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FEATURE: Interreligioese Initiative in Afrika unterstuetzt


From "Frank Imhoff" <Frank.Imhoff@elca.org>
Date Thu, 26 May 2005 15:46:53 -0500

FEATURE: Interreligioese Initiative in Afrika unterstuetzt
Austauschprogramm fuer ueberlebende Landminen-Opfer
Forderung nach Verringerung der Risiken und Verstaerkung der
Rehabilitationsmassnahmen

Kampala (Uganda)/Genf, 26. Mai 2005 (LWI) - "Als ich am naechsten Tag
aufwachte, war ich verstuemmelt." So fasste Margaret Arach Orech, ein
aktives Mitglied der Internationalen Kampagne zum Landminen-Verbot
(ICBL), ihre Begegnung 1998 mit den Rebellen der LRA (Lord's Resistance
Army) in Norduganda zusammen.

Sie war in einen Hinterhalt geraten, als sie die Stadt Kitgum verlassen
wollte. Zunaechst hielt sie die Explosion fuer einen geplatzten Reifen.
"Dass ich ein Bein verloren hatte, bemerkte ich noch gar nicht", so
Orech vor den TeilnehmerInnen eines Austauschprogramms fuer ueberlebende
Landminen-Opfer, das vom 29. Maerz bis 2. April in der ugandischen
Hauptstadt Kampala stattfand.

"Ich habe neun Stunden lang Blut verloren, ehe wir das Krankenhaus
erreichten", berichtete Orech, zurzeit eine der Vorsitzenden der
Arbeitsgruppe zur Unterstuetzung von Minenopfern (WGVA) der ICBL. Von
ihrem Schicksalsschlag hat sie bereits zuvor auf mehreren Foren
berichtet. Dadurch, dass sie anderen ihre Erfahrungen mitteilt und das
Trauma, den Schmerz und das Leid schildert, mit denen ueberlebende
Landminen-Opfer konfrontiert sind, hilft sie sich selbst und anderen in
ihrem Heilungsprozess.

An dem Austauschprogramm fuer ueberlebende Landminen-Opfer beteiligten
sich TeilnehmerInnen aus einem breiten Spektrum von
Nichtregierungsorganisationen (NGOs) und der Zivilgesellschaft, die ein
vollstaendiges Verbot von Landminen unterstuetzen. Schaetzungen gehen
von 60 bis 85 Millionen Landminen in mehr als 60 Laendern aus.

Machok Majong, zustaendig fuer die Rehabilitation Behinderter im Rahmen
der Operation zum Schutz des Lebens von Unschuldigen (OSIL) im
Suedsudan, wurde bei Kaempfen zwischen der sudanesischen
Rebellenorganisation SPLM/A (Sudanese People's Liberation Movement/Army)
und Regierungstruppen verwundet. Im Blick auf seine Mitarbeit bei OSIL
berichtete er: "Wir sagen den Opfern, dass Behinderung nicht
gleichbedeutend ist mit Unfaehigkeit. Sie koennen immer noch nuetzliche
Glieder der Gemeinschaft sein."

Majong betonte, es gebe viele Behinderte im Suedsudan. Sie seien Opfer
der zahlreichen sogenannten unentdeckten Minenfelder nicht explodierter
Minen (unexploded ordinances - UXOSs ). Jetzt umlagerten UXO-Opfer
hilflos die Staedte - demoralisiert und traumatisiert, ohne jede
Betreuung und Unterstuetzung. "Die (sudanesische) Regierung gewaehrt
ihnen keinerlei Unterstuetzung. Die SPLM/A ist nicht in der Lage, sie zu
unterstuetzen", so Majong, der durch eine Minenexplosion einen Arm
verloren hat.

