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FEATURE: Religioese Gemeinschaften in Liberia und Sierra Leone


From "Frank Imhoff" <Frank.Imhoff@elca.org>
Date Mon, 18 Apr 2005 09:27:11 -0500

FEATURE: Religioese Gemeinschaften in Liberia und Sierra Leone rufen zur
Hoffnung auf
Appell an LWB-Delegation: Internationale Gemeinschaft muss zerbrechlichen
Frieden intensiver unterstuetzen

Monrovia (Liberia)/Genf, 18. April 2005 (LWI) - Im Vorfeld der Parlaments-
und Praesidentschaftswahlen in Liberia, die im Oktober dieses Jahres
stattfinden, setzt der lutherische Bischof Sumoward E. Harris alles daran,
dass sich die Kirchen seines Landes aktiv fuer die Beteiligung aller
wahlberechtigten BuergerInnen an den Wahlen engagieren.

Aus verschiedenen Gruenden haetten die LiberianerInnen "die Macht, die sie
durch die Abgabe ihrer Stimme erhalten, nie richtig und voll ausgeschoepft", so Harris. "Durch Unwissen und Missbrauch" sei es dazu gekommen, dass
Wahlen, die ein sehr wichtiges und machtvolles Werkzeug darstellten,
Liberia zu einem rueckstaendigen, unterentwickelten und selbstzerstoererisch agierenden Land gemacht haetten. "Eigennutz, Machtgier, Reichtum und
Vetternwirtschaft haben zu Blutvergiessen gefuehrt und dem souveraenen
Volk, von dem die Macht ausgeht, grosses Leid zugefuegt", betonte der
Leiter der Lutherischen Kirche in Liberia (LCL), der zugleich Praesident
des Liberianischen Rates der Kirchen (LCC) ist.

"Die Kirchen haben waehrend der Krise aus ihren Erfahrungen gelernt",
erklaerte Harris auf einem Informationsworkshop fuer WaehlerInnen, der
Mitte Februar in der liberianischen Hauptstadt Monrovia stattfand. "Viele
Politiker und Politikerinnen haben das Land verlassen, aber die Verantwortlichen in den Kirchen sind geblieben, um fuer ihre Gemeinden da zu sein,
und haben zusammen mit ihnen gelitten. Genau wie leitende Vertreter und
VertreterInnen anderer Religionen standen [sie] vor der schweren Aufgabe,
ihren Gemeindemitgliedern zu dienen und ihnen zur Seite zu stehen", so der
LCL-Bischof.

Knapp zwei Jahre sind vergangen, seit im August 2003 ein umfassendes
Friedensabkommen zwischen den Krieg fuehrenden Parteien in Lom* (Togo)
unterzeichnet wurde, das den 14-jaehrigen Buergerkrieg im Land beendete.
In der Folge trat Praesident Charles Taylor von seinem Amt zurueck und
ging ins Exil nach Nigeria. Die Nationale Uebergangsregierung Liberias
(National Transitional Government of Liberia - NTGL) unter Vorsitz von
Gyude Bryant, die sich aus ehemaligen Aufstaendischen, Mitgliedern der
alten Regierung und VertreterInnen zivilgesellschaftlicher Gruppen
zusammensetzt, erhielt ein auf zwei Jahre begrenztes Mandat, das im
Oktober 2003 anlief. Ihr Auftrag ist es, die Anstrengungen zum Wiederaufbau des zerstoerten Landes zu koordinieren und Wahlen abzuhalten.

Aufruf an internationale Gemeinschaft zur Unterstuetzung des Wahlprozesses

"[Wir] haben beschlossen, uns voll am Wahlprozess zu beteiligen, indem wir
mit der Nationalen Wahlkommission (NEC) zusammenarbeiten und Pfarrer sowie
Pfarrerinnen, Laienfuehrer und Laienfuehrerinnen, Mitglieder unserer
Gemeinden und andere darauf vorbereiten, sich umfassend an bevorstehenden
Wahlen zu beteiligen", erklaerte Harris.

Im Namen des LCC forderte er die Uebergangsregierung nachdruecklich dazu
auf, "alles in ihren Kraeften Stehende zu tun, um sicherzustellen, dass
die NEC die notwendige Unterstuetzung erhaelt, um die Bevoelkerung
Liberias auf die Abhaltung freier, gerechter und transparenter Wahlen
vorzubereiten." Er appellierte auch an die internationale Gemeinschaft
unter der Leitung der Vereinten Nationen, der NEC und dem liberianischen
Volk die dafuer erforderliche finanzielle, materielle und logistische
Unterstuetzung zu gewaehren.

Gute Regierungsfuehrung, so Harris, beginne mit der ordnungsgemaessen
Eintragung der WaehlerInnen ins Waehlerverzeichnis, der staatsbuergerlichen Erziehung zur Verantwortung und der Aufklaerung der BuergerInnen ueber
ihr Wahlrecht und die ihnen dadurch zuwachsende Macht. "[Sie] beginnt auch
damit, dass die BuergerInnen sich weigern, ihre Stimme fuer Reis oder Geld
oder fuer falsche und leere Versprechungen auf zukuenftige Posten zu
verkaufen. [Sie] beginnt damit, dass die Bevoelkerung andere kompetente
Buerger und Buergerinnen ins Amt waehlt, die Liberia ueber alles lieben
und bereit sind, ihr Bestes fuer das gemeinsame Wohl aller zu geben",
fuegte er hinzu.

