um den Vkumenischen Rat der Kirchen (VRK) zu gr|nden. Eine Reihe von |berzeugten Anhdngern der Bewegung f|r Glauben und Kirchenverfassung zeigten sich skeptisch. W|rden die wichtigen theologischen Vorhaben von Glauben und Kirchenverfassung in die neuen Strukturen des VRK hineinpassen? Sie bef|rchteten, die Theologie kvnnte zu einem blossen Instrumentarium f|r die sozialen Aufgaben der Kirchen werden - f|r das, was sie "Horizontalismus" nannten und als "den Feind" bezeichneten.

Heute sind sich die Theologen weitgehend einig, dass das Bem|hen um Einheit in kirchlichen Strukturen sowie in Fragen des Amtes, der Sakramente und der Glaubensbekenntnisse ebenso wichtig ist wie das Eintreten f|r Gerechtigkeit in einer unruhigen Welt. Eine geeinte und versvhnte Kirche wird als eine starke Herausforderung und ein |berzeugendes Vorbild f|r die zerrissene Welt gesehen. 

Die Bedeutung der Arbeit von Glauben und Kirchenverfassung erhielt grossen Zuspruch durch das Engagement der orthodoxen Familie und die Mitarbeit der rvmisch-katholischen Kirche, die der Kommission 1968 als Vollmitglied beitrat - eine Folge des Zweiten Vatikanischen Konzils. Die rvmisch-katholische Kirche ist allerdings nicht Mitglied des VRK.

Im Laufe der Jahre hat Glauben und Kirchenverfassung eine grosse Zahl von Konsultationen, Arbeitsgruppen und Studienprozessen organisiert, die sich mit den verschiedenen geschichtlichen Entwicklungen, spirituellen Erfahrungen und Auffassungen innerhalb der weltweiten christlichen Gemeinschaft beschdftigt haben. Die Arbeit ist nicht immer einfach gewesen. Schliesslich geht es um die Glaubensgrundlagen der Menschen. Manchmal gehen die Meinungen auseinander. Manchmal kommen sie sich sehr nahe, aber nicht nahe genug, um mit einer Stimme sprechen zu kvnnen.

Beitrdge zur Einheit

Die fr|here Vorsitzende der Kommission f|r Glauben und Kirchenverfassung, Mary Tanner aus Grossbritannien, ist der Meinung, dass die multilateralen Gesprdche der Kommission zur Formulierung signifikanter Glaubenserkldrungen beigetragen haben. Die bedeutendste, so Tanner, war vielleicht die Konsenserkldrung |ber Taufe, Eucharistie und Amt, die als BEM bekannt wurde. 

Die Bedeutung von BEM ist allgemein anerkannt. In einer Ansprache vor jungen Theologen und Theologinnen 1995 in Finnland erkldrte Metropolit von Pergamon John (Zizioulas), Vkumenisches Patriarchat von Konstantinopel: "Wir kvnnen nicht zur Situation von vor BEM zur|ckkehren; wir kvnnen nur dar|ber hinausgehen." F|r ihn hat BEM den Weg zu weiteren schwierigen Fragen - wie der Frage der apostolischen Sukzession und der Episkopi - geebnet, weil in der Konsenserkldrung die Taufe als Grundlage der christlichen Einheit bestdtigt wird. Tanner teilt diese Meinung: "BEM hat dazu beigetragen, dass in den bilateralen Gesprdchen (zwischen Kirchen) \bereinstimmungen erzielt werden konnten und dass Kirchen zusammengekommen sind, sowohl in der Vkumene vor Ort als auch in Unionsvorhaben.

Der verstorbene Schweizer Theologe Max Thurian hat es noch prdziser ausgedr|ckt: "Der Grad unserer \bereinstimmung im Glauben und besonders im eucharistischen Glauben ist hvher als je zuvor und scheint vielen hoch genug zu sein f|r eine gemeinsame Eucharistie."

Daraus ergibt sich die Frage, wann ein Studienprozess beendet ist, weil ein grvsstmvgliches Mass an \bereinstimmung erzielt wurde. Wer hat die Autoritdt zu sagen, dass es an der Zeit ist, die Arbeit einzustellen, weil der Prozess abgeschlossen ist? In seiner Enzyklika Ut Unum Sint fragt Papst Johannes Paul II.: "... wie lang der Weg ist, der uns noch von jenem segensreichen Tag trennt, an dem die volle Einheit im Glauben erreicht sein wird..."

Der Papst stellt Bereich heraus, die noch weiterer Studienarbeit bed|rfen, bevor ein Glaubenskonsens erreicht werden kann; diese Bereiche stimmen fast genau mit denen |berein, die die Kommission f|r Glauben und Kirchenverfassung in ihrer laufenden Arbeit behandelt. Doch Vorsicht. "Das letzte Ziel der vkumenischen Bewegung ist die Wiederherstellung der sichtbaren vollen Einheit aller Getauften", heisst es in der Enzyklika. "Im Hinblick auf dieses Ziel sind alle bisher erreichten Ergebnisse nur ein, wenn auch vielversprechendes und positives Wegst|ck." 