Der Austauschbesuch der ueberlebenden Landminen-Opfer aus Kampala wurde
von der Interreligioesen Initiative fuer Frieden in Afrika (IFAPA)
organisiert, die vom Lutherischen Weltbund (LWB) ins Leben gerufen
wurde. Es nahmen Delegierte aus Aethiopien, Kenia, dem Suedsudan und
Uganda teil. Seit ihrer Gruendung im Oktober 2002 verfolgt die IFAPA
unablaessig die Strategie, ReligionsfuehrerInnen fuer Initiativen zur
Verhinderung von Konflikten zu gewinnen, zu Versoehnung zu ermutigen und
Friedensbemuehungen in mehreren Teilen Afrikas zu unterstuetzen. Das
Programm fuer ueberlebende Landminen-Opfer gilt als wichtiger Beitrag zu
langfristigen Friedensprozessen.

Die Koordinatorin der kenianischen Koalition gegen Landminen, Mereso
Agina, berichtete, traditionelle Geberorganisationen hielten sich bei
der Unterstuetzung von Hilfsprogrammen fuer Minenopfer zurueck, weil sie
der Auffassung seien, es handele sich dabei um nationale Initiativen,
die nicht in ihren Bereich fielen. Im Vergleich zu anderen Regionen
falle diese Unterstuetzung fuer Afrika vergleichsweise gering aus. So
habe Afghanistan beispielsweise im Jahr 2004 das Dreifache dessen
erhalten, was insgesamt fuer Angola und Mosambik zur Verfuegung
gestanden habe.

Bekele Gonfa vom Netzwerk ueberlebender Landminen-Opfer in Aethiopien
berichtete, "es bestehen keine Zweifel daran, dass Personen mit
Behinderungen einen umfassenden Anspruch auf die in der Allgemeinen
Erklaerung der Menschenrechte der Vereinten Nationen aus dem Jahr 1948
garantierten Menschenrechte haben."

Diese Erklaerung gehe jedoch nicht genuegend auf die spezifischen
sozialen, politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Bedingungen ein,
obwohl ihre Bestimmungen ein betraechtliches Mass an
Argumentationshilfen fuer die schaetzungsweise 300.000 bis 400.000
ueberlebenden Landminen-Opfer biete, mit deren Hilfe sie ihre
Menschenrechte einfordern koennten, so Gonfa. Die Zahl der durch
Landminen verursachten Unfaelle steige nach dem
Minen-Ueberwachungsberichts der ICBL fuer das Jahr 2004 jaehrlich um
15.000 bis 20.000 an. Das bedeute, dass in jeder Woche schaetzungsweise
500 unschuldige ZivilistInnen getoetet oder verwundet werden.

Landminen sind deshalb so gefuerchtet, weil sie jahrzehntelang im Boden
liegen, ehe sie eines Tages ausgeloest werden. In Konfliktsituationen
haben Krieg fuehrende Gruppen Minen gelegt, um die Zivilbevoelkerung von
ihrem Land zu vertreiben. Wer die Explosion einer solchen Mine
ueberlebt, erleidet fast immer schreckliche Verletzungen sowie die
Amputation von Gliedmassen. Die Opfer sind haeufig fuer ihr ganzes Leben
behindert.

In ihrer Rede vor den TeilnehmerInnen des IFAPA-Austauschprogramms
beschrieb die ugandische Ministerin fuer Katastrophenbereitschaft und
Fluechtlingsfragen, Christine Aporu Amongin, die Gefahr, die weltweit
von den Landminen ausgehe, als allgegenwaertiges Problem fuer die ganze
Welt. "Zivile Konflikte und Kriege haben (in Afrika) sowohl in den
Waffenlagern als auch im Gelaende die Zahl der Landminen ansteigen
lassen", erklaerte sie.

Ihre Regierung habe fast zwei Jahrzehnte lang gegen die Rebellen der
LRA in den noerdlichen Bezirken Gulu, Kitgum und Pader gekaempft. Dabei
seien durch die Aktivitaeten der Rebellen und auch durch Landminen
Hunderttausende Menschen ums Leben gekommen, seien verstuemmelt,
verwundet und vertrieben worden.

