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Soziale Folgen der Krise in Argentinien sind Herausforderung


From "Frank Imhoff" <FRANKI@elca.org>
Date Mon, 14 Oct 2002 08:01:10 -0500

Soziale Folgen der Krise in Argentinien sind Herausforderung
fuer die Kirche
Kirchenpraesident Schaad: Internationaler Gerichtshof soll
Rechtmaessigkeit der argentinischen Auslandsschulden klaeren

Buenos Aires (Argentinien)/Genf, 11. Oktober 2002 (LWI) - Die
Kirche sollte nicht genauso zusammenbrechen wie der argentinische
Staat. Dafuer setzte sich Juan Pedro Schaad als Praesident der
Evangelischen Kirche am La Plata ein. Haeufig bezog er in der
Oeffentlichkeit Stellung zur Krise seines Landes, die im Dezember
2001 mit dem Kollaps von Wirtschaft und Politik, mit
Demonstrationen und Polizeigewalt ihren vorlaeufigen Hoehepunkt
erreichte. "Es schien mir besonders wichtig, die neuen Vorgaenge
zu verstehen, die uns als Gesellschaft und als Kirche das Leben
schwer machen", sagte Schaad im Gespraech mit der Lutherischen
Welt-Information (LWI) in der argentinischen Hauptstadt Buenos
Aires.

Die Kirche stehe vor der Herausforderung, wie sie den sozialen
Folgen der Krise begegnen soll. "Wie leisten Pfarrerinnen und
Pfarrer am besten Menschen, die ihre Arbeit oder - auf dem Land -
ihre Felder verloren haben, oder aber Jugendlichen, die keinen Job
finden, geistlichen Beistand?" Dies ist eine der zentralen Fragen,
die Schaad beschaeftigen. An diesem Wochenende endet die
vierjaehrige Amtszeit des 53-Jaehrigen als Praesident der
Evangelischen Kirche am La Plata. Am Sonntag, 13. Oktober, wird
die heute in Buenos Aires beginnende Synode der Kirche einen neuen
Praesidenten waehlen und ins Amt einfuehren.

Die Arbeitslosenquote von 22 Prozent ist nach Schaads Ansicht
Folge der radikalen Privatisierungspolitik der letzten zehn Jahre.
Eisenbahnen, die nationale Fluggesellschaft, Erdoel, Telefon,
Strom, Gas - alles habe der Staat an multinationale Konzerne
verkauft. "Argentinien muss seine eigenen Rohstoffe jetzt teuer
bezahlen", so Schaad.

Politische und gesellschaftliche Missstaende anzuprangern, ist
nach Schaads Meinung eine der wichtigsten Aufgaben seiner und
anderer Kirchen. Ganz persoenlich sei er der Meinung, dass nicht,
wie geplant, schon im Maerz naechsten Jahres ein neuer
Staatspraesident gewaehlt werden sollte. "Besser waere es, erst zu
diskutieren, was fuer ein Land wir eigentlich wollen. Vor allem
muessen wir diskutieren, was mit den enormen Auslandsschulden
geschehen soll, ob wir sie bezahlen wollen oder nicht", sagte
Schaad.

Die Last der 135 Milliarden US-Dollar Auslandsschulden ist eines
der Themen, die Schaad am meisten beschaeftigen. Argentinien habe
bereits mehr als das Doppelte der urspruenglichen Schulden
zurueckgezahlt, die ausstehenden Summen seien Zins und Zinseszins.
Seiner Meinung nach ist aber die internationale Finanzwelt nicht
daran interessiert, die Auslandsschulden Argentiniens und anderer
Laender abzubauen. "Die Schulden sind ein politisches Instrument,
um den Laendern eine bestimmte Handelspolitik aufzwingen zu
koennen", erklaerte Schaad. Die Laender des Nordens verhinderten
mit protektionistischen Massnahmen, dass Produkte des Suedens auf
ihre Maerkte gelangten, zwaengen aber die Laender des Suedens,
alle Handelsbeschraenkungen aufzuheben, kritisierte er. "Das
koennen sie tun, weil die Laender verschuldet sind. Deswegen
dienen die Auslandsschulden dazu, eine moderne Form der
Kolonialherrschaft aufrechtzuerhalten".

Ein Insolvenzverfahren fuer sein Land, wie es unter anderem
Deutschland vorgeschlagen habe, lehnt der Kirchenvertreter ab.
"Denn wenn sich jemand vor einem Gericht als zahlungsunfaehig
erklaert, erklaert er sich gleichzeitig als schuldig", so Schaad.
Stattdessen sprach er sich dafuer aus, dass Argentinien vor dem
Internationalen Gerichtshof in Den Haag klagt. Der koennte dann
feststellen, welcher Teil der Auslandsschulden rechtmaessig sei
und welcher nicht. Parlament und Senat haetten sich bereits dafuer
ausgesprochen, aber Klage einreichen koenne nur die Regierung. Um
diese Forderung durchzusetzen, hofft die Kirche auf Unterstuetzung
der Mitgliedskirchen des Lutherischen Weltbundes (LWB).

Die Evangelische Kirche am La Plata hat Gemeinden in Argentinien,
Uruguay und Paraguay mit insgesamt 47.000 Mitgliedern, seit 1991
ist sie Mitglied im LWB. (561 Woerter)

(Ein Beitrag von LWI-Korrespondentin Alexandra Jaenicke, die
gegenwaertig die Evangelische Kirche am La Plata in Buenos Aires
in der Oeffentlichkeitsarbeit unterstuetzt.)

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