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'Voller Kirchengemeinschaft' als Geschenk an die LWB-Vollversammlung


From "Frank Imhoff" <FRANKI@elca.org>
Date Thu, 19 Jun 2003 10:18:20 -0500

Die Erfahrung "voller Kirchengemeinschaft" als Geschenk an die
LWB-Vollversammlung
Im Gespraech: ELKIK-Bischof Raymond Schultz und anglikanischer
Primas Michael Peers

Genf, 19. Juni 2003 (LWI) - Am 6. Juli 2001 haben die
Anglikanische Kirche von Kanada (AKK) und Kanadas groesste
lutherische Kirche, die Evangelisch-Lutherische Kirche in Kanada
(ELKIK), in Waterloo (Ontario/Kanada) offiziell "Die Erklaerung
von Waterloo" angenommen, die als wichtiger Fortschritt auf dem
Weg zur sichtbaren Einheit der Kirche begruesst wurde.

Eine Beziehung der vollen Kirchengemeinschaft bedeutet keine
Fusion beider Kirchen. Sie beinhaltet die gegenseitige Anerkennung
der Gottesdienstordnung, der Sakramente und der
ordinationsgebundenen Aemter, waehrend gleichzeitig beide Kirchen
ihre eigene Identitaet, Struktur und Leitung behalten.

Der kanadische Journalist Michael McAteer, ehemaliger
Kirchenredakteur des "Toronto Star", hat in Vorbereitung auf die
Zehnte Vollversammlung des Lutherischen Weltbundes (LWB) vom 21.
bis 31. Juli 2003 im kanadischen Winnipeg mit dem Nationalbischof
der gastgebenden ELKIK, Bischof Raymond Schultz, und dem Primas
der AKK, Erzbischof Michael Peers, ueber die Erfahrungen beider
Kirchen mit dem Geschenk der vollen Gemeinschaft gesprochen. Da
beide Kirchen die weltweite lutherische Gemeinschaft in Winnipeg
gemeinsam empfangen wollen, kommt der vollen Kirchengemeinschaft
beider Kirchen eine zentrale Bedeutung zu.

Im Folgenden finden Sie den vollen Wortlaut des Gespraechs:

McAteer: Bischof Schultz, vielleicht koennten Sie uns kurz
erklaeren, wie diese Kirchengemeinschaft entstanden ist. Wie fing
alles an? Woher kamen die Impulse?

Schultz: Die Entwicklung hin zu voller Kirchengemeinschaft hat
ihren Anfang nicht in Kanada genommen. Als erste wurde die Kirchen
in Europa aktiv und als wir in Kanada die Gespraeche ueber
Kirchengemeinschaft aufnahmen, haben wir uns zunaechst auf
Dokumente gestuetzt, die schon in Porvoo und anderswo formuliert
worden waren. Dann haben wir eine Art "original-kanadischen"
Einigungsprozess in Gang gesetzt.

Das Bemerkenswerteste an unserem Ansatz ist, dass unsere beiden
Kirchen nach einer Reihe von Treffen, auf denen sie
Uebereinstimmung in relevanten Fragen erreicht hatten,
beschlossen, dass die Zeit gekommen sei, eine Beziehung
einzugehen, nun ja, man koennte es fast eine "Beziehung auf Probe"
nennen, in deren Rahmen es uns durch die Herstellung vorlaeufiger
eucharistischer Gemeinschaft moeglich wurde, gemeinsames Leben zu
vollziehen und zu pruefen, wie sich diese Schritte praktisch
auswirken.

Im Verlauf dieser "Probezeit" ist uns deutlich geworden, dass wir
auch ohne eine Vielzahl von Vereinbarungen eine gemeinsame Zukunft
haben, dass wir einander vertrauen und zusammenarbeiten konnten
und dass wir einen Prozess in Gang setzen koennten, in dem wir uns
gemeinsam mit den eingetretenen Entwicklungen befassen.

McAteer: Und wie funktioniert die volle Kirchengemeinschaft?

