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Nepal: Bhutanesische Fluechtlinge drohen, staatenlos zu werden


From "Frank Imhoff" <FRANKI@elca.org>
Date Thu, 19 Jun 2003 11:34:19 -0500

Fuehrende internationale NGOs kritisieren Pruefverfahren

Genf, 19. Juni 2003 (LWI) - Sechs internationale
Nichtregierungsorganisationen (NGOs) und Menschenrechtsgruppen
haben davor gewarnt, dass die Ankuendigung der bhutanesischen und
nepalesischen Regierung, dass nur wenige bhutanesische
Fluechtlinge bei der Rueckkehr in ihr Land ihre vollen
staatsbuergerlichen Rechte zuerkannt bekommen, Tausende von
Fluechtlingen zu Staatenlosen machen koennte. Den uebrigen
Fluechtlingen blieben nur fuenfzehn Tage Zeit, um gegen ihre
Einstufung, die die beiden Regierungen in einem seit Maerz 2001
laufenden Pruefverfahren vorgenommen haben, Berufung einzulegen.

In einer gemeinsamen Erklaerung haben der Lutherische Weltbund
(LWB), Amnesty International, Human Rights Watch, Refugees
International, das US Committee for Refugees und die Bhutanese
Refugee Support Group die Geberregierungen sowie die Regierungen
in der Region aufgerufen, den Druck auf die bhutanesische und
nepalesische Regierung zu erhoehen, um eine gerechte Loesung fuer
diese seit vielen Jahren bestehende Fluechtlingskrise zu finden.

"Die bhutanesischen Fluechtlinge warten seit mehr als zehn Jahren
darauf, dass eine Loesung fuer ihre Probleme gefunden wird",
erklaerte Rachael Reilly, Beraterin fuer Fluechtlingsfragen bei
Human Rights Watch. "Das hier ist jedoch keine Loesung ihrer
Probleme, sondern eine pauschale Verletzung ihrer Rechte."

Nepal und Bhutan haben am 18. Juni die Ergebnisse eines ersten
Pruefverfahrens in einem Fluechtlingslager veroeffentlicht, nach
dem die 12.000 dort lebenden Fluechtlinge in vier Kategorien
eingeteilt worden seien:
- zweieinhalb Prozent der Fluechtlinge in Kategorie I:
bhutanesische bona-fide-StaatsbuergerInnen, die das Recht haetten,
in ihre Heimat zurueckzukehren;
- 70 Prozent in Kategorie II: Fluechtlinge, die "freiwillig
ausgewandert" seien und die die bhutanesische Staatsbuergerschaft
neu beantragen muessten; diese Fluechtlinge haetten keinen
Rechtsanspruch mehr auf ihr Land und Eigentum und koennten nicht
dorthin zurueckkehren;
- 24 Prozent in Kategorie III: nicht-bhutanesische
StaatsbuergerInnen, deren Antrag auf Einbuergerung abgelehnt wurde
und die in ihre jeweiligen Laender zurueckgeschickt wuerden;
- drei Prozent in Kategorie IV: sog. "Kriminelle", die in Bhutan
vor Gericht gestellt wuerden.

"Die Welt hat die bhutanesischen Fluechtlinge viel zu lange
vernachlaessigt", erklaerte Peter Prove, Assistent des
LWB-Generalsekretaers im Bereich Internationale Angelegenheiten
und Menschenrechte. "Die Regierungen von Bhutan und Nepal haben
keine tragfaehigen Loesungen vorgeschlagen. Die internationale
Gemeinschaft muss jetzt eingreifen und fordern, dass die Rechte
der Fluechtlinge geachtet werden," betonte Prove.

Mehr als 100.000 nepalesischstaemmige Fluechtlinge aus dem
suedlichen Bhutan leben seit zwoelf Jahren in Lagern im Suedosten
Nepals, nachdem ihnen Anfang der 1990er Jahre ihre
Staatsangehoerigkeit willkuerlich aberkannt worden war und sie
fliehen mussten. Seither hat sich die Lage dieser Fluechtlinge zu
einer der am meisten verschleppten und vernachlaessigten
Fluechtlingskrisen in der Welt entwickelt.

"Dieser Beschluss vermittelt anderen Regierungen die Botschaft,
dass es rechtlich gesehen akzeptabel ist, einer ganzen ethnischen
Gruppe willkuerlich ihre Staatsbuergerschaft abzuerkennen, sie aus
ihrem Land zu vertreiben und ihnen dann die Rueckkehr zu
verweigern", erklaerte Ingrid Massage, Interim-Direktorin des
Asien- und Pazifikprogramms von Amnesty International.
"Geberlaender, die Bhutan unterstuetzen, sollten einen solchen
Prozess, der Zehntausende von Menschen zu Staatenlosen machen
koennte, nicht stillschweigend hinnehmen."