"Unsere Regierung muss im Zusammenwirken mit religioesen Gruppen, NGOs
und kommunalen Gruppierungen die Minengefahr eindaemmen und fuer die
Rehabilitation der durch Landminen behinderten Menschen sorgen", so die
Ministerin.

Wenn das Ueberleben von Opfern nicht durch die weiten Wege zur
naechsten Gesundheitseinrichtung behindert wird, dann sind sie oft mit
dem Mangel an Hilfsmitteln in den Gesundheitszentren konfrontiert. Nach
Berichten von TeilnehmerInnen aus Kassala, im Suedsudan, mussten 84
Prozent der Landminen- oder UXO-Opfer mindestens 50 Kilometer weit bis
zur naechsten Gesundheitsstation transportiert werden. In Aethiopien
haetten nur sieben Prozent der Ueberlebenden, die in der Zeit von 2001 -
2003 bekannt geworden seien, Hilfe bei ihrer Rehabilitation erfahren.

Hinzu kommt, dass die besonders stark durch Minen beeintraechtigten
Laender auch wirtschaftlich sehr unterentwickelt sind. Es fehlt ihnen an
den erforderlichen Einrichtungen und der grundlegenden Infrastruktur, an
Strassen, einem Telekommunikationsnetz und an Gesundheitszentren.

Agina hob in ihrer Ansprache hervor, dass die Minen-Aktionsnetzwerke
allen Anlass haetten, die jeweiligen Staaten und Geberorganisationen
aufzufordern, in ihrer Planung fuer die Mittelzuweisung der
Unterstuetzung der Minenopfer allerhoechste Prioritaet einzuraeumen.

Sheikh Hamid Byamugenzi vom Obersten Muslimischen Gerichtshof in Uganda
ging auf die Rolle der Religionsgemeinschaften als
Interessenvertreterinnen und Anwaeltinnen zur Verteidigung der Rechte
behinderter Menschen ein. Seiner Ansicht nach sei dafuer ein
interreligioeses Engagement erforderlich, bei dem es darauf ankaeme, die
Probleme erst einmal "innerhalb der jeweiligen Religion" wahrzunehmen.
"Bringt die jeweilige Religion selbst den behinderten Gliedern ihrer
Gemeinden das erforderliche Mass an Mitgefuehl und Achtung entgegen?"
fragte er.

Es sei, so Byamugenzi, aber auch ein inner-religioeser Ansatz
erforderlich. Dazu gehoere die Zusammenarbeit mit anderen Religionen im
Interesse der Wahrung der Rechte behinderter Menschen und der Behandlung
der umfassenderen Friedensfragen in der Gemeinschaft.

In mehreren Resolutionen unterstrichen die Mitglieder der
Antilandminen-Kampagne die wichtige Rolle der ReligionsfuehrerInnen bei
den Bemuehungen um Versoehnung und Frieden in Gemeinschaften, die von
Konflikten heimgesucht worden sind. Sie traten ferner dafuer ein, die
Regierungen an ihre Verpflichtungen aus dem Vertrag ueber das
Landminen-Verbot im Blick auf die Unterstuetzung der Opfer zu erinnern.
(1.114 Woerter)

(Ein Beitrag von LWI-Korrespondent Fredrick Nzwili in Nairobi, Kenia.)

* Anmerkung: Nach dem Landminen-Ueberwachungsbericht fuer 2004 hat sich
die finanzielle Unterstuetzung fuer das Minenaktionsprogramm seit 1999
betraechtlich erhoeht, die Unterstuetzung der Minenopfer ist jedoch
zurueckgegangen. Der Bericht stellt fest, dass die Bemuehungen der ICBL,
der Unterzeichnerstaaten, der internationalen und lokalen NGOs vor Ort
sowie der Vertrag ueber das Minen-Verbot (mit einem umfassenden Verbot
des Einsatzes, der Herstellung, der Weitergabe und der Lagerung von
Antipersonen-Minen) erheblich dazu beigetragen haetten, die
Oeffentlichkeit auf die Rechte und auf die Not der ueberlebenden
Minenopfer aufmerksam zu machen, und sie haetten die Ueberlebenden dazu
befaehigt, selbst um die erforderliche Hilfe zu kaempfen. In vielen von
Minen-Explosionen betroffenen Laendern seien Programme durchgefuehrt
worden, es bleibe aber noch viel zu tun, beispielsweise in Bezug auf
geographisch flaechendeckende Massnahmen, die finanzielle Absicherung
und die Qualitaet der verfuegbaren Einrichtungen.

