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'Durch UBuntu sind wir alle miteinander verbunden'


From "Frank Imhoff" <FRANKI@elca.org>
Date Fri, 10 Oct 2003 12:25:06 -0500

"Durch UBuntu sind wir alle miteinander verbunden"
Friedenskonferenz: Afrikanische traditionelle Religion kann
eigenen Beitrag zum Frieden leisten
 
Johannesburg (Suedafrika)/Genf, 10. Oktober 2003 (LWI) - 
"Afrikanische Politiker wie Kenneth Kaunda (Sambia), Nelson
Mandela (Suedafrika) sowie dessen Nachfolger Thabo Mbeki und
UN-Generalsekretaer Kofi Annan haben alle Vermittlerrollen fuer
den Frieden in Afrika und in der Welt uebernommen. Afrikaner und
Afrikanerinnen haben eigene geistige und spirituelle
Faehigkeiten, Konflikte zu loesen", betonte Ntate Dr. Kgalushi
Koka, Direktor des Karaites-Instituts fuer Afrikanistik in
Suedafrika, in einem Workshop zu traditionellen afrikanischen
Wegen der Konfliktloesung waehrend der "Interreligioesen
Konferenz suedliches Afrika".
 
An der interreligioesen Friedenskonferenz, die vom 30. September
bis 1. Oktober 2003 in Johannesburg (Suedafrika) stattfand,
nahmen rund 50 VertreterInnen aus elf Laendern des suedlichen
Afrika teil, die sieben Religionsgemeinschaften vertraten,
darunter auch die afrikanische traditionelle Religion. Ziel der
Tagung war, Initiativen verschiedener interreligioeser Gruppen im
suedlichen Afrika zu diskutieren, die diese Arbeit als Antwort
auf die "Johannesburger Interreligioese Erklaerung zum Frieden -
Die Gabe des Friedens annehmen" verstehen. Im Oktober 2002 hatten
waehrend des vom Lutherischen Weltbund (LWB) organisierten
Interreligioesen Friedensgipfels in Afrika rund 100 Delegierte
aus ganz Afrika ihre gemeinsame interreligioese Verantwortung
fuer den Frieden in Afrika bekraeftigt. 
 
"Die afrikanische traditionelle Religion wurde erst vor kurzem
in die Familie der anerkannten Religionsgemeinschaften in
Suedafrika aufgenommen ", betonte Koka. "Deshalb entsteht hier
die Frage: welchen Beitrag kann die afrikanische traditionelle
Religion zur Friedensstiftung leisten? Und was sind die
kulturellen und philosophischen Grundlagen fuer unseren Umgang
mit Konflikten?"
 
Koka bezog sich bei seiner Antwort auf diese Fragen auf den
afrikanischen Begriff des UBuntu (Mensch-Sein). UBuntu sei ein
allumfassender Begriff, "der die Gleichheit und inhaerente
Spiritualitaet eines jeden einzelnen Menschen anerkennt. Das
Mensch-Sein wird dem menschlichen Koerper durch den goettlichen
Geist eingehaucht, er wird dadurch zu einer lebendigen Seele.
Dieses Mensch-Sein bzw. UBuntu hat bei allen Menschen die gleiche
Qualitaet und verbindet alle Menschen miteinander und mit Gott",
so Koka.
 
Die afrikanische Grundlage fuer die Wiederherstellung des
Friedens nach einem Konflikt sei, so Koka, die Ueberzeugung, dass
kein Mensch von UBuntu ausgeschlossen ist. "Durch UBuntu sind wir
alle miteinander verbunden, selbst mit unserem groessten Feind.
Wenn wir dies wissen und anerkennen, koennen wir gar nicht
anders, als in allen Menschen unsere Brueder und Schwestern zu
sehen. Das Mensch-Sein des anderen ist ein Spiegel meines eigenen
Mensch-Seins."
 
Diese philosophische Grundlage sei jedoch lediglich eine
"Potenzialitaet", so Koka, und muesse in der konkreten Situation
"aktualisiert" bzw. in die Praxis umgesetzt werden. In Afrika
finde die Philosophie des UBuntu traditionell im Vollzug von
Ritualen ihren Ausdruck. "Rituale machen die spirituellen Kraefte
in Handlungen, Gesten und Symbolen sichtbar."
 
Als Beispiel eines Schlichtungsrituals demonstrierte Koka mit
Hilfe zweier Teilnehmender die "Zeremonie der Asche". Waehrend
dieses Rituals werden zwei Personen oder Parteien, die
miteinander im Streit liegen, von den Aeltesten der Gemeinschaft
zusammengebracht und einander gegenuebergestellt. Beide bekommen
Asche in die ausgestreckte Hand gestreut und muessen diese dann
aus der Hand des Gegners auflecken und anschliessend ausspucken.
Danach geben sich die Parteien die Hand und umarmen sich. 
 
"Die Asche ist ein Symbol fuer etwas, das gebrannt hat, dessen
Energie aber jetzt verbraucht ist", erklaerte Koka. Indem die
Asche in den Mund genommen und wieder ausgespuckt werde,
vollzoegen beide Parteien einen symbolischen Akt, der dazu
fuehre, dass auch die Energie des Streites als verbraucht gelte.

Es sei wichtig, dass dieses Ritual nicht im Privaten stattfinde,
sondern im Kreis der Gemeinschaft, betonte Koka. Da alle Menschen
durch den Geist des UBuntu miteinander verbunden seien, betreffe
ein Streit zwischen zwei Menschen oder Parteien immer die gesamte
Gemeinschaft. Ebenso heile die Schlichtung eines Streites
zwischen Personen und Gruppen immer auch die groessere
Gemeinschaft. 
 
In der afrikanischen traditionellen Religion gebe es eine
Vielzahl von Moeglichkeiten, Konflikte zu loesen und Versoehnung
zwischen Menschen herzustellen. Suedafrika habe dies bewiesen,
als nach dem Ende der Apartheid die Versoehnung zwischen
Schwarzen und Weissen verwirklicht wurde, so Koka. "Leider setzen
wir diese Faehigkeiten nicht haeufig genug ein, um Frieden zu
stiften." (647 Woerter)
 
(Ein Beitrag von LWI-Korrespondentin Erika von Wietersheim.)
 
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