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Ich habe noch nie solch bittere Armut gesehen


From "Frank Imhoff" <FRANKI@elca.org>
Date Tue, 03 Dec 2002 09:24:32 -0600

Armut, Gewalt und HIV/AIDS - zentrale Probleme Afrikas im Fokus
der LWB-Konsultation Diakonie

Johannesburg (Suedafrika)/Genf, 2. Dezember 2002 (LWI) - "Ich habe
in meinem ganzen Leben noch nie solch bittere Armut erlebt." -
"Jetzt glaube ich, dass Frieden in Angola Wirklichkeit geworden
ist." - "Ich erfuhr von den Schwierigkeiten der KirchenleiterInnen
in traditionellen afrikanischen Gemeinschaften, in angemessener
Weise ueber sexuelle Themen zu sprechen." - Schock,
Ueberraschungen und neue Einblicke, so beschrieben die
TeilnehmerInnen des Besuchsprogramms im Vorfeld der Konferenz des
Lutherischen Weltbundes (LWB) zum Thema "Prophetische Diakonie -
Zur Heilung der Welt" Anfang November ihre Erfahrungen. Die
Diakoniekonsultation vom 3. bis 7. November in Johannesburg
(Suedafrika) beschaeftigte sich mit dem Verstaendnis von Diakonie
in ihrem nationalen und internationalen Kontext. Dabei bildeten
die drei Problembereiche Gewalt, Armut und HIV/AIDS den
Schwerpunkt.

Ein Grossteil der ueber 80 TeilnehmerInnen der Konsultation,
VertreterInnen lutherischer Kirchen und Partnerorganisationen,
besuchte LWB-Projekte und diakonische Einrichtungen in Angola,
Malawi, Mosambik, Simbabwe und Suedafrika, wobei auch hier die
Schwerpunkte auf den brennendsten sozialen Problemen Afrikas lagen
- Armut, Gewalt und HIV/AIDS. Obwohl die TeilnehmerInnen mit der
diakonischen Arbeit ihrer Kirchen bzw. Partnerorganisationen
vertraut sind, berichteten viele nach den Besuchen der
LWB-Laenderprogramme von einem grossen Erfahrungsgewinn und einer
Erweiterung ihrer Perspektive.

Entscheidend war die Begegnung mit konkreten Schicksalen, mit
Geschichten von Menschen, die die Dimension der Probleme im
suedlichen Afrika auf eine neue Erfahrungsebene stellen. So leben
beispielsweise in Suedafrika rund 21 Millionen Menschen in Armut,
bis zum Jahr 2010 werden allein in diesem Land 7 Millionen
Menschen der HIV/AIDS-Pandemie zum Opfer fallen. In Swasiland sind
mehr als 33 Prozent der Bevoelkerung von HIV/AIDS betroffen und
die Haelfte der Menschen in Simbabwe ist von einer Hungersnot
bedroht. Zahlen, die in Verbindung mit menschlichen Gesichtern
keine rein statistischen Angaben mehr sind.

Dr. Tapio Saraneva, Direktor der kirchlichen Hilfsorganisation
FinnChurchAid in Finnland, war tief beeindruckt von der
Ernsthaftigkeit, mit der die Menschen in Angola ihre eigenen
Probleme angehen. In Angola, wo mehr als 25 Jahre blutiger
Buergerkrieg wuetete, herrscht seit einigen Monaten Frieden. Nach
einem Besuch in einem Lager ehemaliger UNITA-Soldaten sagte
Saraneva: "Jetzt glaube ich, dass Frieden in Angola Wirklichkeit
geworden ist und dass die Menschen Verantwortung fuer den
Friedensprozess uebernehmen". Er hoffe, dass die angolanische
Regierung "ihr Bestes tut, um die UNITA-Soldaten in die
Gesellschaft zu integrieren. Und jetzt liegt es an uns, den
Friedensprozess zu unterstuetzen und Angola nicht von unserer
Tagesordnung zu streichen."

Der Leiter der Lutherischen Stiftung fuer Diakonie in Brasilien,
Pfr. Silvio Schneider, besuchte zwei Projekte in Mosambik. Ihn
beeindruckte, dass die Gemeinschaften versuchen, alle drei
Problembereiche - Armut, Gewalt und HIV/AIDS - anzugehen, oft mit
Hilfe des LWB. Dieser Besuch habe ihm erneut vermittelt, wie
kompliziert die Situation sei und dass die Kirchen nicht ueber den
Problemen stehen duerfen.

