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Oekumene-Dialog: "Messen mit zweierlei Mass"?


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Date Tue, 27 Aug 2002 14:49:45 -0400

25. August 2002
Adventistischer Pressedienst (APD)
Christian B. Schaeffler, Chefredakteur
Fax +41-61-261 61 18
APD@stanet.ch
http://www.stanet.ch/APD
CH-4003 Basel, Schweiz

-Nach erfolgter "Umlaut"Korrektur-

Oekumenischer Dialog: "Messen mit zweierlei Mass"?

Bensheim/Deutschland./APD   "Das Papier des Deutschen 
Nationalkomitees des Lutherischen Weltbundes (DNK) 
zum Bericht ueber die bilateralen Gespraeche zwischen 
Lutheranern und Adventisten auf Weltebene laesst einen 
erschreckenden Mangel an theologischer und 
oekumenischer Sensibilitaet erkennen. Der Eindruck 
draengt sich geradezu auf, als formuliere das DNK aus 
der Position der Staerke beziehungsweise der 
theologischen Richtigkeit. Man will und braucht sich 
nicht auf gemeinsam erarbeitete Ergebnisse 
einzulassen, weil von vornherein feststehen muss, 
dass es sich bei dem Gespraechspartner um eine 
'Sondergemeinschaft' handelt, denn diese vertritt ja 
Sonderlehren." Zu dieser Schlussfolgerung kommt 
Professor Dr. Erich Geldbach, der an der Ruhr-
Universitaet Bochum Oekumenik und Konfessionskunde 
lehrt, in einem Artikel des "Materialdienstes" 3/2002 
des Konfessionskundlichen Instituts Bensheim.

In seinem Beitrag stellt Geldbach die in den Jahren 
1994 bis 1998 zwischen Vertretern des Lutherischen 
Weltbundes und der Generalkonferenz der Siebenten-
Tags-Adventisten erzielten theologischen 
Gespraechsergebnisse der Beurteilung vom 6. Dezember 
2001 durch das DNK gegenueber. Die deutschen 
Lutheraner lehnten die Aussage, dass angesichts der 
Uebereinstimmung in der Rechtfertigungslehre beide 
Kirchen "in der Verkuendigung des anderen ein wahrhaft 
biblisches Zeugnis zu hvren vermoegen" unter Hinweis 
auf angebliche adventistische Sonderlehren ab. 
Geldbach verweist darauf, dass das DNK in der 
Verkuendigung der roemisch-katholischen Lehre trotz von 
allen anderen christlichen Kirchen abweichenden 
Sonderlehren, wie Papstamt oder Mariendogmen, "ein 
wahrhaft biblisches Zeugnis" hoeren koenne. Er fragt, 
warum hier mit zweierlei Mass gemessen werde.

Beim Thema Gebote Gottes stellten die Dialogpartner 
ebenfalls eine "bemerkenswerte Uebereinstimmung" fest. 
Dass das DNK dies anders sehe und den Adventisten 
Gesetzlichkeit vorw|rfe, zeige die Unfaehigkeit, das 
Gegenueber zu verstehen. Die Feststellung der 
deutschen Lutheraner, dass die Adventisten "keine 
ausgearbeitete Ekklesiologie" haetten, ist f|r 
Geldbach "anmassend". Das DNK vermisse "eine staerkere 
kritische Selbstinfragestellung adventistischer 
Sonderpositionen im Licht des Schriftzeugnisses". 
Umgekehrt koennten Adventisten angesichts des 
Schriftzeugnisses in Bezug auf den Sabbat oder die 
Taufe das gleiche von den Lutheranern verlangen. Mit 
solchen Aufrechnungen toete man aber jeden ernsthaften 
Versuch der Verstaendigung. Die einseitige Beurteilung 
des DNK kvnne man zwar verstehen, aber auch im 
oekumenischen Miteinander mache der Ton die Musik. 
Beim Thema Eschatologie beschuldigten die deutschen 
Lutheraner ihre Kollegen vom Lutherischen Weltbund, 
die eigene Position nicht richtig dargestellt zu 
haben. "Wenn das DNK gegen den vorliegenden Text 
behauptet, eine lutherische Position waere gar nicht 
zur Sprache gekommen, dann wird man vorsichtig, ob 
Nicht-Teilnehmer der Gespraeche so weitreichende 
Vermutungen anstellen duerfen", gibt Geldbach zu 
bedenken.

