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Weltsozialforum: LWB-VertreterInnen fordern von Kirchen ein


From "Frank Imhoff" <FRANKI@elca.org>
Date Fri, 23 Jan 2004 15:11:37 -0600

Weltsozialforum: LWB-VertreterInnen fordern von Kirchen ein "Nein" zur Gewalt
gegen Frauen
Kolumbianischer Pfarrer: Gewalt in der Gesellschaft ist Herausforderung fuer
die Kirchen
 
Mumbia (Indien)/Genf, 23. Januar 2004 (LWI) - Zwei Mitglieder einer
50-koepfigen Delegation des Lutherischen Weltbundes (LWB), die am vierten
Weltsozialforum (WSF) vom 16. bis 21. Januar im indischen Mumbai teilnahm,
haben sich fuer ein verstaerktes Engagement der Kirchen zur Ueberwindung von
Gewalt ausgesprochen. Im Rahmen eines Seminars unter dem Titel
"Spiritualitaet des Lebens und Menschenwuerde - Beitrag der Religionen zur
Ueberwindung von Gewalt" beleuchteten sie das Thema aus einer internationalen
wie einer lokalen Perspektive.
 
Priscilla Singh, Referentin fuer Frauen in Kirche und Gesellschaft (FKG) in
der LWB-Abteilung fuer Mission und Entwicklung (AME), ging auf die
internationalen Dimensionen des Themas und insbesondere auf Gewalt gegen
Frauen ein. Sie setzte sich mit der Frage auseinander, wie religioese
Organisationen - allen voran der LWB - versuchen, gegen diese Form von Gewalt
anzugehen. Pfr. Jairo Suarez von der Evangelisch-Lutherischen Kirche
Kolumbiens sprach ueber die Gewalt in seinem Land und das Engagement der
Kirchen. Das Seminar wurde geleitet von Dr. Guillermo Kerber,
Programmreferent im Team fuer Internationale Angelegenheiten, Frieden und
menschliche Sicherheit des Oekumenischen Rates der Kirchen (OeRK). 
 
Singh stellte das LWB-Dokument "Kirchen sagen *Nein' zur Gewalt gegen Frauen"
vor, das einen Beitrag zur "Dekade zur Ueberwindung von Gewalt (2001-2010):
Kirchen fuer Frieden und Versoehnung" des OeRK darstellt. Dieses Dokument ist
das Ergebnis einer weltweiten Untersuchung zu dem Thema, die deutlich gemacht
macht, dass Gewalt gegen Frauen selbst innerhalb der Kirche eine globale
Realitaet ist. "Was wir als religioese Gemeinschaften sagen, ist, dass dieses
Problem nicht irgendwo *dort draussen' liegt. Es ist unser Problem und wir
sind Teil dieses Problems", betonte Singh. Gleichzeitig hielt sie fest, dass
die Kirchen wirkungsvolle geistliche Ressourcen anbieten koennten, um der
Loesung dieses Problems naeher zu kommen.
 
Das Dokument liegt in den vier offiziellen Arbeitssprachen des LWB vor -
Englisch, Deutsch, Franzoesisch und Spanisch. Ferner ist es in den nordischen
Laendern, Asien sowie Suedamerika in acht weitere Sprachen uebersetzt worden.
In verschiedenen Teilen der Welt werden gegenwaertig 14 zusaetzliche
Uebersetzungen angefertigt.
 
Die Religion behandele Frauen oft als Opfer und biete ihnen, so Singh, nach
einer "Einzelfallpruefung" eine "karitative Loesung" an. In den Medien tauche
Gewalt gegen Frauen zwar bisweilen auf, aber sie bleibe haeufig unbeachtet,
weil sie als "privatisierte und domestizierte Angelegenheit" betrachtet
werde.
 
Singh zaehlte Herausforderungen auf, die erfuellt werden muessten, wenn
Gewalt gegen Frauen in den Kirchen effektiv ueberwunden werden soll. Dazu
gehoerten: ein Gottesbild, das nicht geschlechtsgebunden sei; ein
Maennerbild, das keine Macho-Zuege aufweise, sondern sich an maennlichen
Vorbildern orientiere, die fuersorglich und zugewandt seien; eine Theologie
mit einer neuen feministisch ausgerichteten Vision und Schwerpunktsetzung. 
 
