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Argentinische Krise beruehrt die tiefsten Wurzeln unseres Glaubens


From "Frank Imhoff" <FRANKI@elca.org>
Date Tue, 15 Oct 2002 14:59:10 -0500

Evangelische Kirche am La Plata will mehr als bisher zu
politischen und sozialen Problemen Stellung nehmen

Buenos Aires (Argentinien)/Genf, 15. Oktober 2002 (LWI) - "Die
entsetzliche Krise und die Tatsache, dass wir nicht wissen, wann
und wie sie aufhoeren wird, beruehrt die tiefsten Wurzeln unseres
Glaubens", betonte der scheidende Kirchenpraesident Juan Pedro
Schaad auf der Synode der Evangelischen Kirche am La Plata (IERP),
die vom 11. bis 13. Oktober in der argentinischen Hauptstadt
Buenos Aires stattfand. Die Evangelische Kirche am La Plata hat
Gemeinden in Argentinien, Uruguay und Paraguay mit insgesamt
47.000 Mitgliedern und ist seit 1991 Mitgliedskirche des
Lutherischen Weltbundes (LWB).

Rund 200 Delegierte aus diesen Laendern, PfarrerInnen und
LaiInnen, diskutierten auf der Synode darueber, wie sich ihre
Kirche in der Krise verhalten solle. "Haben wir deutlich genug die
Ungerechtigkeiten angeprangert, mit denen unser Volk leben muss?"
fragte Schaad die Synodalen. Immer wieder kam in den Gespraechen
auf der Synode der Wunsch zum Ausdruck, dass die Kirche noch mehr
als bisher klar oeffentlich Stellung zu den politischen und
sozialen Problemen Argentiniens beziehen soll. Das ist auch die
Absicht des neuen Kirchenpraesidenten Federico Schaefer, der am
Sonntag, 13. Oktober, gewaehlt und in sein Amt eingefuehrt wurde.
"Wir wollen nicht am Rande stehen bleiben, wenn der Zug der
Geschichte vorueberfaehrt", heisst es in der Abschlusserklaerung
der Synode.

Viele Gemeindemitglieder verloren ihre Arbeit und haben kaum
Chancen, einen neuen Job zu finden. Das stellt die Kirche vor ganz
neue Herausforderungen. Seit ihrer Gruendung im 19. Jahrhundert
ist es vor allem eine Kirche fuer EinwandererInnen aus Deutschland
und der Schweiz und ihre Nachkommen. Weitgehend alle
Gemeindemitglieder gehoerten zum Mittelstand. Doch der ist von der
Krise am staerksten betroffen. Viele gleiten ab in die Armut.

Auch die Kirche selbst geriet in finanzielle Not. Als Anfang
Januar 2002 die Bindung des argentinischen Peso an den US-Dollar
aufgehoben wurde und der Peso daraufhin fast drei Viertel seines
Wertes verlor, gingen der Kirche auf diese Weise 650.000 US-Dollar
verloren. Die Gehaelter der PfarrerInnen waren ueber Nacht genauso
wenig wert wie die aller ArgentinierInnen. Die Finanzierung der
diakonischen Projekte war zunaechst nicht mehr gesichert.

Zudem ist die Kirche von Mitgliederschwund bedroht. Die Nachkommen
der deutschen EinwandererInnen haben weniger Kinder und von den
Jugendlichen, die zum KonfirmandInnenunterricht kommen, bleibt nur
ein Bruchteil danach in den Gemeinden aktiv. Deswegen besinnt sich
die Kirche auf den urspruenglichen Auftrag Christi an seine
Juenger: "Gehet hin und machet zu Juengern alle Voelker" (Matth.
28,19). Fuer die IERP bedeutet das, dass sie attraktiv sein will
fuer die gesamte argentinische Gesellschaft, unabhaengig von
Herkunft oder Einkommen.

In einem Dokument zur Zukunft der Kirche heisst es: "Gott
beauftragt uns, allen Bruedern und Schwestern dieses Kontinents
das Evangelium aus protestantischer Perspektive anzubieten, das
bedeutet, ein alternatives Modell mit Werten wie Gemeinschaft,
Freiheit und Demokratie." Oder, wie es Sabino Ayala, Pfarrer in
einem wohlhabenden Stadtviertel im Norden von Buenos Aires,
ausdrueckt: "Wir koennen nicht unsere Mentalitaet eines privaten
Clubs beibehalten. Wir sind kein Club, sondern eine Kirche, wir
muessen also alle empfangen, die zu uns kommen."

Wenn es der IERP gelingen soll, sich von Grund auf zu erneuern,
sei das nur moeglich, wenn alle dazulernen, Gemeindemitglieder
genauso wie PfarrerInnen, hiess es auf der Synode. Sie stand unter
dem Motto: "Lehren fuer das Leben - Fortbildung fuer die Mission".
Die LaiInnen unter den Delegierten wuenschten sich, mehr darueber
zu lernen, was es fuer ihre eigene Identitaet in der heutigen
Gesellschaft und in einem ueberwiegend katholischen Land bedeute,
einer Kirche in der Tradition der Reformation anzugehoeren, die
LutheranerInnen und CalvinistInnen vereinigt. Auch viele
PfarrerInnen moechten sich weiterbilden, nicht nur in Theologie,
sondern auch auf Gebieten wie Psychologie und Kommunikation. Die
meisten Delegierten, ob PfarrerInnen oder LaiInnen, waren sich
darueber einig, dass in den Gemeinden in Zukunft nicht mehr
der/die PfarrerIn alles entscheiden sollte, sondern dass die
LaiInnen in allen Bereichen mitarbeiten muessen, auch im
Gottesdienst. (644 Woerter)

(Ein Beitrag von LWI-Korrespondentin Alexandra Jaenicke, die
gegenwaertig die Evangelische Kirche am La Plata in Buenos Aires
in der Oeffentlichkeitsarbeit unterstuetzt.)

*	*	*

Der Lutherische Weltbund (LWB) ist eine Gemeinschaft lutherischer
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