Da das DNK nur "mit deutlichen Einschraenkungen" die 
Aussage nachvollziehen koenne, dass "eine weitgehende 
Uebereinstimmung in unserem Verstaendnis des 
christlichen Glauben erzielt" worden sei, entfielen 
f|r die deutschen Lutheraner auch die Voraussetzungen 
f|r die Empfehlungen am Schluss des 
Gespraechsberichts. So koenne das DNK die Adventisten 
zwar als weltweite christliche Gemeinschaft 
anerkennen, nicht jedoch, wie empfohlen, als 
Freikirche. Durch die ablehnende Haltung der 
Deutschen Lutheraner wuerden damit aber auch die an 
die Adresse der Adventisten gerichteten Empfehlungen 
hinfaellig. 

So verpuffe auch der Appell an beide Seiten: 
"Aufgrund dieses Konsens fordern wir Adventisten und 
Lutheraner nachdruecklich auf, in ihrer oeffentlichen 
Verkuendigung und ihrer theologischen Ausbildung die 
Sicht der anderen Glaubensgemeinschaft 
wahrheitsgemaess und unpolemisch darzustellen, und 
zwar in einer Weise, die dem Selbstverstaendnis der 
anderen Seite entspricht." Das DNK halte weiterhin an 
der Polemik fest, ja es muesse |ber weite Strecken die 
eigenen lutherischen Repraesentanten kritisieren, 
damit man um so leichter und am Selbstverstaendnis der 
Adventisten vorbei an herkoemmlichen 
Klischeevorstellungen festhalten koenne, kritisiert 
Geldbach. Die Ermutigung an "die Glieder unserer 
Kirchen, sich zum gemeinsamen Studium der Bibel 
zusammenzufinden", koenne daher auch kein Echo finden. 
Weitere Kontakte zwischen beiden 
Glaubensgemeinschaften halte das DNK f|r sinnvoll. Es 
sage aber nichts zu den Bereichen der Zusammenarbeit, 
die von der Dialogkommission bereits vorgeschlagen 
worden seien.

Geldbach sieht hier ein Messen mit zweierlei Mass: 
Wenn sich Lutheraner in Gespraeche mit "richtigen" 
Kirchen begeben, seien sie zu weitgehenden 
Kompromissen bereit, sie liessen sich von ihrem 
roemisch-katholischen Gespraechspartner sogar durch 
eine Fussnote in einem offiziellen Text bescheinigen, 
dass sie selbst nicht Kirche, sondern nur 
"Gemeinschaft" seien. Wenn Lutheraner aber mit 
vermeintlich "unrichtigen" Kirchen, das heisst 
"Sondergemeinschaften", in ein Gespraech eintreten, 
handelten sie aus einer Position der Staerke, und das 
Ergebnis stehe eigentlich schon vor dem Gespraech 
fest: Die Sondergemeinschaft, nicht aber das 
Luthertum, m|sse sich bewegen, wenn sie Anerkennung 
erreichen wolle. Die behauptete "Richtigkeit", das 
heisst die Vollgestalt von Kirche roemischerseits, 
stufe die Lutheraner zu einer "Gemeinschaft" 
herunter. Mit der behaupteten "Richtigkeit" in der 
Rechtfertigungslehre als Kriterium stufe sich das DNK 
dagegen herauf, so dass es das adventistische 
Gegenueber dort belassen koenne, wo es hingehoere, 
naemlich in die Ecke der Sondergemeinschaften. Die 
Empfehlung des Deutschen Nationalkomitees, den 
Gespraechsbericht nicht zu verbreiten, koenne doch nur 
besagen, dass Lutheraner bei ihrer bisherigen Meinung 
|ber die Adventisten bleiben wollten.                           
	


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