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Brasilien: Amtseinfuehrung von Walter Altmann als IECLB-Praesident


From "Frank Imhoff" <FRANKI@elca.org>
Date Mon, 30 Dec 2002 10:16:11 -0600

Zentrale Themen sind theologische Identitaet, soziale
Verantwortung und missionarisches Engagement

Porto Alegre (Brasilien)/Genf, 28. Dezember 2002 (LWI) - Prof. Dr.
Walter Altmann wurde am Freitag, 20. Dezember 2002, ins Amt des
Praesidenten der Evangelischen Kirche Lutherischen Bekenntnisses
in Brasilien (IECLB) eingefuehrt. Der 58-jaehrige Theologe wurde
Nachfolger des seit 1994 amtierenden Kirchenpraesidenten Pfr.
Huberto Kirchheim, der nicht wieder kandidierte. Altmann war seit
1998 Vizepraesident der IECLB und von 1995 bis 2001 Praesident des
Lateinamerikanischen Kirchenrates (CLAI).

Nach einer Zeit der Umstrukturierung der Kirche, die 1997 zu einer
neuen Kirchenverfassung sowie zu einer neuen Kirchenordnung und
einem neuen Finanzierungsmodell gefuehrt habe, muesse sich die
lutherische Kirche nun verstaerkt der Frage zuwenden, mit welchen
Inhalten sie sich innerhalb der brasilianischen Gesellschaft
engagieren wolle, erklaerte Altmann gegenueber der Lutherischen
Welt-Information (LWI). Im Mittelpunkt stuenden fuer ihn dabei die
theologische Identitaet, die soziale Verantwortung sowie das
missionarische Engagement der Kirche. Altmann, der am 19. Oktober
fuer eine vierjaehrige Amtszeit gewaehlt wurde, benennt als
Eckpfeiler des lutherischen Selbstverstaendnisses Ethik,
Gerechtigkeit, Frieden und die Bewahrung der Schepfung.

Die lutherischen ChristInnen muessten sich staerker ihrer
gesellschaftlichen Verantwortung stellen, forderte Altmann. Aus
diesem Grund werde er demnaechst dem Kirchenrat vorschlagen, eine
Kommission fuer oeffentliche Verantwortung zu bilden, "um auch
systematischer Fragen, die in der Oeffentlichkeit diskutiert
werden, nachzugehen." Die Kommission solle dann dem Kirchenrat
moegliche Erklaerungen oder Initiativen vorschlagen. Auch wenn die
lutherischen ChristInnen nur einen Anteil von knapp 0,5 Prozent an
der Gesamtbevoelkerung haetten, faenden die AEusserungen der
lutherischen Kirche mehr Gehoer und Beachtung, als dies ihre
Groesse vermuten liesse, so Altmann.

Zentrale Themen seien die wirtschaftliche Situation des Landes,
die Auslandsverschuldung und die Konsequenzen der neo-liberalen
Globalisierung, die zur Reduzierung der sozialen Hilfen, der
Investitionen im Gesundheitswesen, im Erziehungswesen und der
Altersversorgung gefuehrt haetten. Die Zunahme von Kriminalitaet
und Gewalt in den Staedten und ein wachsender Drogenhandel seien
das Spiegelbild eines Systems, das eher auf soziale Ausgrenzung
abziele als auf soziale Integration, so der neue
Kirchenpraesident. Allerdings bestehe mit der neuen
brasilianischen Regierung die Hoffnung, dass die Prioritaeten
anders gesetzt wuerden. Es deute sich an, erklaerte Altmann, dass
die neue Regierung sich wesentlich staerker dem sozialen Bereich
zuwenden werde.

Die Forderung der argentinischen Kirchen, dass der Internationale
Gerichtshof in Den Haag die Rechtmaessigkeit der Auslandsschulden
ueberpruefen solle, finde seine volle Unterstuetzung, so Altmann.
Wissenschaftliche Studien in Lateinamerika belegten, dass der
Ursprung eines grossen Teils der lateinamerikanischen Verschuldung
auf die Zeit der Militaerdiktaturen zurueckzufuehren sei. Dies
habe ohne Beteiligung der Bevoelkerung jedoch in Zusammenarbeit
dieser Militaerdiktaturen mit den entwickelten Laendern
stattgefunden. Fuer nicht angemessen haelt Altmann, dass immer nur
von "Schuldenerlass"gesprochen werde, als ob man davon ausgehen
koenne, dass die Ursache der Verschuldung ausschliesslich bei den
"unterentwickelten Laendern" liege. "Wenigstens handelt es sich um
eine geteilte Verantwortung in dieser Frage", betonte der
Kirchenpraesident.

