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Kirchen muessen offen mit der HIV/AIDS-Pandemie umgehen


From "Frank Imhoff" <FRANKI@elca.org>
Date Tue, 05 Nov 2002 15:23:37 -0600

Kirchen muessen inklusiver werden und offen mit der
HIV/AIDS-Pandemie umgehen
Pfr. Lisandro Orlov: Gott hat sich immer den Aermsten und
Ausgestossenen zugewandt

Johannesburg (Suedafrika)/Genf, 5. November 2002 (LWI) - "Gott ist
nicht demokratisch, denn er hat immer die Aermsten auserwaehlt und
sich den von Kirche, Religion und Gesellschaft Ausgestossenen
zugewandt." Mit diesem provozierenden Satz begann der lutherische
Pfarrer Lisandro Orlov aus Argentinien seinen Vortrag zum Thema
"Die Welt fordert uns heraus - HIV/AIDS" auf der Globalen
Konsultation Diakonie des Lutherischen Weltbundes (LWB), die vom
3. bis 7. November in Johannesburg (Suedafrika) stattfindet. Und
er wuensche sich eine "andere Kirche", eine Kirche die inklusiver
und offener ist. Er traeume von einer Kirche des Kreuzes, die den
Mut habe, die Wahrheit zu sagen.

Lisandro Orlov (60) ist Pfarrer der Vereinigten
Evangelisch-Lutherischen Kirche (IELU) in Argentinien und
koordiniert seit 1986 eine oekumenische und solidarische
Initiative der IELU fuer Menschen mit HIV/AIDS. Gemeinsam mit
einem Team von 14 weiteren Pfarrern und HerlferInnen besucht und
betreut er pro Jahr rund 200 Menschen mit HIV/AIDS. Er begleite
von HIV/AIDS betroffene Menschen jedoch nicht als Sterbende, so
Orlov, sondern als Menschen, die leben wollen. In Argentinien sind
rund 17.000 Menschen in Folge von HIV/AIDS erkrnkt bzw.
verstorben. UNAIDS schaetzt die Zahl der Menschen mit HIV/AIDS in
Argentinien auf rund 130.000 zum Ende des Jahres 2001. Dass er mir
seinen Thesen nicht nur provoziert, sondern in seinem Land und
international grosse Achtung erfaehrt, beweist seine Ernennung zum
offiziellen Delegierten der argentinischen Regierung fuer die
Vorbereitungskonferenz der UN-Sondertagung zum Thema HIV/AIDS im
Mai 2001 in New York (USA).

Auch bezeichne er Betroffene von HIV/AIDS nie als Opfer, sie seien
zuallererst Menschen, betonte Orlov. Der Bergiff "Opfer" werde im
Allgemeinen nur fuer Betroffene von Krebs und HIV/AIDS verwendet,
die Ursache liege darin, dass mit beidem "Bestrafung" in
moralischer Hinsicht verbunden werde. "Wir suchen auch immer nach
Gruppen, auf die wir die Schuld schieben koennen", so der Pfarrer.
In Mosambik, wo nach UNAIDS-Angaben 1,1 Millionen Menschen von
HIV/AIDS betroffen sind, werde die Schuld meist den Gastarbeitern
gegeben, die ihre Familien in der Heimat zuruecklassen, sich eine
Arbeit in Suedafrika suchen, dort wieder eine Familie gruenden und
zusaetzlich mit Prostituierten verkehren. Auf diese Weise komme es
zur Infizierung gleich einer Reihe von Personen.

Was von HIV/AIDS Betroffene aber braeuchten, sei weder
Schuldzuweisung, noch moralische oder ethische Bevormundung, so
Pfr. Orlov. Sie seien auf Respekt und Verstaendnis angewiesen, auf
Menschen, die ihnen zuhoeren und sich fuer sie interessieren. Dass
sich Kirchen um Menschen mit HIV/AIDS kuemmern, duerfe nicht an
den steigenden Zahlen der Betroffenen liegen. Jede/r Einzelne sei
Grund, sich seiner anzunehmen. In der AIDS-Pandemie sieht der
Aktivist Orlov eine grosse Chance auch fuer die Kirchen. Sie sei
viel zu aengstlich und muesse viel staerker ihre prophetische
Stimme erheben, sich fuer die Ausgegrenzten einsetzen. Offen ueber
Sexualitaet oder den Gebrauch von Kondomen zu reden, duerfe nicht
laenger ein Tabu sein. Er stelle sich die Kirchen oft als eine
Mutter vor, erklaerte Orlov, die mit offenen Armen diejenigen
empfaengt, de schutz- und hilflos sind.