Die NGOs kritisierten die lange Dauer des von beiden Regierungen
im Fluechtlingslager Khudunabari durchgefuehrten Pruefverfahrens,
den voelligen Mangel an Transparenz beziehungsweise
internationaler Begleitung des ganzen Prozesses. Obwohl der Hohe
Fluechtlingskommissar der Vereinten Nationen (UNHCR) die
bhutanesischen Fluechtlingslager seit Beginn der Krise im Jahr
1991 verwaltet, ist ihm von beiden Regierungen systematisch jede
Mitwirkung bei der Festlegung des Status der Fluechtlinge und dem
Repatriierungsprozess verweigert worden.

Die NGOs aeusserten Kritik an den Ergebnissen des Pruefverfahrens
und wiesen auf schwerwiegende Maengel bei der Einstufung in die
vier Fluechtlingskategorien hin. So seien viele Fluechtlinge,
deren Antrag auf die bhutanesische Staatsbuergerschaft abgelehnt
wurde, aufgrund der diskriminierenden Staatsangehoerigkeitsgesetze
und ihrer Anwendung willkuerlich ihrer Staatsbuergerschaft beraubt
worden, bevor sie ihres Landes verwiesen worden seien. Des
Weiteren seien viele der Fluechtlinge, die als "freiwillige
AuswandererInnen" eingestuft wurden, vor ihrer Vertreibung de
facto gezwungen worden, eine Erklaerung ueber ihre "freiwillige
Auswanderung" zu unterschreiben. Und schliesslich seien die
Fluechtlinge, die im Pruefverfahren als "Kriminelle" eingestuft
wurden, mit grosser Wahrscheinlichkeit politische AktivistInnen,
die sich fuer die Demokratie eingesetzt hatten und bei ihrer
Rueckkehr nach Bhutan ungerechte Gerichtsverfahren ohne den ihnen
zustehenden Rechtsschutz fuerchten muessten.

Die NGOs forderten, dass die bhutanesischen Fluechtlinge Zugang zu
einem umfassenden, gerechten und unparteiischen Berufungsverfahren
haben und dass ihnen ausreichend Zeit fuer die Vorbereitung ihrer
Verteidigung sowie unabhaengige RechtsberaterInnen zur Verfuegung
gestellt werden muessten. Gegenwaertig blieben ihnen nur fuenfzehn
Tage Zeit, um bei derselben Instanz, die die Einstufung
vorgenommen hat, Berufung einzulegen, und das auch nur, wenn sie
neue Beweise vorlegen koennten. Die NGOs brachten ihre die ernste
Sorge zum Ausdruck, dass die vielen Fluechtlinge, die zur
Neubeantragung ihrer Staatsbuergerschaft gezwungen werden,
aufgrund der schwierigen Einbuergerungsbedingungen und der
willkuerlichen Staatsangehoerigkeitsgesetze auf schwerwiegende
Hindernisse stossen werden.

Die NGOs riefen die Geberregierungen und die Regierungen in der
Region auf, den Druck auf die Regierungen in Bhutan und Nepal zu
erhoehen, damit diese:
- den UNHCR einladen, das Pruef- und Repatriierungsverfahren zu
begleiten und zu unterstuetzen;
- ein gerechtes und unabhaengiges Berufungsverfahren einrichten
und den Fluechtlingen ausreichend Zeit einraeumen, damit diese bei
einer unparteiischen dritten Partei Berufung einlegen koennen;
- die Rechte der bhutanesischen Fluechtlinge, einschliesslich des
Rechts auf Rueckkehr in ihr Heimatland und auf ihre
Staatsbuergerschaft, wahren. (832 Woerter)

Fuer weitere Informationen wenden Sie sich bitte an:
Genf: Peter Prove, Lutherischer Weltbund: +41/22-791 6364 oder
+41/78-757 6749 (Mobiltelefon)
New York: Rachael Reilly, Human Rights Watch: +1/212-216 1208 oder
+1/917-531 5651 (Mobiltelefon)
Washington D.C.: Kenneth F. Bacon, Refugees International:
+1/202-828 0110
Washington D.C.: Hiram Ruiz, U.S. Committee for Refugees:
+1/202-3473507 oder abends: +1/202-494 7790
London: Magda Wendorff-Kowalczuk, Amnesty International:
+44/207-4135729 oder +44/7778-472 173 (Mobiltelefon) rin des
Asien- 
Dublin: Mary Coghlan, Bhutanese Refugee Support Group: +353/87-648
0575 (Mobiltelefon) oder +353/1-882 7889.

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