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Haiti: Kaffee - ein Symbol der Hoffnung


From "Frank Imhoff" <FRANKI@elca.org>
Date Fri, 30 Apr 2004 13:20:08 -0500

Kaffee - ein Symbol der Hoffnung
Haiti braucht Hilfe beim Aufbau demokratischer Strukturen
 
Montreux (Schweiz)/Genf, 30. April 2004 (LWI) - Mit Kaffeetrinken kann man
die Wirtschaft eines bankrotten Staates nicht sanieren, aber vielleicht,
indem man Kaffee anpflanzt. Es gab eine Zeit, da kam aus Haiti der beste
Kaffee der Welt. Er war damit nicht nur ein landwirtschaftliches Produkt,
sondern auch als ein St|ck Identitdt f|r einen ganzen Inselstaat. Weit
entfernt von der Realitdt scheinen solche Gedanken heute zu sein, angesichts
der andauernden politischen wie vkonomischen Krise in Haiti. Doch nach
j|ngsten Einschdtzungen von Michael Kuehn, Leiter des Ldnderprogramms der
Abteilung f|r Weltdienst (AWD) des Lutherischen Weltbundes (LWB) in Haiti,
ist es wieder der Kaffeeanbau, der auf dem Wege ist, Haiti ein kleines St|ck
Selbstbewusstsein und wirtschaftlichen Aufschwung zur|ckzugeben. 
 
Seit Beginn des Jahres haben sich die Unruhen in dem seit 1986 nahezu
durchgehend von gewaltsamen Auseinandersetzungen heimgesuchten Inselstaat
zusehends verschaerft. Die Krise fuehrte schliesslich Ende Februar zum
Ruecktritt von Praesident Jean-Bertrand Aristide und dessen Flucht in die
Zentralafrikanische Republik. Fuer die unmittelbar im Anschluss gebildete
internationale Allianz aus kanadischen, chilenischen, franzoesischen und
US-amerikanischen Militaerkraeften ist es gegenwaertig immer noch eine
schwierige Aufgabe, die Auseinandersetzungen zwischen RebellInnen und
Aristide-AnhaengerInnen unter Kontrolle zu halten. Aufgrund der anhaltenden
Instabilitaet und Perspektivlosigkeit versuchen viele HaitianerInnen von der
Insel zu fliehen. Erst am Dienstag, 27. April, wurden etwa 700 haitianische
Fluechtlinge von der US-Kuestenwache in Port-au-Prince wieder an Land
gesetzt. 
 
Angesichts der politischen Unruhen seien die primaeren Ziele des
Laenderprogramms im Neuaufbau demokratischer Strukturen und in der Staerkung
der Zivilgesellschaft und nicht vorrangig in der Beschaffung von
Lebensmitteln zur Armutsbekaempfung zu sehen, betonte Kuehn in einem
Interview mit der Lutherischen Welt-Information (LWI) anlaesslich des
AWD-Jahresforums vom 27. bis 29. April in Montreux (Schweiz). 
 
Das Vertrauen der HaitianerInnen in eine neue Demokratie und ihre Einbindung
in die demokratischen Prozesse muesse gezielt gefoerdert werden. Zur
Festigung sozialer Strukturen koenne auch der Kaffeeanbau einen Beitrag
leisten, so der gebuertige Deutsche. In zunehmendem Masse wuerde Kaffee
gemeinschaftlich in Kooperativen produziert und unter Bedingungen des "Fairen
Handels" exportiert. Die Kooperativen, die der LWB in Haiti unterstuetzt,
besaessen mittlerweile ebenfalls "faire" Handelspartner, wie etwa Frankreich
und die USA. 
 
Unter den haitianischen Kaffeebauern/-baeuerinnen wachse zudem mehr und mehr
das Verstaendnis fuer die Erschliessung von wirtschaftlichen Nischen auf dem
internationalen Kaffeemarkt sowie die Ambition, wieder Kaffee hoechster
Qualitaet zu exportieren, berichtete Kuehn. 
 
Was fuer den Kaffee gelte, sei ebenso auch der richtige Ansatz fuer den
politischen und sozialen Neuaufbau des ganzen Landes: Das Prinzip des
langfristigen Engagements und der dafuer erforderliche Zusammenschluss von
Kooperationsgemeinschaften muesse in noch weit staerkerem Masse als bisher
auch fuer die Zusammenarbeit von Nichtregierungsorganisationen (NGOs),
Vereinten Nationen (UN) und Organisationen auf lokaler Ebene gelten. Wichtig
hierbei sei, dass Organisationen wie der LWB gezielt die Kapazitaeten der
Organisationen auf lokaler Ebene foerderten und diese in ihrer Arbeit
unterstuetzten, schlaegt Kuehn vor. 
 
"Bottom up - von unten nach oben Hand in Hand mit den Organisationen vor Ort
zu arbeiten", so umschreibt der Leiter des Laenderprogramms seine Idee von
einem viel versprechenden Weg, eine neue Gesellschaft aufzubauen und unter
den HaitianerInnen ein dauerhaftes Bewusstsein fuer demokratische Prozesse
wachzurufen. Denn der Wille, einen demokratischen Staat zu schaffen, sei
innerhalb der Bevoelkerung schon vorhanden, werde jedoch nur allzu oft
angesichts des taeglichen Ueberlebenskampfes, der Sorge um Nahrungsmittel
oder medizinische Versorgung verdraengt, so Kuehns Einschaetzung. 
 
Doch um die herrschenden Lebensumstaende zu verbessern und die
allgegenwaertige Armut einzudaemmen, muessten eben zunaechst ordnende
staatliche Strukturen als Basis und Fundament aller Hilfsmassnahmen
geschaffen werden. Ein Dilemma, in dem sich nur sehr zaghaft Perspektiven
andeuten. Eine davon traegt der Kaffeeanbau in sich. Er koennte im Kampf
gegen die Armut Arbeitsplaetze und regelmaessige Einkommen schaffen. Doch
Kaffeepflanzen brauchen Zeit und Aufmerksamkeit, um zu wachsen und Fruechte
zu tragen - genauso wie die Vision von Frieden, Demokratie und einem besseren
Leben in Haiti. (629 Woerter)
 
(Ein Beitrag von LWI-Volontaerin Julia Fauth.)
 
*	*	*
 
Der Lutherische Weltbund (LWB) ist eine Gemeinschaft lutherischer Kirchen
weltweit. 1947 in Lund (Schweden) gegruendet, zaehlt er inzwischen 136
Mitgliedskirchen, denen rund 62,3 Millionen der weltweit knapp 66 Millionen
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Das LWB-Sekretariat befindet sich in Genf (Schweiz). Das ermoeglicht eine
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weltweiten christlichen Organisationen. Der LWB handelt als Organ seiner
Mitgliedskirchen in Bereichen gemeinsamen Interesses, z. B. oekumenische und
interreligioese Beziehungen, Theologie, humanitaere Hilfe, Menschenrechte,
Kommunikation und verschiedene Aspekte von Missions- und Entwicklungsarbeit.
 
Die LUTHERISCHE WELT-INFORMATION (LWI) wird als Informationsdienst des
Lutherischen Weltbundes (LWB) herausgegeben. Veroeffentlichtes Material gibt,
falls dies nicht besonders vermerkt ist, nicht die Haltung oder Meinung des
LWB oder seiner Arbeitseinheiten wieder. Die mit "LWI" gekennzeichneten
Beitraege koennen kostenlos mit Quellenangabe abgedruckt werden. 
 
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LWI online unter: www.lutheranworld.org/News/Welcome.DE.html 

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