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Israel/Palaestina - Hoffnungszeichen inmitten aller Widrigkeiten


From "Frank Imhoff" <FRANKI@elca.org>
Date Thu, 06 Mar 2003 10:34:52 -0600

Im Dezember 2002 haben vier JournalistInnen an einer vom
Lutherischen Weltbund (LWB) organisierten JournalistInnenreise
nach Israel/Palaestina teilgenommen. Der Kanadier Michael McAteer,
ehemaliger Leiter der Kirchenredaktion des Toronto Star, bereiste
zusammen mit einem deutschen und zwei suedafrikanischen
JournalistInnen die besetzten palaestinensischen Gebiete und
besuchte Programme des LWB. Bemuehungen um Treffen mit
israelischen RegierungsvertreterInnen waehrend dieser Reise
blieben erfolglos. McAteer hat fuer die Lutherische
Welt-Information (LWI) drei Features verfasst. Anbei finden Sie
den ersten Beitrag.

FEATURE: Israel/Palaestina - Hoffnungszeichen inmitten aller
Widrigkeiten
"Auf das, was ich erlebt habe, war ich nicht gefasst"

Ost-Jerusalem/Genf, 6. Maerz 2003 (LWI) - Heute ist mein letzter
Tag im Heiligen Land. Ich stehe in einer der engen Gassen der
Altstadt von Jerusalem und beobachte vier bewaffnete junge
israelische Soldaten, die drei junge Palaestinenser durchsuchen
und befragen.

Einer der Soldaten dreht sich um und starrt mich an. "Na?" sagt er
barsch zu mir. Sein Ton ist feindselig, seine Koerpersprache
drohend. Ich antworte ihm, dass ich einfach hier stehe und mich
umsehe. "So, kann ich dann etwas fuer Sie tun?" fragt er schroff
zurueck.

Nein, sage ich, ich stehe einfach nur hier und sehe mich um. "Dann
gehen Sie weiter", befiehlt er. Mein Aerger mildert meine Angst
und ich bleibe stehen. Einige spannungsgeladene Augenblicke lang
blicken wir uns intensiv an, dann geht er. Die drei Palaestinenser
werden frei gelassen und ich setze meinen Weg fort.

In den vergangenen sieben Tagen reiste ich im Rahmen einer vom
Lutherischen Weltbund (LWB) organisierten JournalistInnenreise
durch Teile Ost-Jerusalems, des Westjordanlandes und des
Gazastreifens, die seit 1967 von Israel besetzt sind.

Ich hatte im Vorfeld Berichte ueber Menschenrechtsverletzungen
gelesen; Berichte ueber kollektive Bestrafungen, die das
palaestinensische Volk zermuerben sollen; ueber die ungebremste
Ausweitung illegaler juedischer Siedlungen auf palaestinensischem
Gebiet, bei der Zitrus- und Olivenplantagen zerstoert werden, die
jahrhundertelang sorgsam gehegt worden waren; dass Haeuser
demoliert und Menschen vertrieben werden sowie ueber alltaegliche
Schikanen und Einschuechterungsversuche der Besatzungsmacht
gegenueber dem unter Besetzung lebenden Volk. Aber auf das, was
mir hier berichtet worden ist, was ich gesehen und was ich hier
erlebt habe, war ich nicht gefasst.

Unsere kleine Gruppe passierte militaerische Kontrollpunkte und
Strassensperren, um in Gebiete zu gelangen, die fuer alle gesperrt
sind, die nicht ueber gueltige Passierscheine verfuegen. Wir
wanderten durch die beklemmende Stille der Staedte, ueber die eine
Ausgangssperre verhaengt worden war. Die palaestinensischen
Familien durften ihre Haeuser nicht verlassen, durch ihre Strassen
patrouillierten schwer bewaffnete israelische SoldatInnen. Wir
sahen Israels "Berliner Mauer", die zur Zeit errichtet wird, um
das Westjordanland abzuriegeln und die PalaestinenserInnen noch
staerker zu isolieren.