Schultz: Meiner Ansicht nach funktioniert unsere Beziehung sehr
gut, und, so wie ich es sehe, liegt der Grund dafuer darin, dass
es uns moeglich ist, auf konkrete Situationen gezielt zu
reagieren. Das deutlichste Beispiel, das mir hier in den Sinn
kommt, ist, dass wir den Austausch von Geistlichen beschlossen
haben, so dass Pfarrer und Pfarrerinnen unserer beiden Kirchen in
Gemeinden der jeweils anderen Kirche Dienst tun. Aber wir arbeiten
auch bei vielen Veranstaltungen auf Gemeindeebene zusammen. Wo
frueher Lutheraner und Lutheranerinnen fuer sich alleine eine
Konsultation organisiert oder ein Thema diskutiert haetten,
geschieht heute diese Planung grundsaetzlich nicht ohne ihre
anglikanischen Schwestern und Brueder. Auf nationaler Ebene
bereiten wir die Vollversammlung vor und in unseren
Planungsausschuessen sitzen Mitglieder der anglikanischen Kirche,
die voll in die Vorbereitungen eingebunden sind. Und Erzbischof
Peers wird einer der Ehrengaeste auf der Vollversammlung sein.

Peers: Was Bischof Schultz ueber die spezifisch kanadische
Herangehensweise an diese Frage gesagt hat, ist sehr wichtig. Es
sind eine Reihe von Entscheidungen getroffen worden. Eine dieser
Entscheidungen war, dass unsere Kirchenleitungen, wenn wir
Initiativen auf Gemeindeebene ermutigen wollen und wenn die
Menschen in unseren Gemeinden sich gegenseitig kennen lernen
sollen, ermutigende Signale geben und selbst mit gutem Beispiel
vorangehen muessen. Deshalb halten die Bischoefe und Bischoefinnen
unserer beiden Kirchen seit etwa acht Jahren mindestens einmal
jaehrlich ihre jeweilige Tagung zur selben Zeit am selben Ort ab
und kommen auch zu gemeinsamen Diskussionen zusammen, in denen sie
sich nicht nur ueber anglikanisch-lutherische Themen austauschen.
Das bedeutet, dass man in seinem ersten Jahr als Bischof bzw.
Bischoefin nicht nur jeden Bischof und jede Bischoefin der eigenen
Tradition, sondern auch der anderen Tradition kennen lernt.

Wir haben eine Gruppe, die an der Umsetzung unseres
Uebereinkommens arbeitet - welche Implikationen sich daraus
ergeben und wie wir mit bestimmten Situationen umgehen sollen. So
gibt es zum Beispiel in Winnipeg eine Gemeinde, die zusammen von
einem anglikanischen Priester und einem lutherischen Pfarrer
betreut wird. Auch der Leiter der groessten anglikanischen Kirche
in Regina ist ein lutherischer Pfarrer, und das hat sich einfach
so ergeben. Die Bischoefe und Bischoefinnen auf beiden Seiten sind
durchaus zufrieden damit, die Gemeinden sind es auch, und damit
entstehen vor Ort zahlreiche Initiativen. Natuerlich hat die
Geografie viel damit zu tun. In der Provinz Neufundland gibt es
keine lutherische Kirche, so haben die drei anglikanischen
Dioezesen in Neufundland viel weniger Erfahrung mit dieser neuen
Realitaet als andere an anderen Orten, wie insbesondere im Westen.

Einer unserer grossen Vorteile in diesem speziellen oekumenischen
Dialog ist das unter den Gemeindemitgliedern weit verbreitete
Empfinden, dass wir uns, wenn wir in der Kirche der anderen
Gottesdienst feiern, auf vielfaeltige Weise zu Hause fuehlen. Da
geht es einmal um die Form des Gottesdienstes, aber auch darum,
dass wir willkommen sind.

McAteer: Gibt es Probleme, die Sie nicht erwartet haetten?