Naomi Hansen aus Malaysia, die ein Landwirtschaftsprojekt in
Simbabwe besuchte, berichtete von den aeusserst aermlichen
Lebensbedingungen der Menschen, die auf einer Farm arbeiten und
leben. Das Schlimmste sei jedoch die Tatsache, dass die Frauen
nach der Arbeit saemtliche Hausarbeiten wie Waschen und Kochen
verrichten muessten, waehrend die Maenner Bier trinken gehen. "Die
Frauen erzaehlten uns, dass die Haelfte des verdienten Geldes fuer
Alkohol ausgegeben wird", sagte Hamsa. "Beklagen sich die Frauen,
werden sie geschlagen, oder der Ehemann betruegt sie zur Strafe
mit einer anderen Frau. Auf diesem Weg wird HIV/AIDS in die
Familien gebracht. Ich sah Gewalt, Armut und AIDS zusammen am
selben Ort."

Ein Beleg fuer die enge Verknuepfung von HIV/AIDS mit Armut ergab
sich fuer Dr. Lake Lambert vom Wartburg College in Waverly (USA)
beim Besuch in einem katholischen Hospiz und einer Klinik fuer die
Behandlung HIV/AIDS-infizierter Frauen in Durban (Suedafrika).
"Ich erfuhr von den Schwierigkeiten von KirchenleiterInnen
traditioneller afrikanischer Gemeinschaften, ueber sexuelle Themen
zu sprechen. Zulusprachige PfarrerInnen erzaehlten uns, dass es
fuer eine/n PfarrerIn kein geeignetes Vokabular in ihrer Sprache
gibt. Das macht es sehr schwierig, ueber HIV/AIDS und Sexualitaet
zu sprechen."

Aber das Besuchsprogramm im Vorfeld der LWB-Konsultation ueber
Diakonie war nicht nur eingleisig angelegt. Auch zahlreiche
TeilnehmerInnen aus afrikanischen Laendern nahmen daran teil. Pfr.
Magdalena Ya-Shaloango von der Evangelisch-Lutherischen Kirche in
Namibia beteiligte sich am Besuchsprogramm in Angola und traf dort
mit PfarrerInnen und Gemeinden in der Provinz Moxico zusammen. Der
Hemmung der angolanischen Geistlichen, sich offen mit dem Thema
HIV/AIDS auseinanderzusetzen, begegnete sie mit einem Bericht
ueber den Umgang mit HIV/AIDS in Namibia. Sie mahnte die Kirchen
in Angola eindringlich zu handeln, bevor es zu spaet ist. "Ich
moechte nicht, dass sie die Fehler der KirchenleiterInnen meines
Landes wiederholen. Es war und es ist immer noch spaet in Namibia.
Die GemeindepfarrerInnen beerdigen pro Woche jeweils zwei bis vier
Tote und das ist wirklich alarmierend. Falls die Bevoelkerung
Angolas die Lage nicht ernst nimmt, werden sie in dieselbe
Situation kommen, in der sich meine Kirche heute befindet." Bis
2001 hatte Angola noch eine relativ niedrige HIV/AIDS-Rate von 5,5
Prozent, waehrend in Namibia bereits mehr als jede/r Fuenfte von
HIV/AIDS betroffen ist.

Tief sitzt die Erschuetterung bei Pamela Meggit vom Lutherischen
Entwicklungsdienst in Swasiland. Nach einem Besuch in einem Dorf
in Malawi berichtete sie: "Ich habe noch nie solch bittere Armut
erlebt. Kinder sind in Lumpen gekleidet und haben aufgeblaehte
Baeuche. Es gibt kein Laecheln. Wenn ein Kind nicht mehr reagiert,
ist dies ein Zeichen wirklich bitterer Armut." Beeindruckt war sie
vom grossen Engagement der Kirchen in Malawi, die sich an
zahlreichen Projekten im Rahmen des Evangelisch-Lutherischen
Entwicklungsprogramms (ELDP) beteiligt.

Einstimmig fiel das Fazit der TeilnehmerInnen der LWB-Konsultation
ueber Diakonie aus: das Besuchsprogramm war ein integraler und
unentbehrlicher Bestandteil der Konsultation. "Der Besuch der
Laenderprogramme gab der Konferenz, die grundsaetzlich irgendwo in
der Welt haette stattfinden koennen, Lokalkolorit und stellte sie
in den suedafrikanischen Kontext", bemerkte eine Teilnehmerin am
Ende der Tagung. (947 Woerter)

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Der Lutherische Weltbund (LWB) ist eine Gemeinschaft lutherischer
Kirchen weltweit. 1947 in Lund (Schweden) gegruendet, zaehlt er
inzwischen 136 Mitgliedskirchen, denen rund 61,7 Millionen der
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angehoeren.

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humanitaere Hilfe, Menschenrechte, Kommunikation und verschiedene
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Die LUTHERISCHE WELT-INFORMATION (LWI) wird als Informationsdienst
des Lutherischen Weltbundes (LWB) herausgegeben. Veroeffentlichtes
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