Seit 1986 besucht Lisandro Orlov Menschen mit HIV/AIDS. In den
vergangenen Jahren habe er im Umgang mit Bertoffenen sehr viele
Fehler gemacht, doch er habe dabei viel gelernt und sich
grundlegend veraendert. Ihm sei heute ganz besonders wichtig,
immer wieder Fragen zu stellen, auch wenn er keine Antworten
wisse. Zu fragen macht menschlich, ist sein Motto. Moeglicherweise
koennten gemeinsam Anworten, Loesungen gefunden werden, nicht von
oben herab, von der Kanzel, sondern mitten unter den Menschen, den
Betroffenen, den Ausgegrenzten.

Dass die weltweite Gemeinschaft lutherischer Kirchen mit dem im
Januar 2002 vorgestellten LWB-Aktionsplan "Anteilnahme, Umkehr,
Zuwendung: Kirchen reagieren auf die HIV/AIDS-Pandemie" und der im
Mai diesen Jahres auf der Panafrikanischen
KirchenleiterInnenkonsultation ueber die Herausforderungen von
HIV/AIDS in Nairobi (Kenia) verabschiedeten Erklaerung "Das
Schweigen brechen" gleich zwei bedeutende Dokumente zu HIV/AIDS
erarbeitet habe, halte er fuer ausserordentlich wichtig. Diese
Erklaerungen seien ein wichtiger Schritt, muessten aber auch die
Gemeindeebene der lutherischen Kirchen erreichen. Oft stelle er
fest, dass gute Dokumente in der kirchlichen Hierarchie stecken
blieben und somit wenig bekannt seien. Hier sehe er einen grossen
und dringenden Nachholebedarf, betonte Orlov.

An der Globalen LWB-Konsultation Diakonie nehmen rund 80
VertreterInnen lutherischer Kirchen, Partnerorganisationen sowie
diakonischer Werke und Einrichtungen weltweit teil. Die
Konsultation wurde von der LWB-Abteilung fuer Weltdienst (AWD) in
Zusammenarbeit mit den LWB-Abteilungen fuer Mission und
Entwicklung (AME) sowie fuer Theologie und Studien (ATS)
organisiert. Gastgeberinnen der Tagung sind die
Evangelisch-Lutherische Kirche im Suedlichen Afrika, die
Evangelisch-Lutherische Kirche im Suedlichen Afrika (Kapkirche),
die Evangelisch-Lutherische Kirche im Suedlichen Afrika (N-T), die
Brueder-Unitaet in Suedafrika sowie die Lutherische Gemeinschaft
im SuedlichenAfrika (LUCSA). (758 Woerter)

Fuer weitere Informationen zur LWB-Konsultation Diakonie in
Johannesburg wenden Sie sich bitte an Dirk-Michael Groetzsch,
Deutscher Redakteur (LWI), Mobil: +27.(0)82.513.2982 oder
+41.78.720.8021, E-Mail: dmg@lutheranworld.org oder an das
LWB-Buero fuer Kommunikationsdienste, Postfach 2100, CH-1211 Genf
2, Schweiz, Tel:+41.22.791.6354, Fax: +41.22.791.6630, E-Mail:
info@lutheranworld.org.

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Der Lutherische Weltbund (LWB) ist eine Gemeinschaft lutherischer
Kirchen weltweit. 1947 in Lund (Schweden) gegruendet, zaehlt er
inzwischen 136 Mitgliedskirchen, denen rund 61,7 Millionen der
weltweit rund 65,4 Millionen LutheranerInnen in 76 Laendern
angehoeren.

Das LWB-Sekretariat befindet sich in Genf (Schweiz). Das
ermoeglicht eine enge Zusammenarbeit mit dem Oekumenischen Rat der
Kirchen (OeRK) und anderen weltweiten christlichen Organisationen.
Der LWB handelt als Organ seiner Mitgliedskirchen in Bereichen
gemeinsamen Interesses, z. B. oekumenische Beziehungen, Theologie,
humanitaere Hilfe, Menschenrechte, Kommunikation und verschiedene
Aspekte von Missions- und Entwicklungsarbeit.

Die LUTHERISCHE WELT-INFORMATION (LWI) wird als Informationsdienst
des Lutherischen Weltbundes (LWB) herausgegeben. Veroeffentlichtes
Material gibt, falls dies nicht besonders vermerkt ist, nicht die
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***
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