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FEATURE: Zahnpasta fuer Lake, ein Rasierapparat fuer Ken


From "Frank Imhoff" <FRANKI@elca.org>
Date Thu, 03 Apr 2003 16:12:19 -0600

FEATURE: Zahnpasta fuer Lake, ein Rasierapparat fuer Ken -
Stadtseelsorge der LutheranerInnen in Vancouver
Mahlzeiten werden nicht ausgeteilt, sondern miteinander geteilt -
Einladung zur Feier des Abendmahls gilt allen

Vancouver (Kanada)/Genf 3. April 2003 (LWI) - Die Menschen, die
sich an diesem Tag zum gemeinsamen Abendmahl um den Altar herum
versammeln, sind eine bunt zusammengewuerfelte Gruppe. Eine
aeltere Frau aus einem wohlhabenden Stadtviertel, die der Kirche
von klein auf angehoert, reicht einem schlecht rasierten,
obdachlosen Mann mittleren Alters, der alkoholsuechtig ist, das
Brot. Ein nervoeser Teenager, der mit seiner Jugendgruppe gekommen
ist, reicht einer gebeugten, grauhaarigen Frau, die zu den First
Nations (indigene Bevoelkerung Kanadas) gehoert und ihren
Lebensunterhalt mit dem Sammeln leerer Dosen verdient, den Wein.
Jung und Alt, Arm und Reich, hoffnungsvolle und verzweifelte
Menschen - sie alle haben sich in der Lutheran Urban Mission
Society (LUMS) in Vancouver zu einer der typischen
Samstagsmahlzeiten versammelt.

Die LUMS verfolgt das Ziel, "Gott als prophetische
Abendmahlsgemeinschaft zu dienen und die Verbindungen zwischen
Kirche und Armen in der Stadt aufbaut." Unterstuetzt von Gemeinden
der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Kanada (ELKIK) leistet die
LUMS ihren Dienst in Downtown Eastside, der oestlichen Innenstadt
von Vancouver, einem der aermsten Bezirke in ganz Kanada.
Entwurzelung, Gewalt, Drogen- und Alkoholsucht sowie Prostitution
sind hier an der Tagesordnung.

Gemaess ihrer Zielsetzung schliesst die Arbeit der LUMS
"materielle und spirituelle Werke der Barmherzigkeit,
einschliesslich umfassender seelsorgerlicher Dienste an den
Rechtlosen und Ausgegrenzten unserer Gesellschaft, Bereitstellung
personeller und materieller Ressourcen sowie Ausbildungs- und
Fortbildungsmassnahmen im kirchlichen Dienst" ein.

Staendiger Strom von Hilfesuchenden

Auch Pfr. Brian Heinrich, ein "Strassenpfarrer" arbeitet fuer die
LUMS. Er schreibt: "Fast taeglich wird unser kleines Buero von
Hilfesuchenden belagert, die uns um Gegenstaende des taeglichen
Bedarfs bitten: Zahnpasta fuer Lake, Ken koennte einen
Rasierapparat brauchen. Ach ja, und habt ihr Schuhe? Garth haette
gerne saubere Unterwaesche und ein Busticket. Dave benoetigt ein
Paar saubere Socken und ein Handtuch sowie Heftpflaster. Decken
fuer die jungen Maedchen im Vorraum der Kirche, die ihre Arme und
Beine gerade mit Nadeln durchbohrten, als ich heute Morgen in die
Kirche ging. Nach dem Abendmahl am Dienstagabend bringe ich Jeff
im St. Paul's Hospital, der schon lange mit HIV/AIDS infiziert ist
und Entzuendungen im ganzen Koerper hat, das Abendmahl, salbe ihn
mit Oel* Ich nehme Glenda und ihre Schwaegerin am Victory Square
in die Arme, obwohl sie beide stark nach Alkohol riechen. In
unserem winzigen Buero bete ich mit Howie, der seit zwei Wochen
keine Drogen mehr genommen hat. Aufmerksam hoere ich Kevin zu, der
mir von seinem fuenften Versuch erzaehlt, von seiner Alkoholsucht
loszukommen."

