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Was kommt zuerst - Interreligioeser Dialogoder Konfliktloesung?


From "Frank Imhoff" <FRANKI@elca.org>
Date Fri, 23 Jan 2004 15:10:25 -0600

Was kommt zuerst - Interreligioeser Dialog oder Konfliktloesung?
WSF-Seminar diskutiert ueber interkonfessionellen Ansatz zur Konfliktloesung 
 
Mumbia (Indien)/Genf, 23. Januar 2004 (LWI) - Pfr. Jairo Suarez von der
Evangelisch-Lutherischen Kirche Kolumbiens hat die Initiative des
Lutherischen Weltbundes (LWB) fuer interreligioese Friedensarbeit in Afrika
begruesst. In einem vom LWB organisierten Seminar waehrend des vierten
Weltsozialforums (WSF), das vom 16. bis 21. Januar im indischen Mumbai
stattfand, bewertete Suarez die Arbeit, die im Rahmen der Interreligioesen
Aktion fuer Frieden in Afrika inzwischen angelaufen ist, als positiv. Er
stellte jedoch die Frage, ob einzelne religioese Gruppen tatsaechlich bereit
seien, ein solches Modell zu uebernehmen und anzuwenden. Suarez war Mitglied
einer 50-koepfigen LWB-Delegation, die sich waehrend des WSF in Mumbai
schwerpunktmaessig mit den Themen illegitime Verschuldung, Wasser, Frieden
und Konflikte, Dalits und Diskriminierung aufgrund der Kastenzugehoerigkeit,
indigene Voelker sowie Menschenrechte im Kontext der Globalisierung
beschaeftigte.
 
Der interreligioese Ansatz der LWB-Initiative sei sehr komplex fuer die
beteiligten christlichen Netzwerke, bemerkte Suarez. Zu fragen sei, ob nicht
zunaechst eine Konzentration auf die Friedensbemuehungen einzelner
religioeser Gruppen, wie z. B. der christlichen Kirchen, besser gewesen
waere, bevor solche Bemuehungen mit denen anderer Glaubensgemeinschaften
verknuepft wuerden. "Viele der Kirchen sind sich in der Frage, wie man an
Konflikte herangehen sollte, nicht einig. Wie sollen sie dann bereit und in
der Lage sein, das Problem als interreligioese Gruppe anzugehen?"
 
Suarez reagierte auf den Vortrag des Koordinators der interreligioesen
Initiative, Scheich Saliou Mbacki aus Senegal, der das Hauptreferat auf dem
LWB-Seminar in Mumbai ueber die Interreligioese Aktion fuer Frieden in Afrika
hielt. 
 
Der roemisch-katholische Priester Bernard Janicot aus Algerien begruesste den
interreligioesen Ansatz, aeusserte jedoch Bedenken im Blick auf die Rolle,
die diese Initiative in seinem Land spielen koennte, wo die Gesellschaft
nicht nur mit innerstaatlichen Konflikten, sondern auch mit Konflikten
innerhalb des Islam, der vorherrschenden Religion, konfrontiert sei. Er
stimmte Suarez zu, dass die religioesen Gruppen mit schwerwiegenden internen
Problemen zu kaempfen haetten, die sie daran hindern wuerden, sich ernsthaft
an einem solchen wohlgemeinten interreligioesen Prozess zu beteiligen.
 
Eine Reihe von WSF-Delegierten, die an dem LWB-Seminar teilnahmen, forderte,
dass Frauen an diesem Prozess sowohl in leitenden Funktionen als auch an der
Basis beteiligt werden muessten. In seinem Vortrag wies Mbacki darauf hin,
dass Frauen und Friedensnetzwerke von Frauen aktiv an den Friedensbemuehungen
in Konfliktsituationen beteiligt seien und dass sie auf dem ersten
Interreligioesen Friedensgipfel in Afrika im Oktober 2002 in Johannesburg
(Suedafrika) sowie auf subregionalen Konferenzen spuerbar praesent gewesen
seien. Der interreligioesen Delegation, die im Oktober 2003 Liberia besuchte,
habe jedoch nur eine Frau angehoert. Frauen und junge Menschen, betonte er,
spielten eine wichtige Rolle im Engagement fuer Frieden in Afrika. Der zum
Abschluss des Friedensgipfels 2002 verabschiedete Aktionsplan fordere ihre
Einbeziehung und umfassende Beteiligung an interreligioesen
Friedensbemuehungen auf dem Kontinent.
 
