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Auguste Victoria-Krankenhaus in Jerusalem


From "Frank Imhoff" <FRANKI@elca.org>
Date Thu, 20 Feb 2003 14:42:14 -0600

LWB legt Berufung gegen Aufhebung der Steuerbefreiung des Auguste
Victoria-Krankenhauses in Jerusalem ein
Gerichtsentscheidung gefaehrdet medizinische Versorgung,
Menschenleben und Lebensunterhalt zahlreicher Menschen

Jerusalem/Genf, 19. Februar 2003 (LWI) - Der Lutherische Weltbund
(LWB) hat gegen die Entscheidung des Bezirksgerichts in Jerusalem
ueber den steuerrechtlichen Status seiner Arbeit in
Israel/Palaestina Berufung eingelegt. Sollte die Entscheidung des
Jerusalemer Gerichts vom 22. Dezember 2002 zur Aufhebung der
bestehenden Steuerbefreiung des vom LWB in Ostjerusalem
betriebenen Auguste Victoria-Krankenhauses (AVK) zur Anwendung
kommen, gefaehrde dies die humanitaere Arbeit des LWB in der
Region, so der LWB in seiner Berufungsschrift, die am 12. Februar
eingereicht wurde.

Der LWB fuehrt in seiner Berufungsbegruendung aus, dass die
Entscheidung, die zwischen dem Staat Israel und dem AVK
vereinbarte Steuerbefreiung zu widerrufen, falsch sei. Bei seinem
Vorgehen stuetzt sich der LWB auf die Argumentation, dass es vor
dem Widerruf weder zu einer entsprechenden gesetzlich
vorgeschriebenen Benachrichtigung gekommen, noch eine Entscheidung
der zustaendigen Behoerden erfolgt sei. Zudem habe der LWB nicht
die Gelegenheit erhalten, seine Sichtweise darzustellen. In der
Berufungsschrift heisst es, man habe nicht die Moeglichkeit
gehabt, die Folgen des Widerrufs fuer den Weltbund selbst, die
Menschen, die auf die Versorgung durch das AVK angewiesen sind,
sowie den Staat Israel darzulegen.

In der Berufungsbegruendung stellt der LWB fest, dass das Ergebnis
eines Widerrufs der Steuerbefreiung "die Beendigung der Arbeit des
Auguste Victoria-Krankenhauses in Ostjerusalem - einschliesslich
aller Dorfkliniken - bzw. deren Reduzierung auf das absolute
Minimum" sowie ein Ende der Gesundheitsversorgung "Zehntausender
PatientInnen" bedeuten wuerde. Hinzu kaemen der Verlust des
Arbeitsplatzes fuer zahlreiche MitarbeiterInnen "in Gebieten, wo
die Arbeitslosenrate bereits jetzt untragbar hoch ist", die
Beendigung von Vertraegen mit Lieferanten sowie erhebliche
finanzielle Verluste an Einkommensteuereinnahmen fuer den Staat
Israel.

Seit mehr als 50 Jahren betreut der LWB palaestinensische
Fluechtlinge in Ostjerusalem und im Westjordanland; seine
humanitaere Arbeit ist noch immer ein wichtiges Zeichen
christlicher Praesenz im Heiligen Land. Zentrales Element der
Arbeit des LWB in Israel/Palaestina ist das Auguste
Victoria-Krankenhaus auf dem Oelberg in Ostjerusalem. Das heutige
Krankenhaus wurde 1910 als Hospiz, Erholungs- und Gemeindezentrum
der Kaiserin Auguste Victoria-Stiftung, benannt nach der letzten
deutschen Kaiserin Auguste Victoria, der Gattin Kaiser Wilhelms
II., eingeweiht. Nach der Gruendung des Staates Israel 1948
unterstand das AVK zunaechst dem Roten Kreuz, 1950 wurde es in die
treuhaenderische Verwaltung des LWB ueberfuehrt und wird seitdem
vom LWB betrieben.

Dass der LWB in der Region humanitaere Hilfe leisten kann, ist zu
einem grossen Teil der Vereinbarung ueber die Steuerbefreiung zu
verdanken, die urspruenglich im Jahr 1966 mit dem Haschemitischen
Koenigreich Jordanien getroffen und nach dem Sechs-Tage-Krieg 1967
vom Staat Israel uebernommen wurde. In juengster Zeit ist die
israelische Regierung bestrebt, diese Vereinbarung zu widerrufen.
Laut Entschied des Bezirksgerichts in Jerusalem vom Dezember
letzten Jahres, gilt die Vereinbarung ueber die Steuerbefreiung
mit Wirkung ab Jahresende 2000 nicht mehr.

Der Direktor des AVK, Dr. Tawfiq Nasser, erklaerte im Hinblick auf
diese Entscheidung, dass jede weitere vom Staat Israel auferlegte
Steuer "die Moeglichkeiten des Krankenhauses, die so dringende
medizinische Versorgung der Fluechtlinge und der Benachteiligten
in dieser Gesellschaft in grossem Masse behindern wuerde." Der
Ausbau des AVK zu einer Modelleinrichtung zum Nutzen einer zu
errichtenden Zivilgesellschaft in den palaestinensischen Gebieten
werde, so Nasser, durch diese Entscheidung ernsthaft untergraben.