Peers: Ich denke, wir hatten Probleme vorausgesehen, die dann
nicht eingetreten sind. Es gibt Anglikaner und Anglikanerinnen,
die aus diesem oder jenem Grund Schwierigkeiten haben, die andere
Gemeinschaft als Kirche in der Art, wie sie Kirche verstehen,
wahrzunehmen. Und es wuerde mich ueberraschen, wenn es nicht
irgendwo Lutheraner und Lutheranerinnen gaebe, die umgekehrt die
gleiche Auffassung vertreten. Aber das ist bisher in keiner Weise
zu einem so grossen Problem geworden, dass wir Hilfe von aussen
gebraucht haetten.

McAteer: Bischof Schultz, gibt es lutherische Gemeindemitglieder,
die die volle Kirchengemeinschaft in einem negativen Licht sehen?

Schultz: Ich denke, da handelt es sich um eine relativ kleine
Minderheit. Dabei geht es wahrscheinlich mehr um
Fremdenfeindlichkeit. Aus meiner Sicht sind wir mit Problemen gut
umgegangen. Ein Thema, dass wir unter uns Bischoefen und
Bischoefinnen diskutiert haben, ist, wie wir die Geistlichen ueber
die jeweils andere Konfession informieren sollten, denn am Anfang
haben wir sie einfach ins kalte Wasser geworfen. Es gibt einige
Unterschiede, aber mehr in lokalen Traditionen als in der
tatsaechlichen Kirchenordnung. In Saskatoon arbeiten ein
lutherisches und ein anglikanisches Seminar sowie eines der
Vereinigten Kirche von Kanada auf die Schaffung einer gemeinsamen
theologischen Einrichtung auf dem Campus der Universitaet
Saskatchewan hin.

Es gibt eine gemeinsame anglikanisch-lutherische Kommission, die
eine ganze Reihe von Fragen zu bearbeiten hat. Weit oben auf
dieser Tagesordnung steht die Rolle der Diakone und Diakoninnen in
unseren jeweiligen Kirchen. Lutherischerseits wurde zwar vor ein
paar Jahren beschlossen, dass wir das Amt der Diakone und
Diakoninnen als geistliches Amt anerkennen koennen, dennoch
besteht in unserer Kirche keine endgueltige Klarheit ueber die
Rolle von Diakonen und Diakoninnen. Wir dachten, auf
anglikanischer Seite waeren alle diesbezueglichen Fragen geklaert,
bis wir miteinander sprachen und feststellten, dass auch dort
keine vollkommene Klarheit besteht.

McAteer: In der anglikanischen Kirche gibt es zur Zeit eine ganze
Anzahl heikler Fragen. Dazu gehoert die Segnung von
gleichgeschlechtlichen Paaren. Sollte die AKK als Ganzes solche
Segnungen billigen, wie wuerde die ELKIK darauf reagieren?

Schultz: Es waere tatsaechlich eine heikle Frage, sollten wir eine
andere Richtung als unsere gegenwaertige Position einschlagen.
Waehrend in der anglikanischen Kirche jede Dioezese ihre je eigene
Entscheidung treffen kann, muesste sie in der ELKIK auf nationaler
Ebene gefaellt werden. Zur Zeit vertritt unsere Kirche die
Position, dass wir keine gleichgeschlechtlichen Verbindungen
segnen. Wir arbeiten auf eine Verpflichtung hin, was
Mitgliedschaft in unseren Gemeinden betrifft, gastfreundlich und
offen zu sein und auf lokaler Ebene eine Reihe von seelsorgerlich
begleitenden Gespraechsangeboten zu machen.

Zehnte LWB-Vollversammlung vom 21. bis 31. Juli 2003 in Winnipeg

McAteer: Welche Bedeutung hat die LWB-Vollversammlung?

