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Menschenrechte muessen Vorrang vor Handelsinteressen haben


From "Frank Imhoff" <FRANKI@elca.org>
Date Fri, 14 Feb 2003 14:58:25 -0600

LWB-Workshop zum Thema "Handel und Menschenrechte - Konzepte und
aktuelle Entwicklungen" in Porto Alegre

Porto Alegre (Brasilien)/Genf, 14. Februar 2003 (LWI) - "Die
Menschen machen sich im Allgemeinen nicht klar, dass es zwei Arten
von Menschenrechten gibt", betonte der Assistent des
Generalsekretaers im Bereich Internationale Angelegenheiten und
Menschenrechte des Lutherischen Weltbundes (LWB), Peter Prove,
waehrend des Workshops "Handel und Menschenrechte - Konzepte und
aktuelle Entwicklungen" auf dem Weltsozialforum vom 23. bis 28.
Januar im suedbrasilianischen Porto Alegre. Seiner Ansicht nach
wuerden buergerliche und politische Rechte, die sich unter anderem
auf die Freiheit der Meinungsaeusserung und das Recht auf Leben
beziehen, mehr anerkannt als wirtschaftliche, soziale und
kulturelle Rechte, die allerdings auch Menschenrechte darstellten.

Diese Menschenrechte schuetzten das Recht auf Arbeit, das Recht
auf Nahrung, das Recht auf angemessene Wohnung sowie das Recht auf
einen angemessenen Lebensstandard. "Beide Arten sind gleich
wichtig. In der Vorstellung der meisten Laender sind sie
universell, unteilbar, voneinander abhaengig und untereinander
verbunden", so Prove. Den Internationalen Pakt ueber
wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte haetten bisher
insgesamt 145 Laender unterzeichnet. Das Problem sei, dass die USA
nicht zu den Staaten gehoerten, die das Abkommen ratifiziert
haetten, betonte Prove.

Deswegen wuerden Institutionen und Organisationen wie der LWB und
INCHRITI (International NGO Commitee on Human Rights in Trade and
Investment/Internationaler Ausschuss der
Nichtregierungsorganisationen fuer Menschenrechte bei Handel und
Investitionen) die Frage stellen, ob der Handel Vorrang habe vor
den Menschenrechten. Der Workshop "Handel und Menschenrechte -
Konzepte und aktuelle Entwicklungen", der vom LWB in
Zusammenarbeit mit dem Globalen Oekumenischen Aktionsbuendis und
INCHRITI organisiert wurde, beleuchtete die Frage der
Menschenrechte und entsprechenden Pflichten bei der Formulierung
nationaler und internationaler Handelspolitik. An dem Workshop
nahmen auch Referenten vom FoodFirst Informations und
Aktions-Netzwerk und der Habitat International Coalition teil.

Das internationale Handelsrecht scheine keine Verbindung zu
anderen internationalen Rechtsbereichen zu haben, erklaerte Prove.
Zu diesen anderen internationalen Rechtsbereichen gehoerten fuer
ihn auch die Menschenrechte. "Nach unserem Verstaendnis muessten
diese Rechte immer Prioritaet haben", so der Jurist. Die
Wirtschaftspolitik der verschiedenen Laender sollte ein Instrument
der Menschenrechtspolitik sein. Kein Abkommen und keine
Uebereinkunft duerfte praktische oder rechtliche Prioritaet vor
den originaer existierenden Pflichten und Normen des
Rechtsgebietes haben, das den Menschen schuetzt, betonte er.

Was anscheinend offensichtlich sei, werde jedoch von den reichsten
Laendern hart bekaempft. Die Angst gehe um, die Menschenrechte
koennten Wirtschaftsfragen und den internationalen Handel
erschweren. Das kleine Land Mauritius nannte Prove als ein
wichtiges Beispiel, da es einen Paragraphen der maechtigen
Welthandelsorganisation (WTO) zu seinen Gunsten nutzte, und zwar
zum ersten Mal aus dem Blickwinkel der wirtschaftlichen, sozialen
und kulturellen Rechte. Die WTO sei von
Nichtregierungsorganisationen (NGOs) scharf kritisiert worden,
weil sie ihre Fragen jeweils auf den Wirtschaftsaspekt reduziere.
Die Angelegenheit sei von dem Moment an zugunsten von Mauritius
entschieden worden, in dem das Recht auf Nahrung ins Spiel
gebracht wurde, was eine bedeutende Bresche in das internationale
Recht geschlagen habe, so Prove.

Fuer Prove muss der Kampf weitergehen. Es muesse aber eine andere
Form gefunden werden, die grossen Laender zu ueberzeugen, dass
Menschenrechte Vorrang vor Wirtschaftsdebatten haben. "Wir muessen
ein anderes Mittel finden, sie zu ueberzeugen, denn bisher ist die
Angst gross." Auf alle Faelle sei ein weiterer positiver Punkt,
dass diese Frage an Universitaeten immer mehr zwischen den
Fachbereichen des Internationalen Handelsrechts und der
Menschenrechte diskutiert werde und damit ein Dialog in Gang
komme, den es vorher nicht gegeben habe. "In dem Augenblick, in
dem diese Art Diskussion von den Akademikern und Akademikerinnen
aufgenommen wird, ist ein grosser Schritt getan." (578 Woerter)

(Ein Beitrag von Susanne Buchweitz, Brasilien.)

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