Das Erreichte

Als 1977 in Lausanne 50 Jahre Glauben und Kirchenverfassung gefeiert wurden, gab es allen Anlass, die Arbeit der Kommission zu w|rdigen. "Wir haben einen langen Weg hinter uns", sagte Yves Congar, ein franzvsischer Dominikaner. "Unser Ausgangspunkt war ein Zustand der gegenseitigen Nichtbeachtung und sogar des Antagonismus und des Miteinander-Ringens. Wir m|ssen die Bedeutung der einfachen Tatsache hervorheben, dass es |ber einen langen Zeitraum hinweg Konferenzen und Tagungen sowie Kontakte auf allen Ebenen gegeben hat."

Auf der j|ngsten Tagung des Plenums der Kommission f|r Glauben und Kirchenverfassung 1996 in Moshi, Tansania, wurde allerdings festgehalten, dass die Herausforderungen dieselben geblieben sind. "Die Spaltungen in unseren Kirchen verlaufen zwar entlang konfessioneller und denominationeller Trennlinien, doch ist ihre Ursache auch in politischen Optionen, ethischen Fragen und sozialen wie wirtschaftlichen Ungleichheiten zu suchen", heisst es in der Schlussbotschaft der Tagung. "Auf der Schwelle zu einem neuen Jahrtausend erfordern diese Herausforderungen einen neuen Ansatz in den Bem|hungen um die Einheit der Kirchen. Die vor uns liegenden Aufgaben kvnnen wir nur mit Realismus und in Demut angehen."

Die Kommission, die als das reprdsentativste theologische Forum der Welt bezeichnet wird, fvrdert zurzeit eine Reihe von Studien: zur Ekklesiologie, zur vkumenischen Hermeneutik, zum Wesen des Menschen und seiner Rolle in Gemeinschaft und Schvpfung sowie zu ethnischer Identitdt, nationaler Identitdt und die Suche nach Einheit. Das Konzept jeder dieser Studien ist ein Echo auf die Herausforderungen, denen sich die Weltgemeinschaft heute gegen|bersieht. Mary Tanner sagt dazu: "Jede dieser Studien trdgt auf ihre Weise dazu bei, die Ursachen der Kirchenspaltungen zu verstehen... und auch die Aspekte der sichtbaren Einheit zu begreifen." Ein Mitglied der jetzigen Kommission hat diese Studienarbeiten als "positive Globalisierung" umschrieben.

Sonntag, den 25. August 2002, werden Mitglieder des VRK-Zentralausschusses zusammen mit Lausanner Gemeinden und jetzigen wie fr|heren Mitgliedern der Kommission f|r Glauben und Kirchenverfassung in der Kathedrale von Lausanne zusammenkommen, um feierlich den 75. Jahrestag der Ersten Weltkonferenz zu begehen. Dazu bemerkt Pfr. Dr. Konrad Raiser, der Generalsekretdr des VRK: "Diese Feier gibt uns Gelegenheit, die kontinuierliche Arbeit im Bereich von Glauben und Kirchenverfassung sichtbar zu machen, die nach Meinung vieler Beobachter zu sehr hinter den Selbsterhaltungsbem|hungen des VRK verborgen geblieben ist und zuweilen |berschattet wurde von den vkumenischen Dialogen, die |berall wie Pilze aus dem Boden geschossen sind und die multilateralen Gesprdche, in denen Glauben und Kirchenverfassung so erfolgreich ist, zur Seite gedrdngt haben." 

Im R|ckblick wie auch im Blick auf die Zukunft drdngen sich uns die Worte von Bischof  Charles Brent auf: "Der Ruf zur Einheit ist wie der Lauf eines Flusses - unaufhvrlich... Wir m|ssen ohne Hast und ohne Rast vorwdrtsgehen."

Weitere Informationen unter: http://wcc-coe.org/wcc/what/faith/index-g.html 
oder erhalten Sie vom B|ro der VRK-Medienbeauftragten,  tel: +41 (0)22 791 64 21 

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Der Vkumenische Rat der Kirchen (VRK) ist eine Gemeinschaft von 342 Kirchen in |ber 100 Ldndern auf allen Kontinenten und aus praktisch allen christlichen Traditionen. Die rvmisch-katholische Kirche ist keine Mitgliedskirche, arbeitet aber mit dem VRK zusammen. Oberstes Leitungsorgan ist die Vollversammlung, die ungefdhr alle sieben Jahre zusammentritt. Der VRK wurde 1948 in Amsterdam (Niederlande) offiziell gegr|ndet. An der Spitze der Mitarbeiterschaft steht Generalsekretdr Konrad Raiser von der Evangelischen Kirche in Deutschland.

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