Der anglikanische Bischof Baker M. Ocholla II aus Uganda sprach ueber die
Lage von Frauen in Konflikten. Er stuetzte sich dabei konkret auf die
Erfahrungen, die in Norduganda gesammelt werden, wo er aktiv an den
Friedensbemuehungen der Acholi Religious Leaders' Peace Initiative (ARLPI -
Acholi-Friedensinitiative leitender ReligionsvertreterInnen) beteiligt ist.
"Der Krieg geht so brutal mit Frauen um, dass sie de facto als Waffen im
Krieg benutzt werden", sagte er. Nicht nur wuerden immer mehr Frauen Witwen,
weil ihre Maenner im Krieg fielen, sondern viele von ihnen wuerden von
Mitgliedern bewaffneter militanter Gruppen vergewaltigt - und das oft vor den
Augen ihrer Familie. Fuer Ocholla II, der als Vertreter von ARLPI am WSF
teilnahm, ist die Frage der Gewalt gegen Frauen im Krieg ein Problem, das die
ReligionsleiterInnen im Rahmen der interreligioesen Initiative fuer Frieden
in Afrika dringend aufgreifen muessten. Ocholla II vertrat ARLPI auch auf dem
Friedensgipfel in Joha
 n!
nesburg.
 
Pfarrerin Monika Matthias von der Evangelischen Kirche
Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz betonte, dass normale
KirchgaengerInnen an interreligioesen Gespraechen und Dialogen beteiligt
werden muessten. Der normale Buerger und die normale Buergerin stellten sehr
konkrete, grundlegende Fragen zum Glauben der anderen und dies muesse in
einem interreligioesen Prozess, wie z. B. dem von Mbacki vorgestellten, als
entscheidendes Element einbezogen werden. In ihrem seelsorgerlichen Dienst
arbeitet Matthias auch mit Gruppen, die sich mit interreligioesen Fragen und
dem "Empowerment" von Frauen befassen. 
 
Jules Wahare aus Togo, der die internationale Bewegung katholischer
StudentInnen auf dem WSF vertrat, erklaerte, dass Menschen an der Basis,
deren religioese Ueberzeugungen sich auf die "Weltsicht meiner Religion"
beschraenkten, einem interreligioesen Prozess sehr wohl mit Misstrauen
begegnen koennten. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass in meinem eigenen
Dorf ein Christ eine Moschee betreten wuerde", bemerkte er.
 
Der islamische Gelehrte Prof. Farid Edsack, Direktor des Zentrums fuer
progressiven Islam in Kapstadt (Suedafrika), stellte die Frage, ob der
Ansatz, den interreligioesen Prozess mit leitenden ReligionsvertreterInnen
durchzufuehren, nicht zu elitaer sei. Ein solcher Prozess muesse von Anfang
an die Basis mit einbeziehen, forderte er.
 
Abschliessend betonte Pfr. Dr. Piri Rasolondraibe, Direktor der LWB-Abteilung
fuer Mission und Entwicklung (AME), der das Seminar moderierte und die
LWB-Delegation leitete, dass mit religioesen Gemeinschaften auf allen Ebenen
zusammengearbeitet werden muesse, wenn das Konfliktszenario in Afrika in eine
andere Richtung gelenkt werden solle. (819 Woerter)
 
*	*	*
 
Der Lutherische Weltbund (LWB) ist eine Gemeinschaft lutherischer Kirchen
weltweit. 1947 in Lund (Schweden) gegruendet, zaehlt er inzwischen 136
Mitgliedskirchen, denen rund 61,7 Millionen der weltweit rund 65,4 Millionen
LutheranerInnen in 76 Laendern angehoeren.
Das LWB-Sekretariat befindet sich in Genf (Schweiz). Das ermoeglicht eine
enge Zusammenarbeit mit dem Oekumenischen Rat der Kirchen (OeRK) und anderen
weltweiten christlichen Organisationen. Der LWB handelt als Organ seiner
Mitgliedskirchen in Bereichen gemeinsamen Interesses, z. B. oekumenische und
interreligioese Beziehungen, Theologie, humanitaere Hilfe, Menschenrechte,
Kommunikation und verschiedene Aspekte von Missions- und Entwicklungsarbeit.
 
Die LUTHERISCHE WELT-INFORMATION (LWI) wird als Informationsdienst des
Lutherischen Weltbundes (LWB) herausgegeben. Veroeffentlichtes Material gibt,
falls dies nicht besonders vermerkt ist, nicht die Haltung oder Meinung des
LWB oder seiner Arbeitseinheiten wieder. Die mit "LWI" gekennzeichneten
Beitraege koennen kostenlos mit Quellenangabe abgedruckt werden. 

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LWI online unter: www.lutheranworld.org/News/Welcome.DE.html 

LUTHERISCHE WELT-INFORMATION
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Deutsche Redaktion: Dirk-Michael Groetzsch
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