Jeden Tag hat Pfr. Brian Heinrich eine neue Krise zu meistern.
"Grundbeduerfnisse, die erfuellt werden muessen. Warum kuemmern
wir uns eigentlich um Menschen, die doch staatliche Hilfe bekommen
und diese mit Sicherheit nicht sinnvoll nutzen? Weil unser Herr
uns in diesen Menschen, seinen *geringsten' Bruedern und
Schwestern, begegnet. Sie geben uns die Moeglichkeit, das
Evangelium an diesem geringsten Ort zu leben."

Menschen aus Gemeinden, die normalerweise wenig oder keinen
Kontakt mit den BewohnerInnen von Downtown Eastside haben, bietet
die LUMS Gelegenheit, bei ihrem halbjaehrlich stattfindenden
Samstagsmahl "die geringsten" ihrer Brueder und Schwestern kennen
zu lernen - zur gegenseitigen Heilung. Waehrend der Veranstaltung
bereiten Kirchen-, Schul- und Jugendgruppen eine vollstaendige
Mahlzeit mit selbstgebackenen Keksen zum Nachtisch vor und
servieren sie durchschnittlich 300 Gaesten aus der naeheren
Umgebung. Die ehrenamtlichen MitarbeiterInnen verteilen nicht nur
das Essen, sondern essen gemeinsam mit den Gaesten und unterhalten
sich mit ihnen.

Eine Abendmahlsfeier, an der alle teilnehmen koennen, aber nicht
muessen

Dem Essen geht immer eine Abendmahlsfeier voraus, zu der alle
eingeladen werden, an der sie aber nicht teilnehmen muessen. Alle
Aktivitaeten der LUMS werden als Ausdrucksformen der
Gastfreundschaft Christi verstanden, die im Evangelium immer
wieder beschrieben wird und im Abendmahl konkreten Ausdruck
findet. Die LUMS folgt dem Beispiel Christi und praktiziert eine
offene, integrative Gastfreundschaft; sie deckt den Tisch fuer
eine Mahlzeit, zu der alle eingeladen werden, und laesst dadurch
eine heilende Gemeinschaft entstehen.

Strassenpfarrer Brian Heinrich sagt dazu: "Mit am besten an der
LUMS ist (und das sagen die Menschen mir immer wieder), dass wir
keine grosse Institution sind. Wir sind eine kleine,
ueberschaubare Gemeinschaft, eine Familie. Die Freiwilligen, die
bei uns arbeiten, lernen Menschen aus der naeheren Umgebung
kennen, sie nennen sich gegenseitig beim Vornamen und entwickeln
persoenliche Beziehungen zueinander. Das ist eine der Staerken und
Gaben unserer Gemeinschaft. So und nicht anders wollen wir
missionarische Arbeit leisten." (723 Woerter)

(Ein Beitrag von Kristian Wold, Student am Lutheran Theological
Seminary in Saskatoon, Saskatschewan/Kanada)

Dieser Beitrag gehoert zu einer Feature-Serie der Lutherischen
Welt-Information (LWI) zum Thema der Zehnten LWB-Vollversammlung
2003 "Zur Heilung der Welt". Die Serie beleuchtet die Relevanz des
Vollversammlungsthemas in den verschiedenen regionalen und lokalen
Kontexten der weltweiten lutherischen Gemeinschaft und stellt
Projekte der Versoehnung und Heilung vor angesichts weltweiter
Bedrohung. Die Zehnte LWB-Vollversammlung findet vom 21. bis 31.
Juli 2003 in Winnipeg (Manitoba/Kanada) statt.

*	*	*

Der Lutherische Weltbund (LWB) ist eine Gemeinschaft lutherischer
Kirchen weltweit. 1947 in Lund (Schweden) gegruendet, zaehlt er
inzwischen 136 Mitgliedskirchen, denen rund 61,7 Millionen der
weltweit rund 65,4 Millionen LutheranerInnen in 76 Laendern
angehoeren.

Das LWB-Sekretariat befindet sich in Genf (Schweiz). Das
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***
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