Die FKG-Referentin erklaerte, Glaubensgemeinschaften muessten eine lebendige
Spiritualitaet foerdern - eine Spiritualitaet, die nicht hauptsaechlich im
Sonntagsgottesdienst und an christlichen Feiertagen gelebt werde.
Netzwerkarbeit mit ChristInnen und anderen Glaubensgemeinschaften sei fuer
die Bekaempfung von Gewalt gegen Frauen von zentraler Bedeutung. Sie rief die
Glaubensgemeinschaften auf, vom Dialog zur "Diapraxis" ueberzugehen, damit
sie sich weniger auf die zwischen ihnen bestehenden Unterschiede
konzentrierten und staerker ihr gemeinsames Handeln in den Vordergrund
stellen koennten.
 
Pfr. Suarez aus Kolumbien erklaerte in seinem Beitrag, dass die politische
Gewalt in Kolumbien zur Vertreibung von Millionen von Menschen gefuehrt habe.
"Jeden Tag sterben mindestens 20 Menschen infolge politischer Gewalt",
betonte er. Aber er wies auch darauf hin, dass die Kirchen die
missionarischen Aufgaben, vor die diese soziopolitische Krise sie stelle,
nicht wahrnehmen wuerden.
 
Er fuegte hinzu, dass die Beziehungen zwischen den verschiedenen christlichen
Konfessionen sich in den letzten 15 Jahren zwar verbessert haetten, dass es
aber immer noch fundamentalistische christliche Gruppen gebe, die glaubten,
dass das aktive Engagement fuer soziale Anliegen nicht zu den missionarischen
Aufgaben der Kirche gehoerten. Das WSF, so Suarez, stelle die kolumbianischen
Kirchen vor die Herausforderung, sich mit aller Kraft dafuer einzusetzen,
dass den vertriebenen Gemeinschaften neue Lebensperspektiven geboten werden.
 
Die 50-koepfige LWB-Delegation beschaeftigte sich waehrend des WSF in Mumbai
schwerpunktmaessig mit den Themen illegitime Verschuldung, Wasser, Frieden
und Konflikte, Dalits und Diskriminierung aufgrund der Kastenzugehoerigkeit,
indigene Voelker sowie Menschenrechte im Kontext der Globalisierung. (665
Woerter)
 
*	*	*
 
Der Lutherische Weltbund (LWB) ist eine Gemeinschaft lutherischer Kirchen
weltweit. 1947 in Lund (Schweden) gegruendet, zaehlt er inzwischen 136
Mitgliedskirchen, denen rund 61,7 Millionen der weltweit rund 65,4 Millionen
LutheranerInnen in 76 Laendern angehoeren.
Das LWB-Sekretariat befindet sich in Genf (Schweiz). Das ermoeglicht eine
enge Zusammenarbeit mit dem Oekumenischen Rat der Kirchen (OeRK) und anderen
weltweiten christlichen Organisationen. Der LWB handelt als Organ seiner
Mitgliedskirchen in Bereichen gemeinsamen Interesses, z. B. oekumenische und
interreligioese Beziehungen, Theologie, humanitaere Hilfe, Menschenrechte,
Kommunikation und verschiedene Aspekte von Missions- und Entwicklungsarbeit.
 
Die LUTHERISCHE WELT-INFORMATION (LWI) wird als Informationsdienst des
Lutherischen Weltbundes (LWB) herausgegeben. Veroeffentlichtes Material gibt,
falls dies nicht besonders vermerkt ist, nicht die Haltung oder Meinung des
LWB oder seiner Arbeitseinheiten wieder. Die mit "LWI" gekennzeichneten
Beitraege koennen kostenlos mit Quellenangabe abgedruckt werden.

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LWI online unter: www.lutheranworld.org/News/Welcome.DE.html 

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