Schultz: Das Vollversammlungsthema lautet: "Zur Heilung der Welt".
Wenn jemand nicht nur die Boulevardpresse im Supermarkt liest, ist
es nicht sehr schwer festzustellen, dass diese Welt dringend der
Heilung bedarf. Weltweit durchleben wir aussergewoehnliche Zeiten.
Wir erleben neue Formen der Balkanisierung, ethnische Konflikte in
Afrika, wir sind konfrontiert mit Umweltproblemen, die ganze
Arten, einschliesslich der Menschen, auszuloeschen drohen.
Ueberall, wo man hinsieht, ist unser Zusammenleben als Menschheit
auf unterschiedliche Weise in seiner Substanz gefaehrdet. Heilung
ist ein so umfassendes Thema, dass es [fuer die Vollversammlung]
in zehn Unterthemen aufgeteilt wurde, damit ueberhaupt ein
Gespraech moeglich wird.

McAteer: Welche Rolle sollten die Anglikaner und Anglikanerinnen
auf der LWB-Vollversammlung uebernehmen?

Schultz: Unserer Erfahrung nach spielen sie eine Rolle auf
mindestens drei verschiedenen Ebenen. Auf Ortsebene uebernehmen
die Anglikaner und Anglikanerinnen in Winnipeg gemeinsam mit uns
die Rolle als Gastgeberinnen der Vollversammlung. Die dortige
Dioezese war aeusserst hilfreich und hat uns personelle und andere
Ressourcen zur Verfuegung gestellt. Ueber diese Ebene hinaus sind
der Primas und andere Mitglieder der Anglikanischen
Kirchengemeinschaft als offizielle BesucherInnen zur
Vollversammlung eingeladen. Als offizielle BesucherInnen haben sie
Rederecht. Sie haben die Moeglichkeit an allen Veranstaltungen
teilzunehmen und nicht nur allgemein beizutragen, sondern auch
konkret mitzuwirken an den Beratungen, aus denen die
abschliessenden Reaktionen zum Thema erwachsen werden.
Schliesslich besteht auf der internationalen Ebene eine historisch
gewachsene Gemeinschaft zwischen dem weltweiten Luthertum und den
Anglikanern und Anglikanerinnen. Wir koennen auf eine Beziehung
zurueckblicken, die eine lange Tradition hat und seit jeher auch
die gegenseitige Konsultation beider Kirchen einschliesst.

McAteer: Erzbischof Peers, welche Rolle sollte die anglikanische
Kirche Ihres Erachtens auf der LWB-Vollversammlung spielen?

Peers: Ich bin begeistert, dass die Dioezese Rupertsland und die
anglikanische Kirche in Winnipeg so intensiv an der Organisation
und Planung der Vollversammlung mitarbeiten. Ich glaube, dass
viele Menschen hier das Gefuehl haben, dass ein Ereignis von
weltweiter Bedeutung in dieser Stadt und dieser Dioezese
stattfindet. Und es ist ein Ereignis fuer unsere engsten
Freundinnen und Nachbarn in der christlichen Welt, und deshalb
wuenschen wir, dass [die Vollversammlung] so gut wie moeglich
gelingt, und wir wollen dabei mithelfen.

Das wird vieles bewirken. Zum einen werden viele Menschen andere
Menschen kennen lernen. Und wenn das geschieht, ist nichts mehr,
wie es war. Eine persoenliche Anmerkung - als ich hier vor 30
Jahren als Priester arbeitete, zog eine lutherische Gemeinde zu
uns in unser Gebaeude und wir leben seither zusammen. So koennen
wir also in dieser Stadt auf gemeinsame Erfahrungen
zurueckblicken. Man kann nicht genug betonen, was geschieht, wenn
Menschen sich begegnen. Wenn Menschen sich begegnen, besteht die
Chance auf Leben, Wachstum, Lernerfahrungen und Veraenderung. Wenn
Bischof Schultz sagt, dass im lutherischen Diskurs eine Bewegung
vom Weltbund zur Gemeinschaft festzustellen ist, dann kann man
gleichermassen feststellen, dass im anglikanischen Diskurs eine
starke Bewegung von einer Gemeinschaft zu einem foederalen Ansatz
hin besteht, denn einige Menschen haben den Eindruck, dass an
Orten wie zum Beispiel Sydney in Australien gravierende Spannungen
bestehen.

