From the Worldwide Faith News archives www.wfn.org


Auslandsverschuldung ist auch ein ethisches Problem


From "Frank Imhoff" <FRANKI@elca.org>
Date Thu, 30 Jan 2003 09:23:39 -0600

LWB-Workshop zum Thema Auslandsverschuldung auf dem
Weltsozialforum

Porto Alegre (Brasilien)/Genf, 29. Januar 2003 (LWI) - "Die
Auslandsverschuldung der Entwicklungslaender ist ein ethisches und
nicht nur ein wirtschaftliches und soziales Problem", erklaerte
Pfr. Juan Pedro Schaad aus Argentinien, bis Oktober 2002
Praesident der Evangelischen Kirche am La Plata, waehrend des
Weltsozialforums (WSF), das vom 23. bis 28. Januar im
suedbrasilianischen Porto Alegre stattfand. In einem Workshop zum
Thema "Unrechtmaessige Schulden - ein ethischer Ansatz zur
Schuldenproblematik", der vom Lutherischen Weltbund (LWB) in
Zusammenarbeit mit den lateinamerikanischen LWB-Mitgliedskirchen
angeboten wurde, forderte Schaad die Ueberpruefung der
Rechtmaessigkeit der Auslandsverschuldung.

"Hat die Verschuldung frueher Lebensqualitaet, Kultur und Arbeit
der Menschen und die Zukunft ihrer Kinder bedroht, so ist sie
heute zu einer Frage von Leben und Tod geworden", erklaerte
Schaad. Mit Blick auf die Rechtmaessigkeit der
Auslandsverschuldung betonte er, "alle, die sich mit diesem Thema
beschaeftigen, erklaeren uns, dass wir die Schulden schon vielfach
zurueckgezahlt haben." Trotzdem glaube er in der Frage der
Rueckzahlung an eine einvernehmliche Entscheidung. Es sei eine
zentrale Aufgabe der weltweit verknuepften Kirchen, so Schaad,
einen Konsens in der Einschaetzung der Unrechtmaessigkeit der
Auslandsverschuldung zu suchen.

Angesichts der schweren Wirtschaftskrise in Argentinien forderte
Schaad eine gruendliche Untersuchung der Ursachen und Vorgaenge.
Die Entscheidung der argentinischen Regierung im Dezember 2001,
alle Bankkonten in Argentinien einzufrieren, fuehrte zu heftigen
Protesten und Strassenkaempfen sowie zum Ruecktritt von Praesident
Fernando de la Rua. Es sei "absolut unmoralisch", dass es zwischen
November 2001 und Januar 2002 ein Kapitalflucht in Hoehe von rund
40 Milliarden US-Dollar aus diesem Land gegeben habe, so Schaad.
Es sei dringend geboten, deutlich zu machen, wie die
internationalen Finanzmaechte agiert haetten.
"Auslandsverschuldung, Korruption und Straflosigkeit gehen Hand in
Hand. Sie sind unzertrennlich, sie lieben sich, sie brauchen sich
gegenseitig und sie dienen einem einzigen Herrn", erklaerte der
Theologe.

Auf der anderen Seite wuerden angesichts derartiger Krisen wie in
Argentinien auch wieder alte Werte mit biblischem Ursprung an
Bedeutung gewinnen, betonte Schaad waehrend des LWB-Workshops, der
von Peter Prove, Assistent des LWB-Generalsekretaers im Bereich
Internationale Angelegenheiten und Menschenrechte, moderiert
wurde. Als Beispiel nannte er die Solidaritaet. "Das Evangelium
zeigt durch Jesus von Nazareth in fast allen seinen Aussagen, was
fuer eine Welt und was fuer eine Gesellschaft Gott
wiederherstellen moechte."

Joseph Hanlon, Berater der norwegischen kirchlichen
Hilfsorganisation Norwegian Church Aid (NCA), berichtete waehrend
des Workshops, dass in den vergangenen fuenf Jahren insgesamt 2,5
Billionen US-Dollar von der Entwicklungslaendern zurueckgezahlt
worden seien. Hanlon ist unter anderem Autor der im Auftrag von
NCA erstellten Publikation "Definition der unrechtmaessigen
Verschuldung" und arbeitete fuer die weltweite Kampagne
"Erlassjahr 2000".

Hanlon betonte, dass Darlehen dann unrechtmaessig seien, wenn sie
ungesetzlich, ungerecht oder unethisch seien beziehungsweise gegen
das Gemeinwohl verstiessen. Internationale Bewegungen wie die
Erlassjahrkampagne muessten der Frage nach der Unrechtmaessigkeit
der Auslandsverschuldung intensiver nachgehen, um im
gesellschaftlichen Diskurs besser wahrgenommen zu werden. "Sie
muessen die Ursachen aufzeigen und mit klaren und gut begruendeten
Argumenten beweisen, dass die Schulden unrechtmaessig sind",
erklaerte Hanlon.

Als Ziel der Beteiligung der LWB-Delegation am WSF benannte Pfr.
Angel Furlan aus Argentinien, "eine Antwort auf die wachsende
Beunruhigung in den Regionen zu geben". Den Themen
Auslandsverschuldung, Globalisierung und Menschenrechte muesse
dabei staerkere Beachtung geschenkt werden. Furlan, Praesident der
Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche in Argentinien und
Moderator der Konferenz der Bischoefe und PraesidentInnen der
lateinamerikanischen LWB-Mitgliedskirchen, leitete die Delegation
bestehend aus VertreterInnen von LWB-Mitgliedskirchen in
Argentinien, Chile, Costa Rica und Indien sowie
LWB-MitarbeiterInnen, die waehrend des Weltsozialforums mehrere
Workshops anbot. (570 Woerter)

(Ein Beitrag von Susanne Buchweitz, Brasilien.)

*	*	*

Der Lutherische Weltbund (LWB) ist eine Gemeinschaft lutherischer
Kirchen weltweit. 1947 in Lund (Schweden) gegruendet, zaehlt er
inzwischen 136 Mitgliedskirchen, denen rund 61,7 Millionen der
weltweit rund 65,4 Millionen LutheranerInnen in 76 Laendern
angehoeren.

Das LWB-Sekretariat befindet sich in Genf (Schweiz). Das
ermoeglicht eine enge Zusammenarbeit mit dem Oekumenischen Rat der
Kirchen (OeRK) und anderen weltweiten christlichen Organisationen.
Der LWB handelt als Organ seiner Mitgliedskirchen in Bereichen
gemeinsamen Interesses, z. B. oekumenische Beziehungen, Theologie,
humanitaere Hilfe, Menschenrechte, Kommunikation und verschiedene
Aspekte von Missions- und Entwicklungsarbeit.

Die LUTHERISCHE WELT-INFORMATION (LWI) wird als Informationsdienst
des Lutherischen Weltbundes (LWB) herausgegeben. Veroeffentlichtes
Material gibt, falls dies nicht besonders vermerkt ist, nicht die
Haltung oder Meinung des LWB oder seiner Arbeitseinheiten wieder.
Die mit "LWI" gekennzeichneten Beitraege koennen kostenlos mit
Quellenangabe abgedruckt werden.

***
LUTHERISCHE WELT-INFORMATION
Postfach 2100, CH-1211 Genf 2, Schweiz
Deutsche Redaktion: Dirk-Michael Groetzsch
E-Mail: dmg@lutheranworld.org
Tel.: +41-22-791-6353
Fax: +41-22-791-6630
http://www.lutheranworld.org/


Browse month . . . Browse month (sort by Source) . . . Advanced Search & Browse . . . WFN Home