Das AVK bietet allen Beduerftigen medizinische Betreuung an.
Besondere Augenmerk gilt der Gesundheitsfuersorge der
palaestinensischen Fluechtlingsbevoelkerung. Rund 65 Prozent der
PatientInnen des Krankenhauses kommen aus den Fluechtlingslagern.
In wachsender Zahl nehmen PatientInnen Dienstleistungen des AVK in
Anspruch, die im Westjordanland und im Gazastreifen nicht zur
Verfuegung stehen; dazu gehoeren auch Nierendialyse fuer Kinder,
Hals-, Nasen- und Ohrenchirurgie insbesondere fuer Kinder,
gastroenterologische Behandlungen und Kinderneurologie. In Kuerze
plant das AVK die Eroeffnung des einzigen
Strahlenbehandlungszentrums fuer Krebskranke im Westjordanland und
im Gazastreifen.

Jafar Al Faqeeh, Vater der zehnjaehrigen Nena, die seit vier
Jahren Dialysepatientin ist, betont: "Haette es die
Dialyse-Behandlung im AVK nicht gegeben, waere mein Kind
gestorben. Wir haetten nirgendwo anders hingehen koennen."

Der LWB unterhaelt darueber hinaus ein Netz von Dorfkliniken
(Village Health Clinics - VHCs) in fuenf Doerfern bei Ramallah,
einem Gebiet mit rund 40.000 EinwohnerInnen. Die palaestinensische
Gesundheitsbehoerde (PHA) ist auf diese Dorfkliniken des LWB
angewiesen, um die medizinische Grundversorgung fuer die
BewohnerInnen dieses Gebietes zu gewaehrleisten, denn es fehlt der
PHA vor allem unter den derzeitigen Umstaenden an ausreichenden
Mitteln, um selbst die Grundversorgung umfassend sicherzustellen.

Seit 1948 ist der LWB in Palaestina ausserdem in der
Berufsausbildung engagiert. 1952 wurde in Beit Hanina ein
Berufsbildungszentrum gegruendet, in dem Tausende
PalaestinenserInnen eine Ausbildung absolviert haben. Mit einer
hier erworbenen Ausbildung in den Bereichen Automechanik,
Tischlerei, Elektronik/Telekommunikation, Installation und
Heizungsbau, Schweiss-, Schmiede- und Aluminiumarbeiten erhalten
die AbsolventInnen eine Zukunftsperspektive und die Chance, sich
voll in die Gesellschaft einzugliedern.

Bischof Munib A. Younan von der Evangelisch-Lutherischen Kirche in
Jordanien (ELKJ), zustaendig fuer Gemeinden in Israel, Jordanien
und Palaestina, erklaerte, die Besteuerung der gemeinnuetzigen
Arbeit des LWB in Israel/Palaestina wuerde die Moeglichkeit, diese
humanitaere Arbeit fortzusetzen, ernsthaft gefaehrden. Grosse
Teile der Bevoelkerung im Westjordanland und im Gazastreifen
wuerden so der dringend erforderlichen medizinischen Betreuung und
der Moeglichkeiten, eine Berufsausbildung zu absolvieren, beraubt,
so der Bischof von rund 3.000 LutheranerInnen.

Younan hob die wachsende Bedeutung des christlichen Zeugnisses in
Israel/Palaestina hervor. Die Arbeit des LWB in der Region
einschliesslich des AVK sei ein herausragendes Beispiel fuer den
Dienst an der Gemeinschaft, den die einheimische Kirche
unabhaengig von Religion, Geschlecht, ethnischer oder politischer
Zugehoerigkeit leiste. "Zu diesem Dienst sind wir als Kirche
aufgerufen. Wir sind verpflichtet, den Menschen zu dienen",
unterstrich der ELKJ-Bischof. Er rief die Kirchen in aller Welt
auf, sich aktiv fuer die weitere Praesenz des christlichen
Zeugnisses im Heiligen Land einzusetzen, "die in der Region heute
bedroht zu sein scheint." (928 Woerter)

*	*	*

Der Lutherische Weltbund (LWB) ist eine Gemeinschaft lutherischer
Kirchen weltweit. 1947 in Lund (Schweden) gegruendet, zaehlt er
inzwischen 136 Mitgliedskirchen, denen rund 61,7 Millionen der
weltweit rund 65,4 Millionen LutheranerInnen in 76 Laendern
angehoeren.

Das LWB-Sekretariat befindet sich in Genf (Schweiz). Das
ermoeglicht eine enge Zusammenarbeit mit dem Oekumenischen Rat der
Kirchen (OeRK) und anderen weltweiten christlichen Organisationen.
Der LWB handelt als Organ seiner Mitgliedskirchen in Bereichen
gemeinsamen Interesses, z. B. oekumenische Beziehungen, Theologie,
humanitaere Hilfe, Menschenrechte, Kommunikation und verschiedene
Aspekte von Missions- und Entwicklungsarbeit.

Die LUTHERISCHE WELT-INFORMATION (LWI) wird als Informationsdienst
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