McAteer: Erwarten Sie lebhafte Debatten der Delegierten zur
Nord-Sued-Frage, zwischen Kirchen im sich entwickelnden Sueden und
Kirchen im wohlhabenden Norden?

Schultz: Mit Sicherheit kann ich sagen, dass es bestimmt zwischen
den Kirchen im Sueden und den Kirchen im Norden einen Unterschied
gibt. Zum Teil wird dies positiv erlebt und zum Teil nicht. Die
Kirchen im Norden sind die Kirchen, die das Geld haben. Die
Kirchen im Sueden sind Kirchen mit wachsenden Mitgliederzahlen,
mit Evangelisation und Begeisterung. Kirchen im Sueden sind
mitunter noch gepraegt durch die Haltung der Missionare und
Missionarinnen, die sie evangelisierten, so dass bei ihnen in
einigen Faellen noch sehr stark die ethnische Herkunft jener
Menschen spuerbar wird, die die ersten Kirchen gruendeten. Es
bestehen auch kulturelle Unterschiede.

Um noch auf einen weiteren Aspekt hinzuweisen, es gibt auch bei
uns Menschen, die in der Welt herumkommen, doch das macht die
Frage noch komplizierter. Wir haben Auslandskirchen mit Ursprung
im Sueden, deren Mitglieder jetzt in Laendern wie Kanada leben,
und sie bringen Haltungen und eine kirchliche Praxis mit, die
nicht der gegenwaertigen Praxis in den Kirchen entsprechen, aus
denen sie kommen, sondern in die Periode zurueckreichen, in der
sie ausgewandert sind. Gleichzeitig sind sie jedoch auch anders
als die uebrigen Kirchen in Kanada.

Wahrscheinlich wird sich die Diskussion hauptsaechlich um
wirtschaftliche Fragen drehen, denn viele der suedlichen Kirchen
befinden sich in Laendern, die arm sind und keinen Einfluss darauf
haben, wie im Blick auf Globalisierung und internationale
Handelsabkommen die Weichen gestellt werden.

McAteer: Erzbischof Peers, haben Sie angesichts Ihrer Erfahrung
mit internationalen kirchlichen Treffen eine Empfehlung, worauf
sich die Vollversammlung konzentrieren sollte?

Peers: Eine der groessten Aufgaben ist es, einen Rahmen zur
Verfuegung zu stellen, wo Menschen aus dem "Norden" und aus dem
"Sueden" wirklich ins Gespraech kommen koennen. Eine der
Schwierigkeiten dabei ist, unsere Einheit im Glauben und im
Evangelium zur Vielfalt in unserer Kultur sowie Politik und
Wirtschaft in Beziehung zu setzen.

McAteer: Bischof Schultz, welche Ergebnisse der Vollversammlung
erhoffen Sie sich, ueber alle Debatten und Reden hinaus?

Schultz: Ich erhoffe mir unter anderem, dass [die Vollversammlung]
fuer die Teilnehmer und Teilnehmerinnen auch eine heilende
Erfahrung sein wird. Die Menschen, die zu dieser Vollversammlung
kommen, stehen mit ihren Ueberzeugungen oft allein. Oft sind sie
mit scheinbar unueberwindbaren Problemen konfrontiert. Wissen Sie,
wenn jemand an unheilbarem Krebs leidet, geht es bei Heilung nicht
nur um koerperliche Genesung. Es geht um den Prozess, diesen
Menschen zu spiritueller Ganzheit zu verhelfen, so dass sie
ertragen koennen, was sie erleiden, und ihr Leben in Glauben und
Hoffnung vollenden. Ich betrachte die Menschen in unserer Kirche
als Spender und Spenderinnen von Heilung in einer Welt, die oft
von Krebs befallen ist. Diese Aufgabe ist riesig. Ob sich die Welt
allerdings letztendlich dramatisch veraendern wird und ob es
moeglich ist, dass 60 Millionen Lutheraner und Lutheranerinnen
weltweit zusammen mit andern Christen und Christinnen der Flut der
Globalisierung und dem Moloch wirtschaftlichen und militaerischen
Fortschritts Einhalt gebieten koennen, das weiss ich nicht.