Laut Harris besteht ein Glaubwuerdigkeitstest fuer die bevorstehenden
Wahlen darin, dass die Uebergangsregierung mit Hilfe der internationalen
Gemeinschaft sicherstellt, dass die Binnenvertriebenen, die zur Rueckkehr
in ihre Heimat bereit sind, die notwendige Unterstuetzung erhalten,
einschliesslich der Bereitstellung von Baumaterialien, Transport, sauberem
Trinkwasser, medizinischer Grundversorgung und Schulbildung.

Anlaesslich des Besuchs einer hochrangigen Delegation des Lutherischen
Weltbundes (LWB) in Liberia, deren Gastgeber die LCL im Februar war,
brachte Harris aehnliche Anliegen vor. Er appellierte an die leitenden
VertreterInnen des LWB, dem seine Kirche seit 1966 angehoert, "als *good
will-Botschafter' Liberias die internationale Gemeinschaft zur Unterstuetzung fuer den Wiederaufbau des vom Krieg zerstoerten westafrikanischen
Landes aufzurufen". In Liberia leben mehr als 300.000 Menschen in
Fluechtlingslagern, von denen einige von der LWB-Abteilung fuer Weltdienst
(AWD) betreut werden. Harris rief dazu auf, den Schwerpunkt auf Wiedereingliederungsprogramme fuer Jugendliche zu legen, da 80 Prozent der Kaempfenden in dem 14-jaehrigen Konflikt junge Menschen gewesen seien.

Liberias Stabilitaet hat Auswirkungen auf das benachbarte Sierra Leone

Die LWB-Delegation besuchte auch das benachbarte Sierra Leone, wo der von
1991 bis 2002 herrschende Buergerkrieg zwischen der Regierung und den
Rebellentruppen Zehntausende Menschen das Leben gekostet und mehr als zwei
Millionen Menschen - ueber ein Drittel der Bevoelkerung des Landes - zu
Binnenvertriebenen und Fluechtlingen gemacht hatte. Seit den Wahlen 2002
ist wieder relativer Friede eingekehrt und die Regierung konnte ihre
Position zunehmend festigen. Der allmaehliche Abzug der UN-Friedenstruppen
im letzten Jahr sowie Anfang 2005, die beunruhigenden politischen und
wirtschaftlichen Entwicklungen in Guinea und die Sicherheitslage im
benachbarten Liberia bergen fuer die allgemeine Stabilitaet des Landes
jedoch Risiken.

In der Naehe von Freetown (Sierra Leone) besuchte die LWB-Delegation ein
Lager, in dem rund 7.000 verstuemmelte Fluechtlinge und Binnenvertriebene
aus Liberia und Sierra Leone leben. Viele von ihnen sind fuer immer
gezeichnet von den Folgen der Taktik der Rebellengruppen im Kampf um die
Kontrolle ueber die Hauptstadt. Diese liessen zur Abschreckung ZivilistInnen Gliedmassen abzuhacken. Ueber das Programm der Evangelisch-Lutherischen
Kirche in Sierra Leone (ELCSL) und das dortige AWD-Programm helfen
LWB-Partner, einschliesslich der Evangelisch-Lutherischen Kirche in
Amerika (ELKA), bei der Wiederansiedlung von Familien und der Schaffung
von Einkommen schaffenden Projekten, wie Baeckereien und Handwerksbetrieben. Andere Hilfsprojekte sorgen fuer die Bereitstellung von Trinkwasser und
den Aufbau von Krankenstationen und Schulen.

Allerdings gibt es in Sierra Leone auch noch andere draengende Probleme.
"Der Krieg ist vorbei, die Wahlen haben stattgefunden, aber wir haben
immer noch einen sehr maechtigen Feind - HIV/AIDS", erklaert ELCSL-Bischof
Pfr. Thomas J. Barnett. Er verwies auf die bewusstseinsbildende Arbeit,
die die Kirche mit grossem Engagement leiste, um die Menschen darueber
aufzuklaeren, wie das HI-Virus uebertragen wird.

Es gibt jedoch auch positive Zeichen. Zwischen ChristInnen und MuslimInnen
in Sierra Leone bestuenden sehr gute Beziehungen - das sei eine Tatsache,
hebt Barnett hervor. Der ELCSL-Bischof ist auch Praesident des Interreligioesen Rates von Sierra Leone (IRCSL), der als Vermittler im Friedensprozess
eine wichtige Rolle gespielt hat. Der IRCSL unterstuetzt auch weiterhin
den interreligioesen Dialog und verschiedene andere Aktivitaeten zur
Staerkung des friedlichen Zusammenlebens. (1.039 Woerter)

(Ein Beitrag von LWI-Korrespondent Philip Sandi aus Monrovia, Liberia.)

* * *

Der Lutherische Weltbund (LWB) ist eine Gemeinschaft lutherischer Kirchen
weltweit. 1947 in Lund (Schweden) gegruendet, zaehlt er inzwischen 138
Mitgliedskirchen, denen rund 66 Millionen ChristInnen in 77 Laendern
weltweit angehoeren.

Das LWB-Sekretariat befindet sich in Genf (Schweiz). Das ermoeglicht eine
enge Zusammenarbeit mit dem Oekumenischen Rat der Kirchen (OeRK) und
anderen weltweiten christlichen Organisationen. Der LWB handelt als Organ
seiner Mitgliedskirchen in Bereichen gemeinsamen Interesses, z. B.
oekumenische und interreligioese Beziehungen, Theologie, humanitaere
Hilfe, Menschenrechte, Kommunikation und verschiedene Aspekte von
Missions- und Entwicklungsarbeit.

Die LUTHERISCHE WELT-INFORMATION (LWI) wird als Informationsdienst des
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gibt, falls dies nicht besonders vermerkt ist, nicht die Haltung oder
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* * *

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