Mit Blick auf die wachsenden Pfingstkirchen in Lateinamerika
erklaerte Altmann, er wolle sich nicht an einem Wettbewerb
beteiligen. Die brasilianische Gesellschaft bewege sich auf eine
sehr grosse Vielfalt von religioesen Bewegungen zu, auch wenn
derzeit noch rund 86 Prozent der Bevoelkerung zur katholischen
Kirche gehoerten. Es komme vielmehr darauf an, das eigene
lutherische Bekenntnis und dessen Relevanz fuer die anstehenden
Fragen in Brasilien darzustellen.

Der neue Kirchenpraesident hofft, dass sich die IECLB in den
naechsten Jahren noch staerker zu einer ausgesprochen oekumenisch
aufgeschlossenen und kooperationsbereiten Kirche entwickeln wird.
Die kommende Vollversammlung des Oekumenischen Rates der Kirchen
(OeRK) 2006 im brasilianischen Porto Alegre werde ganz konkrete
Moeglichkeiten fuer die oekumenische Zusammenarbeit in Brasilien
und fuer die Beteiligung in der oekumenischen Bewegung weltweit
eroeffnen. Ebenso erwarte er Impulse fuer die eigene Kirche, so
Altmann. "Ich glaube, dass die Vollversammlung als erste
Vollversammlung des OeRK in Lateinamerika eine lateinamerikanische
Dimension haben und auch Beachtung in der Oeffentlichkeit in
Brasilien und in Lateinamerika finden wird." Wesentlich sei, dass
sich die katholische Kirche aktiv an der oertlichen Organisation
der Vollversammlung beteiligen werde.

Mit Blick auf die Zehnte Vollversammlung des Lutherischen
Weltbundes (LWB) vom 21. bis 31. Juli 2003 im kanadischen Winnipeg
betonte Altmann, dass das gewaehlte Thema "Zur Heilung der Welt"
von grosser Relevanz sei. Er erwarte sich von der
LWB-Vollversammlung einen starken Impuls fuer die Wahrnehmung der
lutherischen Kirchen als Gemeinschaft, die sich in den Dienst an
den Naechsten stellt. Er gehe davon aus, so Altmann, dass die Frge
des Globalisierungsprozesses eine wichtige Rolle auf der
Vollversammlung spielen werde, ebenso wie die Frage der Bewahrung
der Schoepfung.

Walter Altmann studierte Theologie im suedbrasilianischen S o
Leopoldo, in Buenos Aires (Argentinien) und in Hamburg
(Deutschland). 1972 promovierte er in Hamburg ueber den Begriff
der Tradition bei Karl Rahner. Von 1972 bis 1974 war er
Gemeindepfarrer in Ijui in Suedbrasilien. Seit 1974 arbeitete er
als Professor fuer Systematische Theologie an der Theologischen
Hochschule in S o Leopoldo. Sein wissenschaftliches Werk
beschaeftigt sich mit Martin Luther, der lateinamerikanischen
Befreiungstheologie und oekumenischen Studien. Von 1981 bis 1987
war Altmann Rektor der Theologischen Hochschule in S o Leopoldo
und von 1989 bis 1994 Direktor des Oekumenischen Instituts fuer
Postgraduierten-Studien. Kirchenpraesident Altmann ist verheiratet
und hat vier Toechter.

Die Evangelische Kirche Lutherischen Bekenntnisses in Brasilien
ist mit rund 725.000 Mitgliedern die groesste lutherische Kirche
Lateinamerikas. Seit 1952 gehoert sie zum Lutherischen Weltbund.
(851 Woerter)

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Der Lutherische Weltbund (LWB) ist eine Gemeinschaft lutherischer
Kirchen weltweit. 1947 in Lund (Schweden) gegruendet, zaehlt er
inzwischen 136 Mitgliedskirchen, denen rund 61,7 Millionen der
weltweit rund 65,4 Millionen LutheranerInnen in 76 Laendern
angehoeren.

Das LWB-Sekretariat befindet sich in Genf (Schweiz). Das
ermoeglicht eine enge Zusammenarbeit mit dem Oekumenischen Rat der
Kirchen (OeRK) und anderen weltweiten christlichen Organisationen.
Der LWB handelt als Organ seiner Mitgliedskirchen in Bereichen
gemeinsamen Interesses, z. B. oekumenische Beziehungen, Theologie,
humanitaere Hilfe, Menschenrechte, Kommunikation und verschiedene
Aspekte von Missions- und Entwicklungsarbeit.

Die LUTHERISCHE WELT-INFORMATION (LWI) wird als Informationsdienst
des Lutherischen Weltbundes (LWB) herausgegeben. Veroeffentlichtes
Material gibt, falls dies nicht besonders vermerkt ist, nict die
Haltung oder Meinung des LWB oder seiner Arbeitseinheiten wieder.
Die mit "LWI" gekennzeichneten Beitraege koennen kostenlos mit
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