Die ICBL begruesste die Erklaerung und den Aktionsplan des
Gipfeltreffens fuer eine minenfreie Welt, das im November/Dezember 2004
in Nairobi stattgefunden und ein breites Spektrum an Massnahmen zum
Kampf gegen Antipersonen-Minen in den naechsten fuenf Jahren beschlossen
hat, als "konkret und zukunftsweisend". Die Antilandminen-Organisation
erklaerte, sie wuerde so lange Druck ausueben, bis Antipersonen-Minen in
der Welt endgueltig geaechtet seien und der Vertrag ueber das Verbot der
Minen in vollem Umfang eingehalten werde.

Mindestens 22 von Minen betroffene Staaten sind zurzeit dabei, einen
Aktionsplan auszuarbeiten oder verfuegen bereits ueber einen
Aktionsplan, der sich der Beduerfnisse ueberlebender Minenopfer annimmt
oder die Hilfe fuer Menschen mit Behinderungen verbessert. Einige
Geberlaender haben sich ferner zu ihrer Verpflichtung bekannt, Mittel
zur Verfuegung zu stellen, um die von Minen betroffenen Staaten bei der
Erfuellung ihrer Aufgaben zu unterstuetzen.

Dieser Beitrag gehoert zu einer Feature-Serie der Lutherischen
Welt-Information (LWI) zum Thema der Zehnten LWB-Vollversammlung 2003
"Zur Heilung der Welt". Die Serie beleuchtet die Relevanz des
Vollversammlungsthemas in den verschiedenen regionalen und lokalen
Kontexten der weltweiten lutherischen Gemeinschaft und stellt Projekte
der Versoehnung und Heilung vor angesichts weltweiter Bedrohung. Auch
nach Abschluss der Zehnten Vollversammlung, die vom 21. bis 31. Juli
2003 in Winnipeg (Manitoba/Kanada) stattfand, bildet das
Vollversammlungsthema einen der Schwerpunkte der Arbeit des LWB.

* * *

Der Lutherische Weltbund (LWB) ist eine Gemeinschaft lutherischer
Kirchen weltweit. 1947 in Lund (Schweden) gegruendet, zaehlt er
inzwischen 138 Mitgliedskirchen, denen rund 66 Millionen ChristInnen in
77 Laendern weltweit angehoeren.

Das LWB-Sekretariat befindet sich in Genf (Schweiz). Das ermoeglicht
eine enge Zusammenarbeit mit dem Oekumenischen Rat der Kirchen (OeRK)
und anderen weltweiten christlichen Organisationen. Der LWB handelt als
Organ seiner Mitgliedskirchen in Bereichen gemeinsamen Interesses, z. B.
oekumenische und interreligioese Beziehungen, Theologie, humanitaere
Hilfe, Menschenrechte, Kommunikation und verschiedene Aspekte von
Missions- und Entwicklungsarbeit.

Die LUTHERISCHE WELT-INFORMATION (LWI) wird als Informationsdienst des
Lutherischen Weltbundes (LWB) herausgegeben. Veroeffentlichtes Material
gibt, falls dies nicht besonders vermerkt ist, nicht die Haltung oder
Meinung des LWB oder seiner Arbeitseinheiten wieder. Die mit "LWI"
gekennzeichneten Beitraege koennen kostenlos mit Quellenangabe
abgedruckt werden.

* * *

LWI online unter: www.lutheranworld.org/News/Welcome.DE.html

LUTHERISCHE WELT-INFORMATION
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Deutsche Redaktion: Dirk-Michael Groetzsch
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