Und dennoch gibt es Zeichen von Hoffnung und Licht in diesem von
Brutalitaet gezeichneten Land, in dem humanitaere und
internationale Organisationen, kirchliche Hilfswerke und einzelne
ChristInnen, MuslimInnen und Juden/Juedinnen allen sich
auftuermenden Widrigkeiten zum Trotz fuer einen gerechten Frieden
und ein Ende der Gewalt eintreten.

Der Verlust christlicher Praesenz im Heiligen Land wuerde zu einem
Verlust der humanitaeren Unterstuetzung, des Engagements und der
Programme fuehren, die Hilfe bei der Errichtung einer starken
Zivilgesellschaft leisten, erklaert Craig Kippels, Repraesentant
des Lutherischen Weltbundes (LWB) in Jerusalem und zustaendig fuer
die Programme der LWB-Abteilung fuer Weltdienst (AWD) in Jerusalem
und den palaestinensischen Gebieten. "Die Kirchen sind
wahrscheinlich der wichtigste Hoffnungstraeger fuer die Erringung
eines gerechten Friedens in diesem Konflikt. Sie koennen die
Situation aus der Perspektive der Menschenrechte und der
Gerechtigkeit bewerten und der uebrigen Welt darueber berichten.
Davon zu erzaehlen, ist von grosser Bedeutung."

Das Jahr 2001 war von zunehmender Gewalt und Armut und von der
schwindenden Hoffnung auf eine baldige Loesung gekennzeichnet,
berichtet Kippels in seinem Jahresbericht. Die Zahl der Verletzten
und der Todesopfer sei fast taeglich gestiegen. Auf beiden Seiten
sei zu beobachten gewesen, dass die Entschlossenheit, keinen
Schritt aufeinander zuzugehen, zugenommen habe.

Kippels' Jahresbericht fuer 2002 ist kaum weniger skeptisch, dass
die Gewaltspirale die ohnehin schon fast bis zum Zusammenbruch
strapazierten LWB-Programme auch weiterhin zusaetzlich belasten
werde. Kippels befuerchtet, dass das auf dem Oelberg gelegene
Auguste Victoria-Krankenhaus (AVK) ohne die Unterstuetzung von
FreundInnen, Partnerorganisationen und Hilfswerken der weiterhin
ausserordentlich grossen Not der PatientInnen nicht mehr gerecht
werden koennte.

Auch das Berufsbildungszentrum des LWB in Beit Hanina steht unter
Druck, nachdem es die Zahl der Auszubildenden von 102 im Jahr 2000
auf 160 maennliche und weibliche SchuelerInnen im Jahr 2001
erhoeht hat, gegenwaertig sind es 183. Neben den
Ausbildungsprogrammen bietet das Zentrum den Auszubildenden ein
sicheres Umfeld, denn es bemueht sich darum, durch die Ausbildung
der jungen Menschen am Aufbau der palaestinensischen
Zivilgesellschaft mitzuwirken.

Unter anderen humanitaeren Projekten sind von der derzeitigen
Unsicherheit auch die vom LWB getragenen Dorfkliniken (Village
Health Clinics - VHCs), eine Blindenwerkstatt und
Stipendienprogramme betroffen.

Der tatkraeftige Bischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in
Jordanien, Munib A. Younan, der fuer Gemeinden in Israel,
Jordanien und Palaestina zustaendig ist, plant, im Juli 2003 zur
Zehnten LWB-Vollversammlung nach Winnipeg (Kanada) zu reisen. Auf
die Frage, ob dort auch die Palaestina-Frage zur Sprache kommen
werde, antwortete er: "Natuerlich, Thema der Vollversammlung ist
doch *Zur Heilung der Welt'". (737 Woerter)

(Ein Beitrag von Michael McAteer, Kanada.)

*	*	*

Der Lutherische Weltbund (LWB) ist eine Gemeinschaft lutherischer
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***
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