Aber ich weiss, dass diese Menschen den Gemeinschaften, in denen
sie leben und arbeiten - und, soweit sie die Chance haben, auch
der Welt insgesamt - ihre Botschaft von Versoehnung und Heilung
weitersagen werden; dass sie auf das ganze Spektrum dessen, was es
heisst, Mensch zu sein, und die Beziehungen, die Menschen in
dieser Hinsicht brauchen, eingehen werden.

McAteer: Diese Art Treffen sind wohl auch fuer die
Kirchenleitungen sehr ermutigend, die sich sicher manchmal
angesichts der Entwicklungen in der Welt entmutigen lassen?

Schultz: Es ist wie ein Sakrament. Der Grund dafuer, dass wir den
Menschen im Abendmahl Brot und Wein spenden, ist, dass sie so die
Gegenwart des lebendigen Christus wirklich schmecken und fuehlen
koennen. Wir folgen einem menschgewordenen Gott, einem Gott aus
Fleisch und Blut, den man beruehren und fuehlen kann, einem, der
in einer Beziehung mit uns lebt. So sind diese Begegnungen und die
gegenseitige Erfahrung der anderen sowie die Erkenntnis, dass
tatsaechlich Menschen auf der ganzen Welt die gleichen scheinbar
unbedeutenden Handlungen vollziehen, ein so starkes Erlebnis, das
gar nicht zu beschreiben ist.

Peers: Solche Treffen bedeuten immer eine Kombination von
Staerkung und Herausforderung. Eine der Herausforderungen richtet
sich an unser Gefuehl "wir Aermsten"- unser Selbstmitleid, wenn
wir naemlich von der viel verzweifelteren Lage anderer Christen
und Christinnen hoeren. Noch komplexer ist die Erschuetterung,
wenn wir von unseren vermeintlichen Pluspunkten, unseren konkreten
Beitraegen und Leistungen sprechen und sie dann jemand zutiefst in
Frage stellen und uns damit schockiert. Natuerlich steht
heutzutage diese Art von Erfahrung vielen Menschen offen, zum
Beispiel mit Hilfe des Internets, doch kann nichts je die
persoenliche Begegnung mit Menschen aus Fleisch und Blut ersetzen.
(2.521 Woerter)

*	*	*

Der Lutherische Weltbund (LWB) ist eine Gemeinschaft lutherischer
Kirchen weltweit. 1947 in Lund (Schweden) gegruendet, zaehlt er
inzwischen 136 Mitgliedskirchen, denen rund 61,7 Millionen der
weltweit rund 65,4 Millionen LutheranerInnen in 76 Laendern
angehoeren.

Das LWB-Sekretariat befindet sich in Genf (Schweiz). Das
ermoeglicht eine enge Zusammenarbeit mit dem Oekumenischen Rat der
Kirchen (OeRK) und anderen weltweiten christlichen Organisationen.
Der LWB handelt als Organ seiner Mitgliedskirchen in Bereichen
gemeinsamen Interesses, z. B. oekumenische und interreligioese
Beziehungen, Theologie, humanitaere Hilfe, Menschenrechte,
Kommunikation und verschiedene Aspekte von Missions- und
Entwicklungsarbeit.

Die LUTHERISCHE WELT-INFORMATION (LWI) wird als Informationsdienst
des Lutherischen Weltbundes (LWB) herausgegeben. Veroeffentlichtes
Material gibt, falls dies nicht besonders vermerkt ist, nicht die
Haltung oder Meinung des LWB oder seiner Arbeitseinheiten wieder.
Die mit "LWI" gekennzeichneten Beitraege koennen kostenlos mit
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***
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